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0184 - Der Kraken-Götze

0184 - Der Kraken-Götze

Titel: 0184 - Der Kraken-Götze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
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pechschwarzen Haare waren gepflegt und erinnerten an die Frisuren der Beatles-Ära. Das Kinn umspielte ein krauser Seemannsbart. Jürgen Reisewitz, der von seinen Freunden ›Zoppo‹ gerufen wurde, hätte sich úm nichts in der Welt von diesem sichtbaren Attribut der Männlichkeit trennen können. »Das ist kein Mann von guter Art - der nicht träge einen Bart!« war sein ständiger Slogan.
    Seine hohe, schlanke Gestalt war in eine engsitzende Lederkombination gepreßt. Nur silhouettengleich hob sich seine Gestalt von dem Dunkel der Nacht ab.
    Das Wesen auf dem Sozius dagegen trug einen abgewetzten, olivgrünen Parka, mehrfach geflickte Jeans, die ehedem einmal blau gewesen sein mochten und eine bunte, jugoslawische Hirtentasche, in denen alle möglichen nützlichen und unnützen Dinge aufbewahrt wurden. Langes, leicht gewelltes Blondhaar umrahmte ein hübsches Gesicht, das durch eine Nickelbrille einen intellektuellen Touch bekam. Mit einem halblauten, erleichterten Aufseufzen ließ sich Susi Brandner auf den Stamm der Buche sinken. Wohlig begann sie sich zu räkeln, wie eine Katze im warmen Schein der Mittagssonne. Augenblicke später hatte Jürgen Reisewitz sie in seine Arme genommen und nun begann das Spiel, das Menschen seit Jahrtausenden und in allen Altersklassen spielen. Gemeint ist das Küssen und Austauschen von Zärtlichkeiten.
    Beide kamen nicht allzu oft dazu. Jürgen Reisewitz, im dritten Lehrjahr als Automechaniker wurde von Susis Eltern nämlich als Freund und Verehrer der Tochter höchst ungern gesehen. Immerhin sollte aus ihr mal was Besseres werden, dafür ließ man sie in die Stadt auf das Gymnasium gehen, damit sie dort ihr Abitur baute und später studierte. Sollte sie sich ihre Freunde aus den besseren Kreisen suchen, da gab es doch so nette Jungens. Susis Eltern waren wirklich besorgt, zumal ihnen immer wieder zugetragen wurde, daß sie mit dem Rockertypen aus der Autowerkstatt zusammen gesehen wurde. Was hatte es zu Hause schon für Szenen gegeben, was hatte die Mutter schon für Vorhaltungen gemacht, der Vater versucht, seine Autorität geltend zu machen. Das Töchterchen war einfach nicht zu belehren, daß der Umgang mit solchen Proleten doch nicht zu den Kreisen paßte, in die sie einmal aufsteigen sollte.
    Jürgen Reisewitz hatte mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Für seine alten Herrschaften waren Brandners etwas ›Besseres‹, mit denen man sich nicht vergleichen konnte. Uraltes Standesdenken, fast wie Kastenbewußtsein. Ihr da oben - wir da unten. Immerhin, Susis Vater war Beamter bei der Kreisverwaltung.
    Und dazwischen zwei junge Menschen, die sich einfach gern hatten. Die sich ihre Liebe nicht durch eine von Kaisers Zeiten überkommene Geisteshaltung kaputt machen lassen wollten. Romeo und Julia im Jahre 1981.
    Sie hatten die Möglichkeit der Kirmes in Freienhagen ausgenutzt, für einige Momente zu verschwinden, denn das ganze Dorf war im Saal versammelt, wo die Musik spielte und das Bier in Strömen floß. Kirmes, wie man sie nur auf dem Dorf erlebt. Aber Jürgen und Susi hatten kein Interesse an den jauchzenden Kirmesburschen im blauen Hessenkitteln, die an den Rändern mit bunten Stickereien verziert waren und dem wilden, urwüchsigen Rundtanz auf den verdächtig knarrenden Brettern der alten Tanzdiele. Auch das Auftreten des Kirmesbären hätte ihnen nur ein müdes Achselzucken abgerungen, wußten sie doch, daß sich in dem alten, mottigen Fell der alte Gustav Meinert verbarg, der froh war, durch diese Darbietung einmal im Jahr der Mittelpunkt des Dorfes zu sein und einige Freischnäpse einzuheimsen.
    Für die beiden jungen Menschen zählte nur, was sie für einander empfanden. In seeliger Umarmung versank für beide die Welt.
    Aus der Schwärze des Waldes starrten die Augen des Todes auf das menschliche Glück.
    ***
    Es war eine Stimme, die ihn rief! Ein Laut, dem er sich nicht entziehen konnte. Und in dieser Stimme lag die Macht.
    »Glarelion!« Er war igend etwas -irgendwo. Aber er wurde zusammengeführt von der Gewalt dessen, der die Stimme war.
    »Glarelion! - Erwache!« Da regte es sich. Wie das erste Leben aus dem Urschlamm der Weltmeere entstand etwas, was die Zeiten überdauert hatte.
    »Glarelion! - Erscheine!« Da war es wieder, das, was es dereinst gewesen war. Und es war bereit, den Dienst dessen zu tun, der es machtvoll gerufen hatte und ihm die Existenz zurückgab.
    Dem, der die Waage zwischen Gut und Böse hält.
    Dem Wächter zweier Gewalten.
    ***
    Das

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