Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
Vom Netzwerk:
Gewohnheiten weniger pingelig sind. Ob sie es tun oder nicht, ist aber in beiden Fällen keine Frage der Interpretation.
Gefühle
hingegen … Ich weiß vielleicht, ob ich mir in der Nase bohre oder nicht, aber weiß ich wirklich, ob ich mich als Versager fühle oder nicht? Mir mag vielleicht bewusst sein, dass ich mich oft niedergeschlagen fühle und unglücklich oder gebeutelt von namenlosem Schrecken,aber habe ich recht damit, diese Empfindungen als ein Gefühl moralischer Schwäche oder persönlicher Unzulänglichkeit oder dergleichen zu interpretieren? Ursprung des Gefühls könnte schließlich hormonelle Unausgeglichenheit sein, Sodbrennen, eine unverhofft ausgelöste unbewusste Erinnerung, zu wenig Sonnenlicht, ein schlechter Traum, alles Mögliche. Wie bei der Farbwahrnehmung oder Schmerzempfindung können wir nie wissen, ob unsere Eindrücke und Erlebnisse dieselben sind wie bei anderen Menschen. Daher kann es durchaus sein, dass ich nur eine ganz große Memme bin und meine Qualen und Sorgen nichts sind im Vergleich zu den Ihren. Vielleicht bin ich aber auch der tapferste Mann auf Erden, und wenn jemand von Ihnen auch nur ein Zehntel des Kummers ertragen müsste, mit dem ich mich tagtäglich plage, würde er wehklagen wie in Todespein. Aber wie wir uns alle einig sind, was Rot ist, wenngleich wir nie wissen werden, ob ein jeder von uns es auf dieselbe Weise wahrnimmt, können wir doch alle einig sein – oder etwa nicht? –, dass unabhängig davon, wie selbstsicher wir anderen gegenüber erscheinen, wir doch im Inneren allesamt die meiste Zeit schluchzen, unter Angst leiden und unter Unsicherheit. Oder vielleicht ergeht es ja auch nur mir allein so.
    Mein Gott, vielleicht ergeht es ja
wirklich
nur mir allein so.
    Letztlich ist es aber auch egal. Sollte es tatsächlich mir allein so gehen, lesen Sie hier die Aufzeichnungen eines ausgeflippten Freaks. Sie dürfen dieses Buch wie Science-Fiction behandeln, wie Fantasy oder exotische Reiseliteratur. Gibt es wirklich Menschen wie Stephen Fry auf diesem Planeten? Meine Güte, wie außerirdisch fremdartig manche Leute sind. Und wenn ich nicht alleinsein sollte, dann sind Sie es auch nicht, und Hand in Hand können wir staunen über die Seltsamkeiten der »condition humaine«.

Celebrity – Prominenz
     
    Abgesehen von
University Challenge
, war die Ausstrahlung von
The Cellar Tapes
das erste Mal, dass ich im landesweiten Fernsehen auftrat.
There’s Nothing to Worry About
zähle ich nicht mit, weil es nur den Zuschauern im nordwestlichen ITV-Sendegebiet zugemutet wurde.
    Am Morgen nachdem
The Cellar Tapes
auf BBC 2 gelaufen war, machte ich mich auf zu einem Spaziergang entlang der King’s Road. Wie sollte ich diejenigen behandeln, die mich ansprachen? Ich setzte ein sanftmütiges Lächeln auf und übte eine »Wer? … ich?«-Reaktion, zu der es gehörte, mich zuerst umzuschauen und mir dann ungläubig fragend auf die eigene unwürdige Brust zu tippen. Bevor ich mich auf den Weg begab, hatte ich sichergestellt, dass sich genügend Stifte in meiner Tasche befanden und einige kunstvoll zufällig eingesteckte Zettel für Autogrammwünsche. Sollte ich »Mit freundlichen Grüßen« schreiben oder »Mit den besten Wünschen«? Ich beschloss, beides einige Male zu versuchen und dann zu entscheiden, was besser aussah.
    Als ich die Blacklands Terrace hinaufging, waren die ersten Menschen, denen ich begegnete, ein älteres Ehepaar, und die beiden schenkten mir keine Beachtung. Wahrscheinlich Ausländer oder solche Bewohner von Chelsea, die es für smart hielten, keinen Fernsehapparat zu besitzen. Ein junges Mädchen kam mir mit einem West-Highland-Terrier an der Leine entgegen. Ich versüßtemein sanftmütiges Lächeln mit einer großzügigen Prise gefühlsseliger Selbstbescheidung und wartete auf ihre Entzückensschreie. Sie und ihr Terrier gingen ohne auch nur das geringste Aufflackern des Wiedererkennens an mir vorbei. Höchst seltsam. Ich bog an der King’s Road nach links, ging am Peter-Jones-Warenhaus vorbei und umrundete zweimal den Sloane Square. Nicht ein einziger Mensch hielt mich an, warf mir einen Seitenblick bewundernden Wiedererkennens zu oder bedachte mich auch nur mit jenem verwirrten Gesichtsausdruck, der verriet, dass er mein Gesicht kannte, aber im Moment nicht wusste, wo er es einordnen sollte. Es war einfach keine einzige Reaktion von irgendjemandem irgendwo zu bemerken. Ich betrat ein Geschäft von W. H. Smith und hielt mich eine Weile bei den

Weitere Kostenlose Bücher