0166 - Das Werwolf-Mädchen
Inspektor.
Aber unten auf der Straße, direkt vor ihnen, war noch etwas.
Grau, lautlos und schattenhaft bewegte es sich hin und her. Lauernd, abwartend und in seiner erschreckenden Lautlosigkeit gefährlich.
Wölfe!
***
Inspektor Yardin lenkte den Wagen wieder zurück. Die Lichtfinger der Scheinwerfer fraßen sich durch die Nacht und tasteten den Weg ab. Yardin fuhr nicht gerade langsam; er wollte das weißhaarige Mädchen nicht allzulange warten lassen. Irgend etwas hatte der Yacht-Eigentümer noch hinter ihm her gerufen, aber er hatte es nicht verstanden. Wenn es wichtig war, würde Leville es hinterher wiederholen.
Yardin zog den servogelenkten großen Wagen durch die Kurven. Gleich mußte die Stelle kommen.
Da rissen die Scheinwerferstrahlen etwas aus der Dunkelheit, das sich auf der Straße bewegte.
Grau, niedrig, vierbeinig…
Wölfe!
Unwillkürlich hieb Yardin auf die Bremse. Der Wagen stellte sich mit protestierendem Kreischen quer. Yardin wurde nach vorn geschleudert und durch den Sicherheitsgurt mit einem harten Ruck abgefangen. Der Wagen stand. Yardin sah durch das Seitenfenster, wie die Wölfe zögernd verharrten. Ein ganzes Rudel, ein gutes Dutzend dieser gefährlichen Tiere.
Was taten sie hier?
Ein ungutes Gefühl machte sich in Yardin breit. Etwa zwanzig Meter weiter begann der Pfad, er begann zu begreifen, daß weder er zu den Freunden konnte noch diese zu ihm. Die Wölfe waren dazwischen. Er selbst war im Innern des Wagens in relativer Sicherheit, aber das war auch schon alles. Die anderen - Monique, Nicole, Zamorra und die Fremde - waren gefährdet, und Yardin hatte keine Möglichkeit, ihnen zu helfen. Mit dem Wagen konnte er nicht durch die Felsen humpeln, und wenn die anderen ihm engegenkamen, liefen sie den Wölfen genau in die Fänge.
»Der Teufel soil’s holen«, knurrte Yardin und begann am Lenkrad zu kurbeln, um den querstehenden Wagen wieder in Fahrtrichtung zu bringen. Die Lichtkegel glitten über die Tiere hinweg, die sich unter der Helligkeit förmlich zusammenduckten.
Langsam rollte Yardin auf sie zu. Die Wölfe blieben wie eine undurchdringliche Mauer stehen, bis der Wagen sie fast erreicht hatte. Dann erst wichen sie aus und ließen ihn passieren, um ihn dann von allen Seiten einzuschließen.
Yardin fühlte, wie sein Herz zu rasen begann. Das Verhalten der Wölfe war unnatürlich.
Plötzlich sprang eines der Tiere mit einem Satz auf die Motorhaube. Der Wagen federte durch. Yardin sah plötzlich nichts mehr. Er trat auf die Bremse. Der heftige Ruck konnte den Wolf nicht entfernen. Der Graue drehte sich jetzt so, daß er durch die Scheibe ins Wageninnere sehen konnte, und legte sich auf der Haube gemütlich nieder. Der Rachen mit den spitzen Fangzähnen war leicht geöffnet, die Ohren hoch aufgerichtet.
Yardin starrte den Wolf an. Eine dumpfe Furcht kroch in ihm hoch.
Diese Tiere zeigten vor nichts Angst. Dieses Musterexemplar, das ihn unverwandt anstarrte, war der beste Beweis. Die Wolfsaugen fraßen sich förmlich an Yardin fest.
Wolfsaugen?
War da nicht auf seltsame Weise auch etwas Menschliches in ihnen? Ein eigenartiges Tier…
Etwas kratzte draußen am Metall. Yardin erschauerte. Die Wölfe wollten ihn herausholen! Obwohl er wußte, daß sie mit ihren Pfoten oder Schnauzen die komplizierten Türgriffe nicht betätigen konnten, verriegelte er sie zusätzlich noch von innen.
Wenn ihm jetzt nur nicht eines der Biester die Zähne in einen Reifen schlug… !
Das Kratzen wurde heftiger. Ein verhaltenes Knurren erklang. Der Wolf auf der Motorhaube hob den kantigen Schädel. Er sah jetzt hinüber zum Schmugglerpfad, zu den Felsen. War dort etwas?
Das fehlt gerade noch, daß sie jetzt kommen! schoß es Yardin durch den Kopf.
Er entschloß sich zum Handeln. Den Fuß auf der Bremse, legte er bedächtig den Rückwärtsgang ein. Das Getriebe schaltete fast ruckfrei.
Er sah sich um. Auch hinter ihm befanden sich Wölfe, aber das durfte ihn jetzt nicht an seinem Vorhaben hindern. Er umklammerte das Lenkrad mit der Linken und legte dabei den Daumen auf die Hupe.
Als sein Fuß blitzschnell von Bremse auf Gas wechselte, preßte er den Kontakt nieder. Der grelle Signalton gellte laut durch die Nacht, während der Wagen mit durchdrehenden Reifen rückwärts schoß.
Direkt auf die drei Wölfe zu, die hinter ihm standen und nicht mehr rechtzeitig entkommen konnten!
Mit zusammengebissenen Zähnen erwartete Yardin den heftigen Aufprall mit den großen Tieren.
***
Der Ruf
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