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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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metatextueller Postmodernismus beschreiben. Die meisten Menschen besaßen jedoch keinen guten Willen und schienen die Show eher für unverständlichen und zügellosen Kokolores zu halten, und als das wird spielerischer metatextueller Postmodernismus vermutlich meistens rezipiert. Wir porträtierten erhöhte Versionen unserer selbst in einem sichtlichunwirklichen Studio-Pub. Ich war Stezzer, Hugh war Huzzer, Robbie Bobzer, Ben Bezzer, Emma Ezzer und Siobhan Shizzer. Bis heute rufen wir einander noch oft bei diesen Namen, obwohl Ben mich aus Gründen, die sich im Lauf der Zeit verflüchtigt haben, gewöhnlich Bing nennt.
    In der ersten Episode komme ich herein, bedeckt von Styroporflocken Kunstschnees, und begrüße Robbie mit den Worten: »Glauben Sie mir, Pretend Landlord Bobzer, da draußen fällt gewaltig viel Theaterschnee …« Wir führten diese Sketche vor einem zumeist schweigenden und verstörten Publikum auf und trösteten uns mit dem Gedanken, dass wir unserer Zeit voraus waren. Ich glaube, ein großer Teil unseres Problems erwuchs aus Unsicherheit. Ben wusste sehr wohl (weil er zum Teil direkt daran beteiligt war), was seine Zeitgenossen im Bereich alternativer Comedy taten, und Hugh und mir war schmerzhaft und sehr genau klar, was unsere Tradition auf dem Feld der Sketch-Comedy geleistet hatte, von Pete and Dud bis Python und
Not the Nine O’Clock News
. Infolgedessen hatten wir, wie man im Rückblick deutlich sieht, alles im Übermaß verkompliziert, weil wir fürchteten, für epigonenhaft und unoriginell gehalten zu werden. Wir strichen alle Parodien und sämtliche »Ach, Perkins, kommen Sie rein, machen Sie die Tür zu und setzen Sie sich«-Sketche, weil Python und
Not
sie präsentiert hatten. Surrealität und anarchischer Wahnwitz waren ebenfalls out, weil Rik, Ade und Alexei diesen Markt besetzt hatten. Und so schlingerten wir blind, mit schlechtem Gewissen und verwirrt daher, und zwar ohne das Selbstvertrauen, das zu tun, was wir am besten konnten. Das Publikum, wie mir jetzt bewusst ist (und wie mir, ehrlich gesagt, schon immer hätte sonnenklarsein müssen), denkt nicht in solchen Kategorien. Neuartigkeit und Originalität entspringen nicht aus der Erfindung neuer Milieus, neuer Genres oder neuer Modalitäten. Sie entspringen dem
Wie
und dem
Wer
und nicht dem
Was
. Es muss wohl kaum mehr darauf hingewiesen werden, dass niemand es zu etwas bringt, es sei denn, er gibt sein Bestes, und jeder weiß ganz allein und insgeheim sehr wohl, was er am besten kann.
    Unterdessen beschwor uns Steve Morrison, der ausführende Produzent, endlich mit dem Gejammer aufzuhören. »Geh los, und lass dir was einfallen, Mann!«, rief er mir eines stürmischen Nachmittags über den Tisch zu, als ich mich mehr als gewöhnlich pedantisch gab oder skeptisch oder auf sonst eine Weise, die garantiert ärgerlich machte. Er stand auf und zeigte zur Tür. »Ich will Ayckbourn mit Ecken und Kanten«, schrie er. »Geh raus, und bring mir Ayckbourn mit Ecken und Kanten!« Klar, gerne.
    Uns wurde zu verstehen gegeben, dass man in der Chefetage von Granada auf unser Schreibproblem aufmerksam geworden war. In Bens Fall mag es an übermäßiger Produktion und Mangel an Selbstzensur gelegen haben, bei mir und Hugh war genau das Gegenteil der Fall – lähmende Verstopfung und eine Form apologetischer, aber hochgestochener Kleinmütigkeit, die extrem genervt haben muss. Eine qualvolle Woche lang mussten wir eine Art Nachhilfeunterricht im Comedy-Schreiben bei Bernie Sahlins über uns ergehen lassen, einem der Produzenten der Fernsehshow und Revuegruppe Second City. Bernie, Bruder des Anthropologen Marshall Sahlins, kam aus einer Tradition des Improvisierens, die er in den Tagen von Mike Nichols und Elaine May mitentwickelt hatte, einer Tradition, die im Fernsehenund in jüngster Zeit auch im Film ihren Durchbruch mit der
Saturday Night Live
-Generation von Aykroyd, Chase, Murray, Belushi und Radner erlebt hatte. Ben schrieb allein und hatte nicht das geringste Interesse an Stilformen oder Techniken von Chicago Improv. Hugh und ich waren ziemlich entsetzt über das Konzept »eine Szene aufzubauen« durch den Dialog, der auf bewährte amerikanische Weise improvisiert wurde. Wenn wir zusammen schrieben, improvisierten wir in gewisser Weise auch, denn wir entwickelten einen Sketch mündlich, bevor wir ihn zu Papier brachten. Hätte man uns aber beschuldigt, zu improvisieren, wären wir vermutlich auf der Stelle vor Schreck erstarrt und

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