0171 - Der Herr des roten Mohns
Ich dagegen habe etwas vor, das Ihnen nützlich sein könnte. Wenn Sie nichts dagegen haben, verabschiede ich mich. Aber nehmen Sie meinen Tipp an und bleiben Sie in der City. Dort kann Ihnen kaum etwas geschehen. Lassen Sie sich auf keine Abenteuer ein, Sie haben ja gesehen, wohin Sie das bringt. Geben sie sich so natürlich wie möglich und stellen Sie keine unnützen Fragen. Ich lasse morgen von mir hören.«
»Ein komischer Kauz«, meinte mein Freund, als Kong gegangen war. »Zuerst verabredet er sich mit uns, und dann verzieht er sich. Ich möchte wissen, was er vorhat.«
Aus der Cocktail Lounge erklangen die ersten Töne eines Foxtrotts. Wie auf Kommando erhoben sich die beiden hübschen Halbblutmädchen mit ihren Kavalieren - jedoch nicht, ohne uns einen auffordernden Blick zugeworfen zu haben.
»Was meinst du, Jerry«, lachte Phil, »wollen wir unser Glück versuchen? Ich möchte ganz gern wieder mal tanzen.«
»Meinetwegen«, brummte ich. »Du weißt ganz genau, dass ich mir nicht viel daraus mache, aber ich will dir einen Gefallen tun.«
Im Gegensatz zur Bar war die Cocktail Lounge stark besetzt. Der Geruch von Wein, Whisky, Parfüm und erhitzten Menschen lag schwer im Raum. An der Decke drehten sich die Flügel der Ventilatoren, aber sie konnten weder die Hitze noch den Tabakrauch verscheuchen.
Alle Plätze waren vergeben. Nur an dem runden Tisch, an dem soeben die beiden Pärchen Platz genommen hatten, gab es noch zwei freie Stühle.
»Auf in den Kampf«, griente Phil. Er gab mir einen Rippenstoß und machte eine formvollendete Verbeugung. Ich gab mir Mühe, es ihm gleichzutun, aber es gelang mir nicht ganz. In solchen Dingen ist mir mein Freund überlegen.
Wir wurden höflichst aufgefordert, Platz zu nehmen. Als wir saßen, bestellten wir unsere Drinks. Dann war im Nu eine angeregte Unterhaltung im Gange. Natürlich hatten wir einander flüchtig vorgestellt, aber keiner hatte die Nachnamen verstanden. Der Einfachheit halber nannten wir uns alle bei den Vornamen. Die Mädchen hießen Joice und Hazel, die Männer Clem und Jules. Alle vier wohnten in Hongkong. Wie lange und ob sie sich überhaupt näher kannten, war schleierhaft.
Es wurde recht nett, und wir vergaßen vorübergehend den Auftrag, der uns hierher geführt hatte.
Es war zwölf Uhr dreißig, als Hazel auf ihre kleine Armbanduhr sah und erschreckt ausrief:
»Oh, schon so spät! Wir müssen nach Hause. Nicht wahr, Joice?«
Die beiden Kavaliere bettelten, und wir bettelten mit, aber es nützte nichts. Die Mädchen blieben standhaft. Wir schienen uns in ihrer Beurteilung gründlich geirrt zu haben.
»Dann bleibt uns also nichts übrig, als Sie nach Hause zu bringen«, resignierte Jules und strich sein kleines Schnurrbärtchen. »Vielleicht machen die Herren uns das Vergnügen«, er verneigte sich leicht, »mitzufahren. Wir können ja dann noch etwas weiterbummeln.«
Wir waren nicht abgeneigt. Es war ja sowieso ein angebrochener Abend. Die beiden Mädchen wohnten in einem Bungalow in der Nähe des Botanischen Gartens. Sie bedankten sich überschwänglich für den schönen Abend und schlossen kichernd die Haustür auf.
»Und jetzt?« fragte Clem.
»Was hältst du vom Tsching Po Club?« fragte Jules. »Es ist zwar eine chinesische Angelegenheit, aber vornehm und sehr interessant.«
»Meinetwegen«, antwortete Phil. »Wir sind keine Spielverderber.«
Der große Wagen schnurrte durch die Straßen und hielt endlich vor einer Gartenpforte. Wir stiegen aus. Hier war es kühler. Ein paar Palmen wiegen sich im Wind. Im Mondlicht erkannte ich eine steile Treppe. Sie führte in eine Halle, durch die gelbgesichtige Diener in weißen Gewändern eilten. Die Wände waren mit bunten, gemalten Vögeln bedeckt.
Wir traten durch eine schwingende Tür.
Phil stieß mich an. Wir hatten beide sofort erfasst, wo wir waren. Vor uns lag ein Spielsaal, dessen Prunk man in den Staaten vergeblich suchen würde. Auf den kleinen Tischen klapperten bunte Mah-Jongg-Steine oder rollten Würfel. Andere Spieler waren mit undurchdringlichen Gesichtem bei ihren Pokerpartien.
Erstaunlich war, dass die Gäste ausschließlich Männer waren, meist Chinesen.
»Wie ist es mit einem Spielchen?« fragte Clem, und ich glaubte, ein gieriges Lauem in seinem Blick zu entdecken.
»Nichts zu machen«, lachte ich. »Wir sind arme Touristen. Wenn wir hier Kopf und Kragen verlieren, können wir nicht mehr nach Hause fahren.«
»Auch nicht am Roulettetisch?« fragte Jules und
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