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0172 - Saat der Vampire

0172 - Saat der Vampire

Titel: 0172 - Saat der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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gemütlich gemacht. Das Kaminfeuer knisterte leise, und der riesige Wolf hatte die Neuankömmlinge beschnuppert und sich dann zufrieden wieder zurückgezogen. Rheged hatte gelächelt. »Ihr seid in Ordnung«, stellte er fest, »oder er würde jetzt mordsmäßig Randale machen…«
    Sie waren übergangslos zum vertraulichen Ton übergegangen. Zamorra und Nicole war der junge Lord auf Anhieb sympathisch, und es schien auch umgekehrt zu sein. »Auf Artos’ Fähigkeiten kann ich mich verlassen…«
    »Artos, der Bär?« fragte Gryf. Rheged lächelte wieder. »Ich habe ihn Artos genannt, weil er stark ist wie ein Bär!«
    Zamorra sah sich in der Bibliothek um. Umfangreich waren die Regale, und die meisten Werke, die er hier sah, waren ihm bekannt und befanden sich auch in seiner eigenen Sammlung. »Du interessierst dich für Parapsychologie?«
    Rheged ap Dyfed machte eine weit ausholende Handbewegung. »Ich bin der erste map Dyfed, der nicht mehr über Para-Kräfte verfügt«, behauptete er, »und bis heute rätseln unsere Ärzte daran, warum sich diese Fähigkeit nicht mehr weitervererbt hat, obgleich die entsprechenden Gene dominant sind…«
    Zamorra hob die Brauen. »Potzblitz… bisher hieß es immer, falls die Vererbung überhaupt eine Rolle spielt, daß Para-Anlagen rezessiv sind!«
    »Bei den Dyfed nicht«, widersprach Rheged, »und deshalb ist es um so unverständlicher, daß ich die Kräfte meiner Vorfahren nicht mehr besitze. Und ausgerechnet jetzt muß die Hexe wieder auftauchen, um die Prophezeiung der Kyuna Arr zu erfüllen…«
    Das war das Stichwort.
    »Gryf, du wolltest davon erzählen, sobald wir in Caer Dyfed sind«, hielt sie dem Druiden vor, hatte dabei die Beine angezogen und sich undamenhaft in den gutgepolsterten Stuhl geflegelt, wie auch ihr Jeansanzug nicht ganz in die adlige Umgebung paßte. Nicole war auf dem Leger-Trip.
    Gryf nickte. »Ich hatte es vor, weil auch Rheg die Geschichte nicht vollständig kennt«, sagte er und begann damit, seine Pfeife zu stopfen. »Du erlaubst doch, daß ich rauche?« fragte er mit einem Seitenblick auf Sir Rheged.
    Der Laird nickte. »Wenn’s der Wahrheitsfindung dient…«
    Gryf fuhr mit seiner Beschäftigung fort. Er wartete, bis Oulwyn, der Diener, serviert hatte. Nicole trank Sherry, Zamorra Cognac, Gryf und Rheged Whisky pur ohne Eis.
    »Kyuna Arr, die Weise Alte…« murmelte Gryf und sah in das knisternde Kaminfeuer, während er umständlich seine Pfeife in Brand setzte und die ersten Rauchwölkchen produzierte. Daß zu seinem lebhaften Charakter die Ruhe des Pfeifenrauchens nicht paßte, hatte ihn noch nie gestört.
    »Kyuna Arr…« wiederholte er noch einmal, und plötzlich verblaßte um die drei anderen die Welt…
    ***
    Die Invasion der Normannen hatte Kyuna Arr, die Weise Alte, in ihrer kristallenen Kugel vorausgesehen, aber Gryf, der Druide, hatte nur lachend abgewinkt. »Na und?« hatte er spöttisch gefragt. »Die Invasion der Pikten haben wir erlebt und sind damit fertiggeworden, die Römer haben uns nicht unterjochen können, zumindest nicht völlig - meinst du nicht, Kyuna, daß wir auch mit den Normannen zurechtkommen werden?«
    Ihre Stimme klang wie aus der Tiefe eines Grabes heraus. Uralt war sie, und niemand hatte sie jemals jung gesehen. Sie mußte weit über hundert Jahre alt sein in einer Zeit, in der nur wenige Menschen wesentlich älter als fünfzig wurden. Sie war keine Druidin, dennoch war ihr die Gabe des Sehens gegeben, und viele Menschen fragten täglich um ihren Rat. Sie konnte in die Zukunft sehen und manchem mit ihren Ratschlägen und ihrem Wissen helfen, doch ihre eigene Zukunft blieb ihr immer verschlossen. Nur Gryf kannte sie, der mit seiner Druidenkraft Kyuna Arrs Leben von ihrer Geburt bis zu ihrem Tod erfaßt hatte. Aber Gryf schwieg sich beharrlich aus, und die Weise Alte war ihm dafür dankbar, denn die Erfahrung ihres langen Lebens hatte ihr gezeigt, daß es gut war, die Zukunft nicht zu kennen.
    Die Unterhaltung hatte sich vor ein paar Monden abgespielt, und jetzt waren die Normannen da und standen auch vor den Toren von Segontium, wie Caer-y-ar-Von seit der Besetzung des Landes durch die Römer hieß. Aber die Mauern waren hoch, die Tore geschlossen und die Normannen nur ein kleines Häuflein. Andere Teile des Landes hatten sie mit ihren Heeren überzogen, doch hier wurden ihre Armeen schon schwächer, und die Cymrischen Highlands waren für sie zu einem Bollwerk geworden, das sie nur mit größten

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