0192 - Vorm Sterben einen Drink
würde nicht lange dauern, bis die Tür nächgab. Rasch sah er sich um. Es gab einen viereckigen, schweren Tisch in der Bibliothek. Phil kippte ihn um, was eine schwierige Arbeit war, da er nur einen Arm gebrauchen konnte und in dessen Hand auch noch den Revolver halten mußte.
Für ein paar Sekunden wurde es nebenan still. Dann erklang ein wahrhaft ohrenbetäubendes Gebrüll aus vielen Kehlen. In Phils Rücken aber rief jemand: »Hände hoch! FBI! Werfen Sie die Waffe weg!«
»Begeh um Gottes willen keinen Kameradenmord!« brummte Phil, während er über die Schulter zurückblickte.
Es war Hails, der in der offenen Schiebetür zum Herrenzimmer stand. Er kam herein und kniete neben Phil hinter den Tisch.
»Was ist denn hier los?« rief er.
»Der ganze Verein scheint nebenan zu sitzen«, erwiderte Phil. »Ich kann die Stellung hier noch ein paar Minuten halten. Schick mir einen Mann zur Verstärkung! Wenn wir den Knaben nebenan im Zimmer nicht herauslassen, haben wir sie in der Falle. Das Zimmer muß doch ein Fenster haben. Da knallen wir ihnen ein paar Tränengashandgranaten rein. Aber das hat Zeit. Hast du Jerry nicht gesehen?«
»Bis jetzt noch nicht.«
»Hoffentlich steckt er nicht da drüben mit drin.«
»Dann muß er ein bißchen Tränengas mitverdauen. Ich schick dir einen Mann Verstärkung, Phil. Mit ein paar anderen werde ich draußen das Fenster suchen, das zu der Bude gehört.«
»Okay«, sagte Phil.
***
Ich lag mit dem Kopf nach unten im Gebüsch. Um Schulter, Hals und Oberarme hatten sich Vorhangfetzen geschlungen. Im Genick spürte ich Glassplitter.
Keuchend riß ich mir den Stoff vom Leibe. Ich hörte Phils Stimme und kam auf die Beine, als über mir am Fenster einer der Gangster auftauchte.
Noch im Aufrichten schlug ich ihm die Linke gegen die Brust. Er stürzte in den Raum zurück.
»Heb die Hände!« knurrte in diesem Augenblick jemand, um gleich darauf fortzufahren: »Mensch, Cotton, da sind Sie ja!«
Es war Rogerty, der gerade um die Hausecke gekommen war. Ich zog ihn aus dem Lichtschein, der zum Fenster herausfiel, in Deckung hinter einen großen Strauch.
»Sie sind alle da drin«, rief ich ihm zu. »Jetzt kommt es nur darauf an, sie nicht herauszulassen. Halten Sie hier die Stellung, Rogerty! Ich schicke Ihnen noch ein paar von unseren Jungs.«
»Wo wollen Sie denn hin?« fragte Rogerty.
»Ich muß Meelson auf den Fersen bleiben«, erwiderte ich. »Der Bursche hat bestimmt Notausgänge. Er soll uns nicht im letzten Augenblick entkommen.«
»Okay«, knurrte Rogerty.
Ich klopfte Rogerty auf die Schulter und setzte mit ein paar Sprüngen hinter den Büschen hervor bis an die Hauswand. Links gab es eine Tür, deren obere Hälfte aus Milchglas bestand. Ich probierte die Klinke. Die Tür war verschlossen. Ich trat einen Schritt zurück, jagte eine Kugel ins Schloß und warf mich dagegen. Krachend flog sie nach innen.
Ich sah einen Abschnitt des Flurs nach links laufen. Ein Mann lief auf eine Tür am Ende des Flurs zu.
Es war Meelson.
»Stehenbleiben, Meelson!« rief ich.
Er dachte nicht daran. Ich schoß, aber ich zielte absichtlich zu hoch, weil ich ihn nicht versehentlich töten wollte. Er hatte die Tür erreicht, riß sie auf und jagte eine Treppe hinab.
Ich stürzte ihm nach. Als ich die Tür erreicht hatte, schoß er herauf. Die beiden Kugeln krachten über mir in die Decke.
Kalk- und Mörtelstaub rieselten herab und hüllten mich in eine weißgraue Wolke von Staub.
Hustend trat ich einen Schritt zurück und klopfte mir den Staub von den Schultern. Eine Minute später schlich ich geduckt die Treppe hinab. Ich hörte irgendwo etwas metallisch klirren, konnte mir aber keinen Vers darauf machen.
Unten gabelten sich Gänge in allen Richtungen. Ich lief dem Geräusch nach und kam an eine neue Treppe, die abwärts führte.
Unten gluckerte Wasser. Überall hingen staubbedeckte Glühbirnen von der Decke herab. Meelson war wenigstens so freundlich gewesen, das Licht im Keller einzuschalten.
Eine Kette, die an einem in die unterste Stufe eingelassenen Ring hing, baumelte ins Wasser. Ein langer Gang öffnete sich und verlor sich in der Dunkelheit, denn in ihm gab es keine Lampen.
Mir war sofort klar, welchen Fluchtweg Meelson gewählt hatte. Hier mußte das Boot an der Kette gelegen haben, das wir vor Stunden auf den Fluß hinausrudern sahen. Es war inzwischen bestimmt längst zurückgekommen, und Meelson benutzt es jetzt.
Ich drehte mich auf dem Absatz um und jagte die
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