0197 - Im Jenseits verurteilt
er mal abkassiert, und der Sohn des Besitzers verdankte ihm einen gebrochenen Arm.
Würde die Frau das Geschäft betreten? Sie zögerte noch. Dann gab sie sich einen Ruck, ging zwei Schritte vor und stieß die Ladentür auf. Über Bonzos Lippen huschte ein gemeines, teuflisches Grinsen. Leichter hätte es ihm sein Opfer wirklich nicht machen können. Jetzt saß es in der Falle. Gemächlich setzte sich der Killer in Bewegung…
***
Es war einfach nicht zu schaffen, nach Feierabend loszuziehen und Weihnachtsgeschenke einzukaufen. Wer in Ruhe aussuchen wollte, musste sich als berufstätige Frau Urlaub nehmen. Das hatte Glenda Perkins getan. Sie arbeitete bei Scotland Yard als Sekretärin des Geisterjägers John Sinclair und seit kurzer Zeit auch für den Chinesen Suko, der ebenfalls beim Yard angestellt war. Und zwar im Range eines Inspektors.
Glenda wollte für ihre Mutter ein passendes Geschenk suchen. Der Vater lebte nicht mehr, und Glenda wusste, dass die Mutter altes Zinn sammelte.
In London gab es genug Trödlerladen. Im Winter, wenn die Flohmärkte kaum belegt waren, dann fand man die entsprechenden Händler in Soho, wo sie ihre kleinen Geschäfte hatten, manchmal nicht größer als eine Wohnstube. Nicht jeder Laden hatte auch ein Schaufenster. Oft genug wiesen Schilder an den Hauswänden daraufhin, wer alles in dem entsprechenden Gebäude verkaufte.
Selbst Soho war weihnachtlich eingestimmt. Wenigstens dort, wo sich die Läden befanden. Jeder Besitzer grüßte seine Käufer mit einem »Merry Christmas« und wünschte ihm nur das Beste. Vor allem aber sich selbst und seiner Kasse, aber das sprach er nicht aus. Es herrschte ein unwahrscheinlicher Betrieb. Nicht nur Einheimische wälzten durch die schmalen Straßen, auch Touristen, die zum vorweihnachtlichen Shopping nach London gekommen waren.
Trotz des Menschengewühls war Glenda Perkins schon zweimal der gleiche Typ aufgefallen. Ein Kerl, den sie nicht mochte. Mit schwarzen, fettigen Haaren und einem Gesicht, das unsympathisch wirkte. So stellte man sich die Schläger und Killer der Londoner Unterwelt vor. Glenda arbeitete nicht umsonst bei der Polizei.
Als sie den Kerl ein drittes Mal sah und auch bemerkte, dass er sie anstarrte, da beschloss sie, von nun an auf der Hut zu sein. Sie achtete jetzt bewusst auf eine Verfolgung. Glenda hatte Pech oder Glück, das kam auf die Auslegung an. Von dem Mann war nichts zu sehen. Er hatte sich entweder abgesetzt oder verfolgte Glenda so raffiniert weiter, dass sie nichts davon bemerkte. Möglich war alles. Eine halbe Stunde später hatte sie ihn wieder vergessen, denn bei diesem Trubel war es so gut wie unmöglich, sich zu konzentrieren. Zudem wollte sie noch Geschenke aussuchen.
An mehreren Läden, die Zinngeschirr anboten, war sie bereits vorbeigekommen. Es war nie das Richtige. In einer Seitenstraße, wo über die Fahrbahn ein paar Girlanden hingen und bunte Glühbirnen in Glockenform einen zuckenden Tanz aufführten, entdeckte sie dann in einem Geschäft, was sie suchte. Auf einem alten Holzstuhl stand eine wunderschöne Zinnkanne. Glenda presste die Nase an die leicht beschlagene Schaufensterscheibe, aber trotz intensiver Suche konnte sie kein Preisschild entdecken. Wahrscheinlich war die Kanne ziemlich teuer, so dass sich der Verkäufer geschämt hatte, sie auszuzeichnen. Glenda gefiel die Kanne so gut, dass sie trotzdem nachfragen wollte. Vielleicht ließ der Mann auch mit sich handeln. Das wäre nicht unüblich in solchen Geschäften gewesen.
Sie ging die zwei Stufen zur Tür hoch, stieß sie auf und hörte eine Glocke bimmeln. Soeben verließ ein Kunde den Laden. Der Mann nickte Glenda zu und verschwand.
Der Verkäufer, ein Mann um die Sechzig, lächelte, als sich Glenda ein wenig umschaute und dabei unschlüssig stehenblieb.
»Sehr nette und ausgefallene Dinge habe ich hier, junge Frau. Sehen Sie sich ruhig ein wenig um.«
»Danke.« Glendas Blick schweifte in die Runde. Hier wurde nicht nur Zinn verkauft, sondern auch anderes Geschirr, sei es aus Ton oder Metall. Alles sah ziemlich alt aus, doch Glenda fragte sich, ob es auch wirklich alt war oder nur nachgemacht.
»Die Kanne dort«, sagte Glenda.
»Ein wunderschönes Stücke, wirklich.« Der Verkäufer geriet ins Schwärmen. »Wenn nicht sogar mein Lieblingsstück.« Seine Augen glänzten. Hätte nur noch gefehlt, dass er in Tränen ausgebrochen wäre, aber er sagte nur den Preis. »Vierzig Pfund, meine Dame. Nicht ganz billig, aber sie ist es
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