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0196 - Flucht vor den Riesenspinnen

0196 - Flucht vor den Riesenspinnen

Titel: 0196 - Flucht vor den Riesenspinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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mißtrauischen Blick zu, weil ihm nicht gefallen wollte, daß die Rolle aus Papier war, das es zur damaligen Zeit noch gar nicht geben konnte. »Ist der Text etwa auf Etruskisch abgefaßt? Dann muß ich passen!«
    »Müßte ich auch, wenn er’s wäre, ahcr dann hätten sich die Sprachforscher schon um das Ding gerissen, weil das Etruskische doch fast nur durch Eigennamen in Schrift und Sprache bekannt ist, und eine etruskische Grammatik gibt es meines Wissens bis heute noch nicht…«
    Zamorra mußte an sein Amulett denken, Merlins Stern, die Silberscheibe mit dem Drudenfuß im Zentrum, umgeben von den zwölf Tierkreiszeichen und einem Silberband mit rätselhaften Hieroglyphen, vor denen bisher jeder Schrift- und Sprachen-Experte kapituliert hatte, weil es diese Schriftzeichen auf der Erde niemals gegeben haben sollte. Das Rätsel der etruskischen Sprache verblaßte dagegen zur Unwichtigkeit.
    Zamorra entfaltete die Rolle und hielt sie vor sich wie ein Herold des Mittelalters, der eine Bekanntmachung zu verlesen hat. Die Schrift, die ihm auf dem Papier - oder was auch immer dieses Material sein mochte -entgegensprang, war klassisches Latein.
    Zamorra las es wie seine Muttersprache.
    Viel war im Text nicht enthalten, der weitschweifig gehalten war wie Catos Reden und von blumigen Vergleichen förmlich strotzte, bloß mußten diese Blumen Kakteen gewesen sein, weil allein das Lesen einen Horror-Effekt bèinhaltete. Von schauerlichen Ereignissen war die Rede und vom Friedhof der Spinnen, der in der Toskana liegen sollte.
    Die war schon immer etruskisch gewesen, und jetzt verstand Zamorra auch, wieso Bill auf diesen Vergleich kommen konnte, bis es noch dicker kam: von etruskischen Grabhügeln, von den Totenstädten dieses ausgestorbenen Volkes war plötzlich die Rede, und der Friedhof der Spinnen sollte sich in einem dieser Grabhügel befinden, die in sich manchmal bis zu hundert Gräbern etruskischer Bürger aufnahmen.
    Mit einer für die Antike geradezu fantastischen Exaktheit wurde der Grabhügel, die Totenstadt, beschrieben und Zamorra machte sich anheischig, sie auf jeder beliebigen Landkarte auf Anhieb und halbblind zu finden.
    »Na, mein Lieber, was sagst du nun?« wollte Bill forschend wissen.
    Zamorra nippte am schweren Rotwein. Vor seinen Augen verschwanden die lateinischen Buchstaben, als er eine Seite der Rolle losließ und die sich schlagartig schloß. »Die Spinnen, die Römer, um Asterix zu zitieren«, bemerkte er. »Hat man eigentlich eine Altersanalyse an diesem Material gemacht?«
    Bill verneinte.
    »Und woher das Ding stammt, kannst du mir nicht zufällig auch noch verraten?«
    »Aus Privathand«, behauptete Bill. »Auf die unfeine Art. Bei uns in New York hat ein Experte für römische Geschichte das Besteck abgegeben, mit dem ich in den letzten Jahren gut befreundet war, und der hatte in seinem Habitus diese Rolle. Bevor sie unter die Erbmasse fiel, habe ich sie mitgenommen, weil der Inhalt mich plötzlich so brennend interessierte. Von der Rolle soll es keine Kopie geben.«
    Zamorra runzelte die Stirn. Die Art und Weise, wie Bill die Rolle besorgt hatte, gefiel ihm nicht so recht, aber andererseits heiligte manchmal der Zweck die Nahrungsmittel, wie der Bäcker sagt.
    »Todesursache?«
    Bill grinste.
    »Unklar, Mister Holmes«, sagte er. »Aber es heißt, daß der alte Herr von einer Vogelspinne gebissen worden sein soll. Nur im Totenschein stand dann eine dreißigzeilige Erklärung, die von mir fremden Fachausdrücken wimmelte, und verstanden haben werden es vielleicht nicht einmal die anderen Mediziner.«
    Zamorra grinste.
    »Ist es nicht das Vorrecht aller Ärzte und sonstiger Wissenschaftler, ihre zuweilen auftretende Unwissenheit in der Art politischer Festredner zu verschleiern?«
    Er gab die Rolle Bill zurück.
    »Von einer Vogelspinne gebissen«, murmelte er. »Soso.«
    ***
    Cathy Portland kam, in ihren flauschigen Bademantel gehüllt, wieder ins Zimmer zurück. Frederic hockte vor dem geöffneten Koffer und starrte hinein. In dem Koffer lag lediglich eine faustgroße Kugel, die mattschwarz aussah.
    »Ich dachte, da seien Dokumente drin«, sagte sie überrascht.
    Frederic wandte sich um.
    »Das dachte ich auch«, sagte er grimmig, »bis vor einer Minute. Aber das Denken soll man eben den Pferden überlassen. Mag der Himmel wissen, welchem Taschenspielertrick ich da aufgesessen bin. Von den Papieren ist jedenfalls nichts zu entdecken. Wenn ich sie nicht in Riccones Haus mit eigenen Augen

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