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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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schwer beeindruckt. Eines Tages, sagte ich mir, würde auch ich ein solches Objekt besitzen und ewig hüten wie einen Schatz. Irgendwo hab ich eine Schublade, in der mindestens ein Dutzend alte Pager unterschiedlichsten Designs und vielfältiger Farbgebung liegen. Keiner von ihnen wurde wie ein Schatz gehütet: Sie wurden so gut wie nie benutzt.
    Bei unserem Anfängerniveau als Studiosprecher wurden Hugh und ich gewöhnlich engagiert, die albernen Sprüche von Comedyfiguren für die Radiowerbung vorzutragen, ein blühender neuer Geschäftszweig, der sich die zunehmende Verbreitung unabhängiger Sender zunutze machte, die während der frühen achtziger Jahre überall in Großbritannien dank der Lizenzverträge der »zweiten Tranche« wie Pilze aus der Erde schossen. Es ist sehr verlockend, auf eine Zeitspanne zurückzublicken und sich einzubilden, dass sie eine glückliche war, aber ich glaube wirklich, dass wir es damals waren.Das Leben in der gläsernen Kabine war simpel, wartete aber auch mit netten Herausforderungen auf. Oft drückte ein Toningenieur oder Produzent auf die Kommunikationstaste und sagte etwas wie: »Ja, das war zwei Sekunden drüber. Könnt ihr’s noch mal machen und drei Sekunden runterhobeln, aber nicht schneller werden?« Diese Art anscheinend absurden Ansinnens ergibt nach einer Weile durchaus Sinn, und Hugh und ich waren sehr stolz, schon bald damit umgehen zu können. Im Gehirn tickt eine innere Uhr, so dass wir schon nach kurzer Zeit beide sagen konnten: »Das war doch voll drauf, oder? Vielleicht eine halbe Sekunde drunter?«, oder: »Verdammt, das waren mindestens fünfunddreißig, wir machen’s noch mal …«, und wenn der Ingenieur es abspielte und mit seiner Stoppuhr überprüfte, erwies sich, dass wir genau richtig lagen. Eine banale Fähigkeit, deren stolzer Erwerb manche als Verschwendung einer teuren Eliteerziehung ansehen dürften, aber wie ich gesagt habe, wir waren glücklich. Wieso ich das weiß? Nun, wir sprachen es aus. Wir wagten tatsächlich, es zu sagen.
    In jenen Tagen waren wir meistens in den Studios von Angell Sound in Covent Garden zu finden, gegenüber vom Bühneneingang des Royal Opera House. Wenn Hugh und ich nach einer Aufnahmesession ins Freie traten, blinzelten wir ins helle Tageslicht, sagten nur »Oberhemd«, gingen in südwestlicher Richtung die Floral Street entlang und überquerten die James Street, um zu Paul Smith’s zu gelangen. Zu jener Zeit befand sich dort der einzige Londoner Stützpunkt des großen Designers. Vielleicht hatte er ein Geschäft in seinem Geburtsort Nottingham, aber die Filiale in der Floral Street war definitiv die einzige in London. Wie DavidJason ist er inzwischen zum Ritter geschlagen worden, aber damals setzte Paul Smith gerade erst dazu an, sich als Designer der Wahl für Männer einen Namen zu machen, denen man kurz darauf das Etikett »Yuppie« verpasste. Anders als das des Yuppies ist sein Ansehen ruinösem Rufmord nicht zum Opfer gefallen. In den frühen bis mittleren achtziger Jahren machten sich die in der Folgezeit des »Big Bang« neureich gewordenen Schichten und eben zum Selbstbewusstsein erwachten Angehörigen gehobener Berufe bemerkbar und verlangten lauthals nach schicken Socken und Hemden, nach Croissants und Kaffee mit aufgeschäumter Milch sowie nach – Gott stehe uns allen bei! – auffälligen Zahnklammern. Ich nehme an, Hugh und ich zählten zu einer Untergruppe dieser neuen Kategorie.
    Ich erinnere mich genau, dass wir eines Morgens, als wir aus Angell’s herauskamen, ein Gespräch führten, das ungefähr so geklungen haben muss:
    »Gütiger Himmel, ist das ein Leben.«
    »Wir haben aber auch ein verdammtes Glück.«
    »Zwanzig Minuten in einem Studio, keine Minute länger.«
    »Kein Geld ist leichter verdient … und verdienter!«
    »Wir sollten uns zur Feier des Tages ein Hemd kaufen.«
    »Wir sollten zur Feier
jeden Tages
ein Hemd kaufen.«
    »Und dann vielleicht noch eine CD oder zwei.«
    »
Auf jeden Fall
eine CD oder zwei!«
    »Und dann vielleicht einen Kaffee und ein Croissant.«
    »
Unbedingt
Kaffee und Croissant.«
    »Ich wette, wir werden auf diese Tage als die besten unseres Lebens zurückblicken!«
    »Wenn wir alt sind, fett, verbittert und depressive Alkoholiker, werden wir uns an die Zeit erinnern, als wir kurz mal in ein Tonstudio gegangen sind und schon bald wieder herausgeschlendert kamen und uns anschließend ein Oberhemd und eine CD gekauft und in einem Café einen Cappuccino und ein

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