0197 - Mörder im Chinesenviertel
die die Vermißtenanzeigen aufgegeben hatten. Als er diesen Befehl gegeben hatte, sagte er seufzend: »So, jetzt haben wir hier alles getan, was getan werden konnte. Es ist schon bald halb sechs, und ich habe noch nicht einmal zu Mittag gegessen. Das werde ich jetzt nachholen.«
»Wo können wir Sie später treffen, Sarou?« fragte ich, »Wir müssen jetzt erst einmal zurück zum Distriktsgebäude.«
»Am besten kommen Sie zu mir ins Office. Zimmer 164 im Gebäude der Mordkommission Mahattan Ost.«
»Okay. Bis nachher! Leben Sie wohl, Hywood! Und vielen Dank, daß Sie uns verständigt haben. Wenn es auch kein FBI-Fall ist, so ist es doch ein sehr interessanter Fall, und ich möchte wissen, wie er sich entwickeln und vor allem wie sich die Todesursache aufklären wird. Wir sehen uns nachher, Sarou! So long!«
Phil und ich fuhren also zurück zum Distriktsgebäude und meldeten uns sofort bei unserem Distriktschef. Mr. High hörte sich unseren Bericht über das Versanden der Falschmünzerspur an und lauschte anschließend unserer Erzählung von dem seltsamen Todesfall drunten in Chinatown.
»Das ist wirklich eine sehr eigenartige Sache«, sagte er. »Natürlich habe ich nichts dagegen, wenn Sie so nebenher ein bißchen auf dem laufenden bleiben. Es ist immer gut, wenn man solche besonders rätselhafte Fälle mitverfolgt, auch wenn man sie nicht unmittelbar bearbeiten muß. Man kann als Kriminalbeamter nie genug lernen. Aber jetzt geben Sie bitte das Fernschreiben nach Detroit durch. Die Kollegen dort werden schon auf Ihren Bericht warten.«
»Ja, Chef«, sagten Phil und ich wie aus einem Munde und machten uns auf den Weg in die Telefonzentrale, wo zugleich auch unsere Fernschreiben stehen. Wir setzten den Bericht für Detroit auf und ließen ihn dann von einer Angestellten tippen. Nachdem wir die Empfangsbestätigung des FBI Detroit in den Händen hielten gingen wir in -nser Office, räumten flüchtig die Schreibtische auf und verließen das Büro. Das muß gegen halb sieben Uhr abends gewesen sein. Kurz vor sieben saßen wir schon in Sarous Büro.
Zu unserer Überraschung fanden wir den Leiter der Mordkommission damit beschäftigt, einen Berg von Papieren, Zetteln, Akten und Hochglanzfotos, der auf seinem Schreibtisch lag, fein säuberlich zusammenzulegen und in einen Bogen graues Packpapier einzupäcken.
»Sie entschuldigen mich einen Augenblick«, bat er mit der bei ihm obligaten Höflichkeit. »Ich muß nur schnell dieses Päckchen fertigmachen.«
»Bitte, lassen Sie sich nicht stören«, erwiderte ich. »Sie haben nichts dagegen, wenn wir inzwischen eine Zigarette rauchen?«
»Aber nein! Rauchen Sie nur.«
Ich wollte ihm auch anbieten, aber er lehnte dankend ab. Phil reichte Feuer, und wir beide rauchten schweigend, bis Sarou endlich sein Päckchen fertig hatte.
»So«, sagte er und legte mir das Päckchen in den Schoß. »Da haben Sie den Kram!«
Ich sah ihn völlig verständnislos an. »Was ist denn das?« fragte Phil an meiner Stelle.
»Sämtliche Unterlagen über den Fall von heute. Sie wissen schon, diesen Chinesen. Die- Unterlagen sind komplett. Alle Skizzen, alle Protokolle von den Vernehmungen der Anwohner, die Fotos des Fundortes, der Nachbarschaft und der Leiche und auch alle sonstigen Notizen.«
Ich schüttelte den Kopf.
»Hören Sie mal, Sarou«, sagte ich. »Was soll das heißen? Warum haben Sie den Kram eingepackt und mir das Paket in die Hand gedrückt? Was soll ich damit?«
»Es gehört Ihnen«, sagte Sarou mit einem angedeuteten Lächeln. »Ehrlich gesagt: Ich bin nicht böse darüber, daß Sie jetzt den Fall bearbeiten werden.«
»Wir? Aber wieso denn?«
Sarou ließ sich in seinen Schreibtischstuhl fallen.
»Weil das Ganze jetzt Ihr Fall ist. Nicht unbedingt Ihr persönlicher, aber auf jeden Fall doch eine Sache für das FBI. Doc Rockefeller hat bei der Obduktion im Schauhaus festgestellt, daß dieser Mann, der da so seltsam ums Leben kam, ein Opiumraucher ist. Oder besserwar. Na, und Opium ist ein Rauschgift, denke ich. Und für alle Fälle, die irgendwie in Verbindung mit Rauschgiften stehen, ist das FBI als einzige Polizeiorganisation der Staaten zuständig, habe ich mal irgendwo gelesen. Oder irre ich mich?«
Ich stand auf und seufzte:
»Leider nicht, Sarou. Da haben Sie uns wirklich einen bildschönen Fall angedreht. Ich möchte Ihnen vor Freude beinahe um den Hais fallen.«
***
»Nun«, sagte Mr. High am nächsten Morgen. »Da Sie sich schon mit der Sache beschäftigt
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