Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
Vom Netzwerk:
verfügen, von dem man nicht einmal zu träumen wagen sollte, dann ist es wahrhaft erleichternd, nichts anderes tun zu müssen, als sich zurückzulehnen und die beiden mit tränenfeuchten Augen anzuhimmeln wie ein Groupie.
    Bei
Blackadder II
kümmerte sich ein himmlisch hübsches Mädchen um mein Make-up. Sie hieß Sunetra Sastry und entstammte einer indischen Familie aus der Brahmanenkaste. Sie war eine so intelligente, lustige und hinreißende junge Frau, wie ich seit Jahren keine mehr kennengelernt hatte. Ich trug mich ernsthaft mit dem Gedanken, sie zu bitten, mit mir auszugehen, als Rowan während der Proben für die zweite Episode eines Morgens schüchtern auf mich zukam und fragte, ob ich etwas dagegen hätte, die Visagistin mit ihm zu tauschen. Da er sich für die Rolle einen Bart hatte wachsen lassen, anders als ich, der sich jede Woche eine Haarwucherung mit Hautkleber aufs Gesicht pappen lassen musste, fand ich sein Ansinnen recht merkwürdig: Seine Make-up-Sessions währten nicht länger, als es dauerte, ihm die Nasenspitze zu pudern.
    »Gefällt dir die nicht, die du jetzt hast?«, fragte ich.
    »N-nein, das ist es nicht, sie ist großartig. Es ist nur so, dass …« Er sah mich ungewohnt eindringlich an.
    »Oh!«, sagte ich, als der Groschen gefallen war. »Mein lieber Freund. Natürlich. Ja.«
    Sämtliche Gedanken daran, Sunetra zu bitten, mit mir auszugehen, vergingen, und während der folgenden fünf Wochen schaute ich zu, wie Rowan und sie sich näherund näherkamen. Sie waren seit fünf Jahren zusammen, bevor sie schließlich in New York City heirateten. Als Trauzeuge flog ich hin und hielt die Zeremonie auf Acht-Millimeter-Film fest. Inzwischen haben sie zwei Kinder und zwanzig Jahre Ehe hinter sich, aber ich frage mich noch manchmal, was wohl geschehen wäre, wenn ich kühn und flink genug gewesen wäre, Sunetra, ohne zu zögern, um ein Rendezvous zu bitten.
    »Oh, das hättest du tun sollen!«, sagt Sunetra noch oft zu mir. »Ich wäre mit dir ausgegangen.« Aber ich weiß, wie glücklich sie ist und wie richtig es war, dass ich stillgeschwiegen habe.
    Halt mal, Stephen, du bist doch schwul, oder? Bin ich, ja, aber wie ich ein paar Jahre später einem Zeitungsreporter sagte, bin ich nur »zu 90 Prozent schwul«, was natürlich schon verdammt schwul ist. Aber hin und wieder ist mir auf meinem Lebensweg eine Frau begegnet, die zu den »restlichen 10 Prozent« passte. Caroline Oulton in Cambridge war eine, wenn ich es ihr auch nie gestanden habe, und Sunetra war auch eine.
    Der Rhythmus von Proben und Aufzeichnungen für
Blackadder
ließ die Zeit wie im Fluge vergehen. Dienstagmorgens lasen wir das Skript in Anwesenheit von Richard und manchmal auch Ben. John pflegte dabei Grimassen zu schneiden, sich an die Stirn zu fassen und den Kopf zu schütteln, um kundzutun, wie entsetzlich und unmöglich das alles sei – nicht gerade die feinfühligste Weise, sich bei Autoren und oder gar Schauspielern beliebt zu machen. Aber ihm ging es niemals darum, Missfallen zu bekunden oder Enttäuschung, sondern das ganze Getue und Gestöhne diente ihm nur dazu, sich für die Arbeit der bevorstehenden Woche auf Touren zu bringen. Als Nächstes wurde einer Szenenach der anderen sozusagen »das Laufen beigebracht«. Während die Show auf diese Weise eingerichtet wurde, machte sich Mandy ihre Notizen und konstruierte ihr Kameraskript, während John seine Grimassen schnitt und seufzte und rauchte und auf und ab tigerte und vor sich hin grummelte. Sein Perfektionismus und seine Weigerung, sich schnell zufriedenzugeben, trugen wesentlich dazu bei, dass
Blackadder
funktionierte. Jede Textzeile, jede Wendung und jede Aktion wurde von ihm herausgepickt, zwischen den Fingern gerieben, berochen und dann entweder akzeptiert, abgelehnt oder zur Wartung und Verbesserung erst mal in die Werkstatt überwiesen. Wir alle beteiligten uns daran, die Scherze auf Hochglanz zu polieren oder »aufzuschütteln«, wie John es nannte. Ich liebte es, an diesen Sitzungen teilzunehmen, die im Laufe der Jahre absolut charakteristisch für die Probenarbeit an
Blackadder
wurden. Gastschauspieler, die zu Besuch waren, saßen manchmal stundenlang da und lösten Kreuzworträtsel oder lasen ein Buch, während wir die Epitheta und die absurden Metaphern auf die Spitze schraubten.
    Ich stelle mir Richard und Ben vor, wie sie das hier lesen und vor Empörung schnauben. »Moment mal, wir haben euch die Skripts geliefert, die Charaktere geschaffen und den

Weitere Kostenlose Bücher