0179 - Spuk im Leichenschloß
starrten gegen die Decke.
Jemand hatte ein blutjunges Leben eiskalt ausgelöscht. In mir stieg ein ungeheurer Zorn hoch. Ich stöhnte vor Wut auf, aber auch vor Hilflosigkeit. Mein Blick flog durch das Zimmer.
Ich sah ihn verschwinden. Die Gestalt verschmolz in der Mauer und drehte noch den Kopf, um mich anzusehen. Dabei erkannte ich auch das Messer mit der blutigen Klinge.
Sofort riß ich die Beretta hervor und feuerte. Zu spät, die Wand hatte sich wieder geschlossen, und der unheimliche Mörder war verschwunden.
Ich ging auf den Toten zu, beugte mich über ihn und drückte ihm die Augen zu.
Ralph Sorvino war nicht zu helfen. Ein Monster hatte ihn getötet.
Ich war zu spät gekommen.
»Was ist hier los? Wer hat geschossen?« Zwei Fragen auf einmal, die Mrs. Frominghton stellte.
Ich drehte mich um.
Sie stand in der Tür, blaß im Gesicht, sah mich und fing an zu schreien. Diesen, meinen Anblick, konnte auch eine Frau wie sie nicht verkraften.
Ich lief an ihr vorbei und knallte die Tür zu. Es hörte sich an wie ein Pistolenschuß, und irgendwie hatte er auch eine Wirkung auf die Frau, denn sie verstummte.
Tief atmete ich durch.
Mrs. Frominghton hatte sich zur Seite gedreht. Sie schluchzte. Ihr Rücken zuckte dabei. Ich ließ sie einige Sekunden in Ruhe, wobei ich mir die Wand anschaute.
Sie hatte sich wieder geschlossen – und zwar fugenlos. Nichts wies darauf hin, welch ein Monstrum noch vor wenigen Augenblicken aus ihr gekommen war.
Mrs. Frominghton zog die Nase hoch und hob auch das Gesicht, um mich anschauen zu können. »Darf ich Sie etwas fragen, Mr. Sinclair?«
»Bitte«, antwortete ich kratzig.
»Warum ist er gestorben?«
Eine schwere Frage, auf die ich leider keine Antwort wußte. Ich hob die Schultern.
»Er war doch noch so jung, mein Gott…«
Da sprach sie mir aus der Seele. Aber darauf nahmen Dämonen keine Rücksicht. Dieses verdammte Schloß steckte voller Tücken. Es war ein Ort des Schreckens, des absoluten Grauens, wie mir mit drastischer Deutlichkeit vor Augen geführt worden war.
Motive? Wo sollte ich sie finden? Ich konnte es nur auf die Magie des Dschinn schieben, die das Schloß gestreift und dabei das eingemauerte Grauen geweckt hatte.
Eine schreckliche Zukunftsaussicht, und die Halbwüchsigen waren in dieses Karussell des Schreckens hineingeraten.
Ich faßte Mrs. Frominghton sanft am Arm und führte sie zu einem Sessel. Dort ließ sie sich nieder, wobei sie den Kopf drehte, um den Toten nicht anschauen zu müssen.
Ich fand eine Decke und breitete sie über die Gestalt. Da es still war, vernahm ich vor der Tür das Flüstern der Stimmen. Die Jugendlichen wollten natürlich wissen, was geschehen war.
»Jemand muß sich um Gary kümmern«, sagte ich.
Mrs. Frominghton nickte. »Das sollen Billy und Cathy machen.«
»Okay, ich sage es ihnen.«
Beide Betreuer fanden sich auf dem Flur. Sie waren schon bei dem weinenden Gary.
Ängstlich wichen die Halbwüchsigen vor mir zurück. Sie schienen mich für den Mörder zu halten. Kein Wunder, so wie ich aussah. Auch Billy Elting und Cathy Barker waren entsetzt, als sie mich sahen.
Ich beruhigte sie mit ein paar Worten. »Wer kümmert sich um den Jungen?« fragte ich dann.
Cathy wollte das übernehmen.
Ich war ihr dankbar und bat Billy Elting, mitzukommen.
Er zögerte. »Wohin?«
»In das Zimmer der Brüder. Dort wartet auch Mrs. Frominghton. Aber erschrecken Sie nicht.«
»Natürlich, Sir.«
Wir betraten den Raum. Der junge Betreuer schaute krampfhaft zur Seite. Obwohl der Tote abgedeckt war, wollte er ihn nicht sehen.
Dafür sah er die Blutlache auf dem Boden.
»Mein Gott«, ächzte er, »wie bei mir.«
Ich zuckte herum. »Wie meinen Sie das, Billy?«
»In der Nacht. Da… da kam auch Blut aus dem Gemäuer. Und auch heute nach dem Frühstück. Cathy kann es bezeugen, sie hat das gleiche erlebt, nur hat uns niemand geglaubt.« Dabei deutete er auf Mrs. Frominghton.
»Stimmt das?« fragte ich.
»Ja, das stimmt. Aber Sie hätten an meiner Stelle auch nicht anders gehandelt, Mr. Sinclair. Vor allen Dingen nicht, wenn Ihnen das jemand mit einer solchen Vergangenheit erzählt hätte wie…«
»Sie haben etwas auf dem Kerbholz?« forschte ich und schaute Billy dabei scharf an.
»Nein, nicht. Ich habe mal gehascht, aber das ist vorbei. Jetzt bin ich in der Sozialarbeit tätig und versuche, die Jugendlichen zu überzeugen, wie schlecht es ist, wenn sie Rauschgift nehmen.«
Ich nickte. »Das ist doch eine gute
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