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0199 - Phantom der Lüfte

0199 - Phantom der Lüfte

Titel: 0199 - Phantom der Lüfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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Sekunde daran, sich an dem kurzen Sieg zu erfreuen. Sie fuhr herum, warf einen blitzschnellen, gehetzten Blick auf das riesige Schiff am Himmel und rannte dann, wie von Furien gehetzt, auf das Haus zu.
    Ein greller, schmerzhaft weißer Blitz schien den Himmel zu spalten. Der Sturm wurde wütender, überschüttete sie mit einem Hagel messerscharfer Eiskristalle und zerrte an ihren Kleidern. Ein ungeheurer Donnerschlag ließ den Boden erzittern. Der Regen veränderte sich - er fiel mit einem Mal weniger dicht, aber die Tropfen wurden gleichzeitig schwerer und dunkler.
    Es dauerte Sekunden, ehe Sandy merkte, daß es nicht mehr Wasser war, was da aus den tiefhängenden Wolken auf sie herunterprasselte.
    Blut!
    Es regnete Blut!
    Sie stolperte, verlor einen Schuh und humpelte, halb wahnsinnig vor Angst und Grauen, weiter. Sie hatte längst die Orientierung verloren. Ihre Umgebung war hinter einem dichten, schwarzen Vorhang aus niederprasselndem Blut verschwunden, und das einzige Geräusch, das sie noch hörte, war das dumpfe Wummern ihres Herzens und das Grollen des Donners. Sie schrie, aber der tobende Sturm riß die Laute von ihren Lippen und trug sie mit sich.
    Sie taumelte blind weiter, prallte gegen ein Hindernis und stolperte vorwärts, nur weg, fort von hier, fort von diesem unbeschreiblichen Grauen!
    Ein Schatten tauchte in den kochenden Nebeln vor ihr auf.
    Das Haus!
    Sie blieb einen Moment lang stehen, wischte sich Blut und Tränen aus den Augen und hetzte weiter.
    Die Tür wurde mit einem Ruck geöffnet, als sie das Haus fast erreicht hatte. Für eine endlose Sekunde starrte Sandy in die ungläubig aufgerissenen Augen ihrer Mutter. Sie sah das Entsetzen darin, den Unglauben, den stummen, erstickten Schrei auf ihren Lippen…
    Und dann legte sich ein Paar unmenschlich starker Hände von hinten um ihren Hals und drückte zu.
    Sandy war fast dankbar, als sie endlich in die warmen, weichen Arme der Bewußtlosigkeit hinüberglitt.
    ***
    »Es ist eine verdammt lange Geschichte«, sagte Borg. »Und ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.« Er blickte starr durch die fleckige Windschutzscheibe des Jeep nach draußen, aber vor seinen Augen schien eine ganz andere Szene zu sein als die, die Zamorra, Bill und Nicole sahen. Seine Finger umklammerten das Steuerrad so heftig, als wolle er sich daran festhalten. An seinem Hals zuckte ein Nerv, und auf seiner Oberlippe stand glitzernder Schweiß. »Ich weiß nicht einmal, ob ich sie Ihnen erzählen soll«, sagte er nach einer Weile. »Trotz allem nicht.«
    »Sie werden es müssen, wenn wir Ihnen helfen sollen«, sagte Bill.
    Borg sah flüchtig in den Rückspiegel. Seine Lippen verzogen sich zu einem fast zynischen Lächeln.
    »Helfen?« fragte er. »Niemand kann mir helfen. Sie bringen sich nur in Gefahr.«
    »Das sind wir gewohnt.«
    »So?« Borg schüttelte den Kopf, schaltete herunter und konzentrierte sich eine Minute lang darauf, den Wagen die abschüssige Straße hinunterzusteuern.
    »Außerdem würden Sie mir nicht glauben«, sagte er plötzlich. »Meine Geschichte klingt zu phantastisch.«
    »Nach dem, was wir bisher erlebt haben, erschüttert uns nichts mehr«, gab Bill zurück.
    Zamorra sah Borg prüfend an. Er konnte deutlich sehen, wie es hinter der Stirn des riesigen Mannes arbeitete. Trotz seines barbarischen Aussehens schien Borg ein überaus empfindsamer Mensch zu sein.
    »Diese… Untoten«, begann er vorsichtig. »Was hatte das zu bedeuten?«
    Borg antwortete erst nach einer geraumen Weile. »Eine Strafe«, sagte er leise. »Oder auch ein Fluch, wenn Ihnen der Ausdruck lieber ist. Ein Fluch, der mich seit einer Ewigkeit verfolgt.« Er wandte den Kopf, sah Zamorra mit einer Mischung aus Trauer und wehleidigem Spott an und schürzte die Lippen. »Ich bin nicht das, wofür mich die Leute hier halten«, sagte er dann. »Wissen Sie, ich war einmal ein berühmter Mann. Die Leute kannten und fürchteten mich. Ich war Freibeuter. Pirat, wenn Ihnen das Wort vertrauter ist… Borg, der Pirat!« Er lachte hart und bitter auf und starrte wieder auf die Straße. »Der König der Meere. Es hört sich vielleicht unglaublich an, aber ich beherrschte mit meinem Schiff die Meere. Kein Segler wagte sich auf den Ozean hinaus, ohne Tribut an mich zu zahlen, und wer es doch riskierte, mußte damit rechnen, gekapert und versenkt zu werden.«
    »Wann war das?«
    Borg lachte. »Fragen Sie lieber: wo? Ich stamme nicht aus dieser Welt, Zamorra. Meine Heimat liegt im Nirgendwo, so weit

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