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Spiel der Angst (German Edition)

Spiel der Angst (German Edition)

Titel: Spiel der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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PROLOG
    Der Tod, dachte er, war der Augenblick der Klarheit.
    Der Moment, in dem man all die Antworten findet, nach denen man ein Leben lang gesucht hatte.
    Im Tod wurde alles klar.
    Er war das Skalpell, das die Lügen zerschnitt.
    Er war der Hammer, der den Spiegel zerschlug.
    Er war das Licht, das die Schatten durchdrang.
    Schatten, dachte er, während er rannte.
    Überall war pechschwarze Finsternis. Nur vereinzelt leuchteten trübe Lampen wie erblindete Augen eines riesigen Fisches. Kabel verliefen oben und erinnerten ihn an Schläuche oder Arterien im Leib eines gewaltigen Monsters. Und der Lärm, dieses Grollen, das unheilvoll anhob, war wie die Geräusche im Inneren eines gigantischen Körpers. So musste sich jemand fühlen, dachte er, der mit einem kleinen Boot ins Innere eines Wales geraten war. Doch er wusste, woher die Geräusche kamen, oder besser das Geräusch. Das Pfeifen, Donnern und Grollen, das sich allmählich in seinem Bewusstsein nach vorne schob, immer näher kam und den sicheren Untergang für jeden brachte, der zu sehr in seiner Nähe blieb.
    Es hatte sie nicht gehindert, einfach in den Gang hineinzulaufen.
    Emily.
    Sie war auf die Schienen gesprungen und in der Finsternis verschwunden.
    »Wenn ich sterbe, dann ist der Sinn deines Lebens verloren. Denn du existierst nur, um mich zu verletzen.« So etwas Ähnliches hatte sie gesagt und war von der Bahnsteigkante auf die Schienen gesprungen und in der filzigen Dunkelheit verschwunden.
    Wer tot ist, den kann man nicht mehr terrorisieren, dachte er. Damit hatte sie recht gehabt. Dann wäre all das, wofür er in den letzten Tagen gekämpft hatte, ausgelöscht. Vom Angesicht der Erde gefegt, zermalmt von den stählernen Rädern des Monstrums, das sich gleich schnaufend und zischend durch den engen Gang bewegen würde, um alles zu fressen, was sich ihm in den Weg stellte.
    Er sah den Schatten vor seinen Augen, den Schatten des Mannes, der Emily gefolgt war.
    Sah die Silhouette von dem Mädchen, das ihn faszinierte und gleichzeitig antrieb, sie zu jagen, sie zu finden und schließlich zu töten.
    Er sah den Schatten von dem, der ihr folgen sollte, der ihr willenlos hinterherlief, ihr auf der dunklen Spur der Schienen folgte, ohne sich um den eisernen Koloss zu kümmern, der alles vernichten würde – alles, was nicht schneller war als er.
    Er kam näher.
    Immer näher.
    Dann hatte er das Geräusch gehört, das hässliche Knirschen und Knacken, das Kreischen der Bremsen …
    Der Mann, der sie verfolgt hatte, war tot.
    Und sie?
    Emily?
    Sie war verschwunden.
    Nichts deutete darauf hin, dass sie jemals in diesem Schacht gewesen war.
    War sie tot?
    War sie weg?
    War sie ein Geist?
    Er wollte dort bleiben. Am liebsten für Stunden. Für Tage.
    Sein Geist war so voller dunkler Verzweiflung wie die unendliche Finsternis des U-Bahn-Schachts.
    Er wollte dort bleiben, die Finsternis in sich aufnehmen, so als könnte er dadurch seine eigene Dunkelheit besiegen.
    Feuer mit Feuer bekämpfen.
    Doch er konnte nicht bleiben.
    Denn bald würden sie kommen. Die Polizisten, die den Ort abriegeln würden. Die Feuerwehr, die dann die letzten Reste von den Schienen kratzte. Die Seelenklempner, die sich um den Fahrer kümmerten.
    Er würde verschwinden müssen.
    Doch ein paar Minuten gestand er sich noch zu.
    Blieb auf den Schienen sitzen – in seinen Ohren klang der Nachhall des Zuges und der kreischenden Bremsen, die Geräusche der Zerstörung – und schloss die Augen, um nicht zu sehen, was die Bahn mit dem anderen gemacht hatte.
    Er wollte schreien, doch das konnte er nicht.
    Denn dann würden die anderen ihn hören.
    Und so saß er voller Hass und Verzweiflung auf den Schienen und fraß seine Wut in sich hinein.
    Er hatte eine Schlacht verloren, aber nicht den Krieg.
    Sollte sie sich in Sicherheit wiegen, er würde sie finden, wo auch immer sie hingehen würde.
    Er würde sie in der Illusion lassen, dass alles in Ordnung sei.
    Und dann würde er zuschlagen.
    Aus der Dunkelheit, in der er jetzt gerade saß. Aus der Masse. Aus der Anonymität.
    Und dann würde sie sehen, dass es ihn noch gab. Dass er sie nicht vergessen hatte. Und dass sie ihn auch nicht vergessen konnte.
    Und das jetzt alles anders werden würde. Schlimmer. Viel schlimmer.
    Bisher wollte er sie nur töten, doch von jetzt an würde er etwas tun, was ihr noch viel mehr wehtun würde.
    Denn der Tod war endgültig. Er war ein klarer Schnitt. Und meist merkte man gar nicht, dass man starb.
    Daher war er

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