0197 - Im Jenseits verurteilt
Schweigen zwischen Myxin und Kara wie eine Mauer. Schließlich meinte der kleine Magier: »Sie haben etwas Großes vor, das wissen wir inzwischen.«
»Ja, aber was?« Kara hatte den Blick gesenkt. Sie schritt auf und ab. Das Schwert hielt sie noch immer fest.
»Es muss mit Costello zusammenhängen.« Die Schöne aus dem Totenreich blieb stehen. »Nicht nur das, mein Lieber. Diese Sache zieht Kreise, weite Kreise. Sie ist bestimmt von langer Hand vorbereitet. Der Spuk und Asmodina stecken dahinter. Sie wollen zum großen Schlag ausholen. Gegen Costello und damit auch gegen Dr. Tod?«
»Warum haben sie dann nur die Diener geschickt?« fragte Myxin.
»Stimmt auch wieder.« Kara ballte die linke Hand. »Das Spiel ist sehr verworren.«
»Dann entwirren wir es.«
»Aber wie?«
»Zuerst einmal müssten wir John Sinclair Bescheid geben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er in diesen großen Plänen keine Rolle spielt. Vielleicht suchten die anderen nach einer besonderen Art und Weise, ihn zu töten.«
Kara schaute den kleinen Magier an.
»Ja, das kann durchaus möglich sein.«
Beide ahnten nicht, wie sehr sie sich irrten. Denn diesmal hatten sich die Mächte der Finsternis etwas völlig anderes ausgedacht, und es war in seiner Raffinesse undurchschaubar…
***
In der Londoner Unterwelt nannten sie ihn Bongo. Das war auch der richtige Name für den kleiderschrankbreiten Typ mit den fettigen schwarzen Haaren. Bongo hatte nicht mehr Gefühl als eine ausrangierte Dampflok, und als er vor zwei Jahren versuchte, ins Zuhältergeschäft einzusteigen, wurde er von seinen eigenen Kollegen so fertiggemacht, dass er nie mehr einen Gedanken an den Job verschwendete. Die Mädchen, die für ihn liefen, waren ihr Leben lang gezeichnet. Mit diesen einfachen Worten war Bongo zu charakterisieren.
Dass er trotzdem der Unterwelt von London treu blieb, lag nicht zuletzt an Logan Costello. Der Mafioso stellte Bongo in seine Dienste. Dieser Killer und Totschläger war für Jobs gut, für die sich andere zu schade waren. Zumeist arbeitete er für einen Kredithai und trieb Geld bei zahlungsunwilligen oder armen Ausländern ein. Schon oft hatte es Tote gegeben, aber um Einwanderer kümmerte sich niemand hier in London. Sie fanden immer einen Platz in der Themse.
Bongo einen Mann zur Seite zu stellen hatte keinen Sinn. Das wäre nicht einen Tag gut gegangen, Bongo hätte den anderen sicherlich erschlagen. Und nun hatte er einen neuen Job. Sogar einen ziemlich attraktiven. Er sollte jemanden beobachten, dann festnehmen und mit dieser Person zu einem bestimmten Platz fahren. Was er dort mit ihr anstellte, war egal. Da es sich um eine Frau handelte, lief bei Bongo so etwas immer auf eine Vergewaltigung hinaus.
Er hatte sein Opfer bereits im Auge. Nur gut, dass es sich zu Fuß durch die Straßen bewegte, eine Verfolgung mit dem Wagen wäre im dichten Verkehr der Vorweihnachtszeit ziemlich schwer gewesen.
Passanten, die Bongo entgegenkamen und ihn anschauten, traten zur Seite. Mit dem wollte niemand Ärger bekommen. Der sah nicht nur brutal aus, der war es auch. Die schwarzen, fettigen Haare hatte er in der Mitte gescheitelt. Sie fielen rechts und links bis auf die Ohren. Die hohe Stirn allerdings wollte nicht so recht zu seiner kleinen Nase passen, bei der besonders die großen Nasenlöcher auffielen. Darunter lag der Mund mit den dicken Lippen, und das harte Kinn sprang vor wie ein kleiner Felsbrocken.
Es kam ja selten vor, dass Bongo schlechte Laune hatte, aber bei diesem Wetter näherte sich seine Laune bereits dem absoluten Tiefpunkt. Da konnte das Opfer noch so hübsch sein, das er verfolgte und nicht aus den Augen ließ. Im Sommer machte der Job wesentlich mehr Spaß. Da schlug einem kein feuchter Schneeregen ins Gesicht, wenn man durch die Straßen von Soho ging.
In Soho befand er sich. In einer Straße, die ziemlich eng und zudem überfüllt war. Alle Welt schien auf den Beinen zu sein, um Weihnachtsgeschenke zu kaufen. Auch sein Opfer, denn es trug bereits zwei Einkaufstüten mit weihnachtlichem Aufdruck mit sich. Die kleinen Geschäfte in dieser Straße hatten die Schaufenster vorweihnachtlich dekoriert, und nicht nur die Glocken der Ladentüren klingelten, sondern auch die Kassen der Besitzer. Die Käufer schienen doch mehr Geld zu haben, als es die offizielle Statistik behauptete.
Wieder blieb sein Opfer stehen. Bongo drückte sich an die Hauswand. Das Geschäft, vor dem sein Opfer stand, kannte Bongo ganz gut. Hier hatte
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