0197 - Im Jenseits verurteilt
lange, rote Streifen, die ein regelrechtes Gitter bildeten und dabei zitterten.
»Den Nagel«, sagte er.
Ich zeigte ihn ihm.
»Gib ihn her!«
»Nein, mein Lieber. Wir machen einen Tausch. Wenn ich das Mädchen nehme, bekommst du den Nagel. Einverstanden?«
»Ja.«
Asmodina schien ihrem Diener eingeimpft zu haben, auf meine Bedingungen einzugehen. Um so besser. Ich konnte einen Blick in Glendas Gesicht werfen. Es war bleich, aber ihre Finger bewegten sich, so dass mir Asmodina keine Tote untergeschoben hatte. Zuzutrauen war ihr so etwas.
Der blonde Dämon, unter dessen Gesichtshaut es flimmerte, bewegte sich jetzt. Mit einem Ruck warf er Glenda über seine Schulter. Meine Hand zuckte unwillkürlich zur Beretta, dann sah ich sein spöttisches Grinsen und ließ die Waffe stecken, denn er hatte nur eine Hand freihaben wollen, um den Nagel entgegennehmen zu können.
»Gib ihn endlich, Geisterjäger!« schrie Asmodina. Auch sie beobachtete die Szene.
Ich warf einen schnellen Blick in die Höhe. Ihr Gesicht strahlte noch immer in der Wolke. Es war nicht mehr verzerrt, ein anderer Ausdruck hatte sich darauf ausgebreitet. Spannung und Erwartung. Sie will dich reinlegen! Irgendwie schoss mir der Gedanke durch den Kopf. Einem Dämon durfte man nicht trauen! Aber blieb mir eine Wahl? Doch ich konnte sie reinlegen, mir Glenda schnappen und ihr den Nagel nicht geben. Allerdings stand ich außerhalb des Kreises und wurde nicht durch mein Kreuz geschützt. Es war wirklich eine Zwickmühle. Andererseits, was sollte es, wenn ich den Nagel abgab? Vielleicht erledigte sie damit Dr. Tod zum zweiten Mal, und wir hatten einen gefährlichen Gegner weniger. Man musste manchmal den Teufel wirklich mit dem Beelzebub austreiben. Sie sollte den Nagel bekommen.
Ich ging noch einen halben Schritt vor, streckte den Arm aus und ließ den Nagel in seine offene Handfläche fallen. Augenblicklich schlossen sich die Finger darum. In seinen Augen leuchtete es für einen Moment auf. Misstrauen schoss in mir hoch. Er warf mir Glenda entgegen. Ich fing sie auf, packte hart zu, und meine Hände griffen nicht in Fleisch, sondern in ein Zeug, das sich wie Torf anfühlte und unter meinen Fingern zerbröselte. Glenda Perkins war nicht echt. Asmodina hatte mich reingelegt!
***
Ihre Blicke waren starr auf den Dämonenrichter fixiert. Maddox hockte hinter seinem Tisch und schlug dreimal mit dem Hammer auf die Platte. Langsam verhallten die Echos.
»Kommen wir zur Urteilsverkündung«, sprach der Dämonenrichter und stand sogar auf.
»Im Namen der geknechteten Seelen, im Namen des Dämonenreiches und des Spuks sowie des allmächtigen Kaisers der Hölle verurteile ich dich, Glenda Perkins, zu lebenslänglichem Tod und lebenslänglicher Qual in den Dimensionen des Grauens. Du wirst in das Zentrum des Schreckens geschafft und sollst dort das erleiden, was auch die anderen erleiden müssen, die nicht auf meiner Seite stehen. Das habe ich beschlossen, und das halte ich ein!«
Glenda hatte die Worte sehr genau vernommen. Sie schluckte, wollte etwas sagen, doch ihre Stimme versagte. Ihr eigenes Todesurteil war ihr vorgelesen worden, für alle Ewigkeiten sollte sie in den Dimensionen des Wahnsinns bleiben. All ihre Angst und Panik löste sich in einem gellenden, markerschütternden Schrei, der schaurig durch das Gewölbe hallte und dessen Echos in Glendas Ohren schallten. Maddox ließ sie schreien. Er hatte sich auf seinen Stuhl gesetzt, zurückgelehnt und die lappigen Lippen verzogen. Gnadenlos blickten seine Augen. Eine tiefe Zufriedenheit erfüllte ihn. Seiner Aufgabe hatte er präzise erfüllt, die anderen würden zufrieden sein. Und vor allen Dingen der Spuk. Maddox gab den beiden Echsenköpfigen ein Zeichen.
»Bindet sie los und schafft sie weg!«
Maddox erhob sich und ging weg. Schon bald hatte der Nebel seine gekrümmte Gestalt geschluckt. Glenda Perkins aber wurde hochgezerrt und von den beiden Monstern weggeschleift. Sie war im Jenseits verurteilt!
***
Das Begreifen dieses schrecklichen Vorgangs und das Wissen, mich reingelegt zu haben, dauerte bei mir mehrere Sekunden. Eine verflucht lange Zeitspanne, die der blonde Dämon eiskalt ausnutzte.
Er zog sich sofort zurück, grinste breit, und seine Konturen begannen zu verwischen. Er wollte sich auflösen, einfach verschwinden und mit ihm der Nagel! Das Wissen brannte in meinem Hirn. Und ich sah nicht ein, dass ich dies zulassen sollte. Mit einem Wutschrei auf den Lippen schleuderte ich die
Weitere Kostenlose Bücher