0162 - Londons Pflaster ist heiß
mir sprechen.«
In diesem Augenblick kamen vier Männer in das Lokal. Sie trugen Mäntel und zwei von ihnen auch Hüte. Der vorderste Mann trug einen offenen Trenchcoat, darunter einen Smoking und einen weißen Schal um den Hals. Er war hochgewachsen, hatte einen schmalen Kopf und ein scharfes Gesicht, dessen Oberlippe ein schwarzes Schnurrbärtchen zierte.
Ich hatte nur ein altes, ziemlich verwaschenes Bild von James Nollan gesehen, aber ich erkannte an der Art, in der er den Raum betrat, dass er der Chef war. Von den Männern hinter ihm kannte ich nur den ersten Burschen. Er hieß Slim Glads, war Amerikaner und hatte schon in New York die Rolle des Gardisten und Leibwächters gespielt. Er war ein schwerer, bulliger Mann, dem die Brutalität ins Gesicht geschrieben stand. Die beiden anderen Männer kannte ich nicht. Einer von ihnen schien ein Asiate oder ein Mischling zu sein.
Ich stand auf und rief Nollan an: »Hallo, James!«
Er blieb stehen, drehte sich um und sah mich an. Zum ersten Mal spürte ich den kalten Blick seiner grauen Augen.
»Was will der Mann?«, fragte er Larry Wedness, seinen Geschäftsführer.
Wedqess zuckte die Schulter. Nollan kam mit drei raschen Schritten bis zu dem Holzgitter, das die Empore vom übrigen Lokal trennte.
»Ich kenne Sie nicht!«, sagte er.
»Ich heiße Sten Keyl.«
»Ich kenne Sie immer noch nicht.«
»Hat Kosmetik Charly dich nicht informiert, dass ich dich besuchen werde?«
»Ich kenne auch keinen Kosmetik Charly.«
»Wenn du jetzt noch sagst, dass du auch Daniel Fryer nie gekannt hast, würde ich dir raten, dich von einem Arzt untersuchen zu lassen«, sagte ich.
Er lächelte dünn.
»Ich kenne auch Daniel Fryer nicht, aber ich werde trotzdem keinen Arzt auf suchen.« Er wandte den Kopf Wedness zu.
»Hat der Bursche bezahlt?«
»Noch nicht, James, außer der Mitgliedsgebühr.«
»Gebt ihm das Geld zurück. Der Drink geht auf meine Kosten.«
Wieder zuckte das dünne Lächeln um seine Lippen. »So viel haben wir für einen Landsmann über… und nicht mehr!«
Er drehte sich um und ging weiter, überquerte die Tanzfläche und verschwand hinter einer Tür neben der Bühne.
Wedness tippte mir auf die Schulter.
»Trinken Sie aus und gehen Sie!«
Die drei Männer, die mit Nollan gekommen waren, warteten.
Ich lehnte mich zurück. »Wenn Sie nichts dagegen haben, will ich mir das Programm ansehen.«
»Der Chef hat etwas dagegen.«
»Und ich habe etwas dagegen, dass du an meinen Tisch stehst«, knurrte ich scharf. »Troll dich!«
Wedness trat zwei Schritte zurück. Slim Glads wuchtete gegen mich vor. Hinter ihm kamen die beiden anderen Männer.
***
Es war ziemlich dämlich von mir, die Sache auf die Spitze zu treiben. Außer den drei Leibgardisten Nollans standen noch die fünf Kellner, der Mixer, einiges Küchenpersonal und im schlimmsten Fall auch noch die drei Bardamen bereit, mich an die Luft zu befördern. Ich hatte auch nicht die Absicht, eine Schlacht gegen die Übermacht zu schlagen. Ich wollte ihnen nur ein wenig zeigen, dass mit mir nicht gut Kirschen essen war. Darum blieb ich sitzen, als auch Glads mich angrollte: »Sei vernünftig, Mann! Hau ab, oder es geht dir schlecht!«
Ich lächelte ihn an, aber das stimmte ihn nicht freundlich.
»Wie du willst«, knurrte er, hob die Arme und griff nach mir. Ich ließ mich greifen, ließ mich auch vom Stuhl hochziehen und ließ mich sogar ein Stück in Richtung auf den Ausgang schleifen. Ich muss zugeben, dass Glads relativ sanft mit mir umging, und es war nicht nett von mir, ihm aus heiterem Himmel einen Brocken auf die Nase zu setzen, dass er aufschrie, mich losließ und beide Hände auf seine Nase presste.
Ich ließ den beiden anderen keine Zeit, sich mit mir zu befassen. Ich befasste mich mit ihnen. Ich putzte den Asiaten vom Fußboden. Der Mann war leicht genug, dass ein einziger Haken ihn absegeln ließ. Er purzelte rücklings zu Boden.
Noch vor der Landung des Asiaten rammte ich dem anderen die Faust in die Magengrube. Er klappte zusammen wie ein Taschenmesser. Ich spurtete dem Ausgang zu. Larry Wedness stand leider nicht in Reichweite, sodass ich ihn ungeschoren lassen musste.
Ich erreichte den Ausgang zur Garderobe und… prallte mit dem Portier zusammen.
Ich sagte schon, dass der Portier ein großer Kerl war, gewissermaßen ein Berg von einem Mann. Er füllte die Türöffnung, dass kaum eine Katze an ihm vorbeigekommen wäre, und er war schwer genug, dass mein Anprall ihn zwar erschüttern,
Weitere Kostenlose Bücher