0195 - Die Modegangster von New York
Sie können es weder in den Polizeiberichten noch in den Gerichtsakten lesen, aber glauben Sie mir, ein großer Teil der Autounfälle in New York wird durch hübsche junge Mädchen verursacht. Man zottelt so ganz gemütlich eine Straße hinunter, und da kommt so ein kleiner, netter Teufel ins Blickfeld. Man riskiert ein Auge, und schon ist es passiert und die Versicherung muss bezahlen.
Genau so erging es mir an jenem strahlenden Morgen des 5. Juni, einem Samstag. Nicht etwa, das mein treuer Jaguar zu Bruch ging, aber das Theater, das mir der schnelle Seitenblick auf das Mädchen einbrachte, das gerade den Schönheitssalon der Elizabeth Arden in der Fifth Avenue 691 verließ, genügte.
Kein Mensch tut was an einem Durchschnittssamstag, kein Mensch, mit Ausnahme der Polizei und leider meistens auch der G-men. Aber an diesem Tag hatten wir dienstfrei. Ordnungsgemäß hatten wir uns im Hauptquartier als dienstfrei eingetragen und freuten uns auf unsere freie Zeit. Den Abend wollten wir bei Phil mit Schachspielen verbringen, danach zeitig zu Bett gehen, was uns als großer Luxus erscheint. Das hatten wir uns wenigstens gedacht, als wir uns in den Wagen klemmten und in einer Laune, die dem Wetter entsprach, die Fifth Avenue hinauffuhren.
Da sah ich also das besagte Mädchen, und obwohl ich dies sonst gar nicht so sehr liebe, blickte ich etwas reichlich lange zu ihr hin. Sie trug keinen Hut, sondern einen Turm rotbrauner Locken auf dem Kopf, und sie war, soweit ich das auf die Entfernung feststellen konnte, bildhübsch. Allerdings kam sie ja gerade von ihrem Kosmetiksalon, und dort verwandelt man bekanntlich auch das hässlichste Entlein in einen herrlichen Schwan.
Sie trug ein Gedicht von einem Sommerkleid, und ich war absolut nicht der Einzige, der sich nach ihr umdrehte.
Gerade sprang an der Kreuzung der 53. die Ampel auf Rot. Während ich sonst gewöhnlich schimpfte, stoppte ich diesmal recht gerne ab, denn das Mädchen schickte sich an, die Straße zu überqueren und musste unmittelbar vor meinem Kühler vorbei. Bei dieser Gelegenheit bemerkte ich, dass ich mich nicht getäuscht hatte. Sie war wirklich reizend, mit dunklen Augen, einer gesunden, gebräunten Haut, die verriet, dass sie ihre Freizeit am Strand zubrachte, einer Eleganz und von einem Charme, der auch einen Greis hätte erwärmen können.
Phil grinste und stieß mich an. Gerade kam eine Frau, besser gesagt eine Dame, von der anderen Seite. Sie war nicht weniger elegant, aber bestimmt zwanzig Jahre älter. Als sie das braunrote Girl sah, blieb sie wie vom Donner gerührt stehen, machte kehrt und lief ihr nach Tatsächlich, sie lief so, dass ihre hohen Absätze klapperten.
»Nanu«, sagte Phil leise.
Wenn es ein Mann gewesen wäre, so hätte ich mich nicht gewundert, aber so. Jetzt hatte die Ältere das Mädchen erreicht und fasste es am Arm. Einen Augenblick starrten die beiden sich an, wechselten ein paar Worte. Das Girl zuckte die Achseln, und an ihrem Gesichtsausdruck konnte man ohne Weiteres erkennen, dass sie nicht nur überrascht, sondern auch ärgerlich war.
Die andere jedoch ließ nicht locker. Sie redete immer noch, als die Verkehrsampel auf Grün sprang, und so mussten die beiden die Beine in die Hand nehmen, um den jenseitigen Bürgersteig zu erreichen. Sie standen also genau an der Ecke der 53. Straße. Das Mädchen machte nach wie vor ein verständnisloses und ungeduldiges Gesicht, während die andere wie ein Wasserfall auf sie einsprach.
Sie schien in größter Aufregung zu sein, und das veranlasste mich ebenfalls links einzubiegen und zu stoppen.
»Wahrscheinlich hat sie ihr den Mann abspenstig gemacht«, meinte Phil. »Kein Wunder übrigens. Ich weiß nicht, ob…«
Er schwieg, und auch mir verschlug es die Sprache. Das Mädel schien endgültig genug zu haben. Sie machte sich los und schritt nun schnell die Straße hinab, aber die andere ließ sich nicht abweisen.
Im Nu hatte sie sie eingeholt und griff wieder nach ihrem Arm. Sie erwischte den dünnen Soff des Kleides, es gab einen Ruck, und sie hielt ein Stück davon in der Hand. Ihr Opfer winkte einem vorbeifahrenden Taxi, sprang hinein und schien auf diese Weise eine weitere Auseinandersetzung vermeiden zu wollen.
Die Zurückgebliebene stand immer noch da, sah hinterher und dann wieder auf den bunten Fetzen, den sie immer noch gefasst hielt. Jetzt konnten wir deutlich beobachten, wie sie auch noch daran roch und sich offenbar nicht zum Weitergehen entschließen konnte. Ein
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