0184 - Der Kraken-Götze
seinen Erkenntnissen auf dem Gebiet der Parapsychologie erzählt und in Peter, Jörg und den Mädchen interessierte Zuhörer gehabt. Die anderen Jungens aber konnten ihren Unglauben nicht verkneifen, besonders Hermann Zartes hatte ein spöttisches Lächeln um die Mundwinkel gespielt. »Ich hoffe, daß sie ein gnädiges Geschick davor bewahrt, mit diesen Dingen je konfrontiert zu werden, junger Freund !« wies ihn der Professor zurecht.
»… Da drunten aber ist’s fürchterlich und der Mensch versuche die Götter nicht und begehre nimmer und nimmer zu schauen, was sie gnädig bedecken mit Nacht und Grauen!« zitierte Andreas Dahlmeier Schiller und hatte damit das letzte Wort.
Alles wandte sich dem Feuer zu, denn es leuchtete hell, und dunkles Nachtgewölk glitt wie die Schatten schwarzer Rosse über die Wipfel der Fichten. Bleich zeigte sich der Mond am Himmel und sein mildes Licht ließ die Konturen von Burg Stolzenfels sich von der Nachtschwärze abheben. Professor Zamorra zog Peter und Jörg beiseite. Verständnislos sahen ihn die beiden jungen Leute an, als er leise und beschwörend auf sie einredete.
»… und so glaube ich, daß ihr beiden die einzigen seid, auf die ich im Ernstfall zählen kann«, schloß er seine kurze Ausführung. »Nicole ist ebenfalls in der Lage, es mit geringeren Dämonen aufzunehmen. Wir bleiben über Nacht hier und werden im Wagen übernachten. Und nun zurück zum Feuer. Ich hoffe doch«, sagte er lauter, »daß noch ein oder zwei Würstchen zum Abendbrot übriggeblieben sind.«
Der Dämonenjäger und seine beiden neuen Verbündeten gingen zurück zu der Stelle, wo das Feuer inzwischen lustig flackerte und mit wohliger Wärme die aufkommende Kühle der Nacht vertrieb. Der Geruch von gebratenem Fleisch lag in der Luft, ein Klirren vop zusammengestoßenen Flaschen ließ keinen Zweifel aus, daß die drei am Feuer verbliebenen jungen Männer soeben mit der Plünderung des Bierkastens begonnen hatten. Niemand hatte von dem Notiz genommen, was Zamorra mit Peter und Jörg zu betuscheln gehabt hatte.
Nur Nicole Duval sah kurz auf, als die Helligkeit der Flamme die Konturen der drei Männer sichtbar werden ließ. »Haben wir Schlafsäcke an Bord, Cheri?« stellte der Meister des Übersinnlichen eine lakonische Frage. Die hübsche Französin nickte kurz. Das hätte sie sich doch denken können. Wieder mal ein Abend mit Zigeunerromantik. Ade, schönes, trautes Federbett, in das man sich reinkuscheln konnte. Und Lebewohl, Hotelzimmer mit Bad und Frühstück.
Statt dessen eine unbequeme Nacht auf den Liegesitzen des Senator. Nun, besser als in einer Ente campieren oder auf der blanken Erde schlafen, aber Nicole zog nun einmal die Vorzüge einer Dorfpension einer Nacht mit den Sternen als Bettdecke vor.
Der Professor schien ihre Gedanken zu erraten. »Der Mensch sei ein Spartaner«, bemerkte er grinsend. Das wütende Fauchen, das Nicole von sich gab, hätte jeder verärgerten Katze Ehre gemacht. Schon jetzt graute ihr vor der Kühle des Morgens, die auch in das Innere des Luxuswagens Eingang finden würde und vor der klammen Kälte, die dann in die Schlafsäcke kroch.
Und doch wünschte sie sich später, eine solche Nacht verbracht zu haben. Denn das Grauen streckte seine Krallen nach ihnen aus.
***
Starren Blickes stand der lebende Leichnam vor seinem Meister. Kein Gedanke formte sich in den toten Gehirnwindungen, das, was Siegmund Stoller gewesen war, hätte vor sich selbst keine Rechenschaft ablegen können, was es hierher getrieben hatte und was ihm den Weg in den Felsen geebnet hatte. Die große Leere des Todes mußte erst gefüllt werden. Gefüllt wie ein leerer Schlauch, der erst mit Inhalt zu etwas Nütze ist. Er nahm die Gestalt, die vor ihm lag, nur beiläufig wahr, er akzeptierte sie wie auch die gesamte Umgebung, die im Leben auch einen kleinen Geist wie den des Siegmund Stoller zum Nachdenken angeregt hätte.
Er und es war da, das genügte. Beide waren auf widernatürliche Art dem Leben zurückgegeben worden, einem Scheinleben jedoch, der, den erst wenige Tage vorher die Sense des großen Schnitters in sausendem Flug getroffen hatte. Dem anderen aber war die Macht gegeben, zu befehlen.
Die totenblassen Lippen des Zauberfürsten aus finsterer Vergangenheit schienen leicht zu beben. Tonlose Worte wurden geformt, Sprüche, die wie ein Hauch verwehten. Denn nur wenige Tropfen Blutes waren es gewesen, die dem gewaltigen Amun Re das Leben zurückgegeben hatten. Und den Großteil
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