0165 - Nocturno - Herrscher der Nacht
Verbindungstür stehend, heulte auf wie ein liebeskranker Werwolf in der Vollmondnacht. »Nicht schon wieder, Nici…«
»Aber ja doch«, rief Nicole vergnügt und deutete mit ausgestrecktem Arm auf die drei zum Bersten gefüllten Koffer, die sie gewissermaßen als Belastungsprobe auf das Bett geworfen hatte; ein Bett, das die Koffer aushielt, war auch anderen, vergnüglicheren Belastungen gewachsen. »Wir sind insgesamt für vier Tage vorgemerkt! Meinst du, ich komme mit den paar Sachen aus?«
Zamorra stöhnte auf. »Wenn dir die mindestens dreißig Kleider nicht ausreichen, warum staffierst du dich dann nicht einfach mit einem Feigenblatt aus? Das reicht völlig und ist mehrfach zu verwenden…«
»Typisch Mann!« fauchte sie, öffnete einen der Koffer und begann darin zu wühlen. Teure Fummel flogen nach allen Seiten, bis sie schließlich fündig geworden war. Sie zerrte einen weißen Hosenanzug hervor. »Meinst du, daß der für die Besichtigung richtig ist?«
Um die Sache abzukürzen, stimmte Zamorra zu. Seine süße Nicole, die außer ihrer geradezu provozierenden Schönheit auch noch eine unheimliche Menge Intelligenz besaß und nicht nur als Geliebte, sondern auch als Sekretärin und »Zusatzgedächtnis« unersetzlich war, besaß einen Mode- und Perücken-Tick. Zamorra hatte sich im Laufe der letzten Jahre wohl oder übel daran gewöhnt, aber dennoch gab es jedes Mal ein neues Drama.
»Ach, du hast keinen Geschmack«, stellte Nicole fest und schleuderte den Hosenanzug irgendwohin. Statt dessen wählte sie ein luftiges, fliederfarbenes Sommerkleid aus, stieg aus ihrem Dress und präsentierte sich Zamorra für Sekunden im vernachlässigbar winzigen weißen Spitzenhöschen. Schließlich gewann sie den Kampf gegen das Fliederkleid und spannte Zamorra dazu ein, den Reißverschluß im Rücken zu schließen. Dann wirbelte sie um die eigene Achse.
»Gut so?« fragte sie.
»Nicht nur gut«, stellte er fest. »Bestens.« Er beugte sich vor und küßte sie. Nicole erwiderte die Zärtlichkeit, dann griff sie nach seiner Hand. »Laß uns endlich starten«, rief sie und zog ihn mit sich. »Hast du deine Brieftasche mit? Denk an die Einkäufe…«
Beide ahnten sie in diesem Augenblick noch nicht, was auf sie wartete…
***
Die Gestalt besaß die Konturen eines Menschen, damit hörte die Ähnlichkeit aber bereits auf. Denn alles Menschliche war diesem Wesen fremd.
Es gab kein Gesicht, keine erkennbaren Ausformungen. Alles war schwarz. Das Wesen sah aus, als sei es eine Projektion aus einem anderen Universum, ein Riß im Raum-Zeit-Gefüge, durch den man in einen fremden Weltraum blicken konnte. Wer den Unheimlichen ansah, glaubte, in Weltraumtiefen zu stürzen.
Sterne funkelten in der Tiefe seines Körpers, schienen lichtjahreweit entfernt zu stehen und befanden sich doch in ihm. Nachtschwarz war der sich ständig verändernde Weltraum in ihm, in welchem Galaxien ihre Bahn zogen.
Das Wesen war ein Dämon.
Einer der Lords der Finsternis , in der Hierarchie der Schwarzen Familie nur dem Spruch des Fürsten Asmodis und dem Willen des Kaisers LUZIFER unterworfen. Einer der ranghöchsten und mächtigsten Dämonen, nur trat er gewöhnlich äußerst selten in Erscheinung.
Doch jetzt wurde er wie viele andere zum Handeln gezwungen. Er, Nocturno - der Beherrscher der Nacht!
Selbst Asmodis, der Fürst der Finsternis, fand keine Zeit mehr, sich seinen Vergnügungen hinzugeben. Das Dämonenreich war in Aufruhr geraten. Eine fremde, unirdische Macht griff nach der Erde und der Herrschaft über sie. Jene schattenhaften Wesen, die Meeghs genannt wurden und aus einer fremden Dimension kamen, wollten der Schwarzen Familie den Herrschaftsanspruch streitig machen. Das war etwas, das Asmodis überhaupt nicht gefiel…
Nicht umsonst hatte Asmodis die Jagd auf seinen erbitterten Gegner, Professor Zamorra, vorübergehend abgeblasen, die er vor über einem Jahr eingeleitet hatte mit der Attacke der Zeit-Dämonen. [4] Nicht umsonst konnte dieser Mensch in der letzten Zeit ungestraft seinen dämonenvernichtenden Tätigkeiten nachgehen. Aber die bevorstehende Invasion der Meeghs war wichtiger. Dinge waren im Kommen, von denen nicht einmal Zamorra, der selbst oft genug gegen die in letzter Zeit immer häufiger auftauchenden Meeghs gekämpft hatte, etwas ahnte.
Auch die Dämonen wußten nicht genau, welche Taktik die Meeghs einschlugen. Doch Nocturno wußte, daß etwas im Gange war. Einer aus der Schwarzen Familie war zum Verräter
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