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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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mich, Foster! Das gilt nicht für mich!
     
    Ich prägte mir auch einen Monolog ein, in dem Tempest durch seine Darstellung einer affektierten und verblassten literarischen Figur an die großen Tage von Bloomsbury erinnert.
    Mit diesen und anderen Szenen im Kopf fuhr ich mit Bus und U-Bahn zum Garrick Theatre in der Charing Cross Road. Ich fand den Bühneneingang, wo ich voneinem freundlichen jungen Mann begrüßt wurde, der mich in einen kleinen, grünen Raum hinter der Bühne führte.
    »Ich bin Michael«, sagte er. »Sie sind ein
bisschen
zu früh. Hoffentlich macht es Ihnen nichts aus, hier zu warten, während wir noch ein paar andere Leute anschauen.«
    Ich sah auf meine Uhr. Es war zehn vor drei. Vielleicht war ja die Angemessenheit der Minutenanzahl, die ich zu früh war, als gutes Omen zu betrachten. Vierzig Minuten später betrat ich nervös die Bühne. Ich schirmte mir mit der Hand die Augen ab, um hinunter in den Zuschauerraum zu sehen.
    »Hallo«, sagte eine prägnante, freundliche und präzise Stimme. »Ich bin Patrick, und das hier ist John Gale, der das Chichester Festival Theatre leitet.«
    »Hallo«, dröhnte ein satter Bariton aus dem Dunkeln.
    »Und dann ist da noch«, fuhr Patrick fort, »Alan Bennett.«
    Das »Hallo«, gesungen in hoher Tenorlage mit fröhlichem und abgemildertem Yorkshire-Akzent, schwebte aus dem Parkett hinauf an meine ungläubigen Ohren.
Alan Bennett?
Hier! Beim Vorsprechen! Jedes einzelne Organ in meinem Körper kreischte. Ein Hämmern drang mir in die Ohren, und meine Knie wurden weich.
Alan Bennett?
    Ich kann mich an keine Minute oder Sekunde der halben Stunde erinnern, die dann folgte. Ich weiß, dass ich Passagen rezitiert und Szenen gelesen haben muss, und ich weiß noch, dass ich, von Qualen der Verzweiflung und Enttäuschung zermartert, durch Londoner Straßen gewankt bin. Ich muss mich also verabschiedetund das Theater auf die eine oder andere Weise verlassen haben.
    Richard Armitage rief mich am selben Abend in der Wohnung an. »Und wie ist es dir ergangen, mein Guter?«
    »O, Richard, es war schrecklich. Ich war furchtbar. Abscheulich. Ganz schlimm. Unsagbar schlecht.
Alan Bennett war da!
Im Theater!«
    »Ja, und? Ist das so schlecht?«
    »Nun, ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass er dabei sein könnte. Niemals. Ich war stumm vor Schreck. Wie vor den Kopf geschlagen. So nervös, dass ich kaum mehr sprechen konnte. Oh Gott, es war
grauenvoll

    »Ich bin sicher, dass du so schlecht gar nicht gewesen sein kannst …« Er gab eine Reihe jener besänftigenden Gluckser von sich, mit deren Hilfe Agenten hysterische Klienten zu beruhigen suchen. Sie waren mir kein Trost.
    Am nächsten Tag rief Lorraine an. »Darling, könntest du heute wieder um drei Uhr im Garrick sein? Zu einem zweiten Vorsprechen.«
    »Einem zweiten Vorsprechen?«
    »Sie möchten dich noch einmal sehen und hören.«
    »Du meinst, ich bin noch nicht ausgeschieden?«
    Ich war pünktlich auf die Minute im Garrick, entschlossen, zumindest den Versuch zu machen, die Nerven zu behalten. Michael begrüßte mich wie einen alten Freund und führte mich direkt auf die Bühne. Das Licht im Zuschauerraum war an, und unten im Parkett konnte ich John Gale und Patrick Garland erkennen, aber diesmal keinen Alan Bennett. Eine Welle der Erleichterung erfasste mich.
    »Nochmals hallo!«, rief Patrick fröhlich. »Wir haben überlegt, ob wir vielleicht diesmal den Bloomsbury-Monolog hören dürfen?«
    Sie durften.
    »Danke!«, sagte Patrick. »Danke … ich glaube …« Er besprach sich mit John Gale, nickte und senkte den Blick, als suche er auf dem Fußboden nach Erleuchtung. Von meinem Standpunkt aus hatte es den Anschein, als würde er dem Teppich etwas zuflüstern. »Ja …«, raunte er. »Finde ich auch.« Er blickte lächelnd zu mir auf und sagte lauter: »Stephen, John und ich würden Sie sehr gerne bitten, in unserer Produktion die Rolle des Tempest zu spielen. Würden Sie das wollen?«
    »Ob ich das will? Und ob!«, sagte ich. »Haben Sie vielen, vielen Dank.«
    »Das hört sich ja ausgezeichnet an«, sagte Patrick. »Wir sind begeistert. Nicht wahr?«, fügte er hinzu, an den Teppich gewandt.
    Es folgte ein Gewühle, und eine Gestalt rappelte sich hinter den Sitzen auf, wo sie sich verkrochen hatte. Der hochgewachsene, hagere Alan Bennett entfaltete sich mit einem entschuldigenden Hüsteln. »O ja«, sagte er, wischte sich den Staub von den Knien seiner grauen Flanellhosen, »ganz begeistert.«
    Patrick

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