0160 - Der Spiegel des Grauens
Null. Er war sicher, daß die verdächtige Höhle hier irgendwo liegen mußte. Aber keine von den charakteristischen Felszacken, die auf den Fotografien der EXPLORER-3218 erschienen, war mehr zu sehen.
Schließlich entschied er sich aufs Geratewohl für einen Lagerplatz. Es war eine flache Senke zwischen vier Hügelkuppen. Es gab keinen eigentlichen Schutz. Die Hügel waren mühelos zu überklettern. Gleichzeitig aber gestatteten ihre fliehenden Hänge freien Ausblick nach fast allen Seiten, und das war es, worauf es Joel eigentlich ankam. Er richtete die Tragschraubenachse senkrecht und blieb in der Luft stehen. Rings um ihn herum kamen die anderen ebenfalls zum Halt.
„Wir werden uns dort in der Senke für eine Zeitlang seßhaft machen", erklärte Joel .Niemand antwortete ihm. Joel wandte sich ab und glitt auf den Boden hinunter. Als erstes setzte er Karl Halbeins Marschgepäck ab und öffnete es. Karls Gepäck enthielt das Zusatzzelt für die Geräte. Joel breitete die dünne Gaze auf dem Boden aus und wartete, bis der kleine Verdichter die Zeltwände prall mit Luft gefüllt hatte. Das Zelt war knapp drei Meter lang. Der gerade Wandteil war nur einen Meter hoch, aber darüber wölbte sich ein Giebeldach von nochmals anderthalb Metern. Joel bugsierte den Rest von Karls Gepäck in das Zelt hinein und schloß die Heftklammern. Er verhakte die Zeltanker hinter kleinen Unebenheiten der Molkex- Masse und rüttelte ein wenig am Aufbau, um zu sehen, wie sicher das Zelt stand. Er war mit dem Ergebnis zufrieden und machte sich sofort daran, neben dem Gerätezelt sein eigenes aufzubauen. Mit einem raschen Blick rundum überzeugte er sich, daß auch die anderen Mitglieder der Gruppe fleißig an der Arbeit waren. Sie hatten ihre Plätze so gewählt, daß die Zelte Joels Zelt und das Gerätezelt in engem Kreis umgaben.
Sie hatten vorher keine Absprache über die Anordung der Zelte getroffen. Joel fand zunächst nichts dabei, daß die anderen, ohne ihn um Rat, zu fragen, sich auf diese Form des Lagers geeinigt hatten. Aber der Gedanke bohrte in ihm, und schließlich fand er die Sache merkwürdig.
Da sah er Joey Peters auf sich zukommen. Joey machte ein ernstes Gesicht, das übliche Grinsen war verschwunden. Er trat dicht vor Joel hin und sagte so leise, daß niemand sonst es hören konnte: „Sie haben sich untereinander abgesprochen, Chef! Es wird Ärger geben, und zwar bald."
*
Joeys Voraussage erfüllte sich bemerkenswert schnell. Joel hatte in aller Eile Karls Geräte ausgepackt, im Innern des Zeltes aufgestellt und einige von ihnen angeschaltet. Er hatte auch eine kräftige Gasleuchte hinter seinem und dem Gerätezelt installiert, denn die Sonne war schon verschwunden, und es würde bald finster sein. Mittlerweile hatten die anderen ihre Arbeit beendet. Joel sah, obwohl er so tat, als interessiere er sich nicht dafür, wie sie von ringsum auf Harney Creesers Zelt zukamen und sich davor aufstellten. Joey war inzwischen zurückgegangen und befand sich ebenfalls unter ihnen. Harney Creeser sollte also der Wortführer sein. Joel beschäftigte sich mit Kleinigkeiten, bis die Gruppe, Harney voran, sich in Bewegung setzte und auf ihn zukam. Dann stellte er sich vor sein Zelt und wartete. Die rasche Bewegung, mit der er sich vom Sitz seines Blasters überzeugte, ließ er niemand sehen.
Harney baute sich vor ihm auf und wartete, bis die Leute hinter ihm zur Ruhe gekommen waren. Harneys Blick war zornig. Seine Stimme klang kräftig und selbstbewußt, als er verkündete: „Wir haben mit Ihnen zu reden, Carso!"
Joel lehnte sich mit dem Rücken gegen sein Zelt und fühlte, daß die luftgefüllten Wände ein wenig nachgaben. Er nickte gleichmütig und antwortete: „Das trifft sich günstig, Harney. Ich hatte Ihnen auch etwas zu sagen." Harney ließ sich nicht aus dem Gleichgewicht bringen.
„Es ist wahr", fuhr er fort, „daß wir eine Art militärischer Organisation bilden. Sie sind der Kommandeur. Unter normalen Umständen wäre jede Auflehnung gegen Ihre Anordnungen Meuterei und müßte von einem Kriegsgericht geahndet werden."
„Ja", sagte Joel. „Und die Umstände sind normal, Harney."
„Nein, das sind sie nicht. Ihr Verhalten bei jenem Zwischenfall dort draußen war unverantwortlich, beinahe schon verbrecherisch. Hätten Sie anders gehandelt, wäre Karl jetzt noch am Leben. Sie haben Ihre Pflichten als Kommandeur gröblich verletzt, und die Lagergemeinschaft erwartet, daß Sie daraus die Konsequenzen
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