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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Mann genauso alt war wie mein Vater. Er besaß die Gabe, wenn es denn eine Gabe ist, in mir das Gefühl zu wecken, bürgerlicher,gewöhnlicher und fader zu sein, als ich mich eh schon empfand.
    »Also,
à nos moutons
«, sagte er, als der Käse kam. »
Tatler.
Ich weiß, dass Sie bereits einmal für uns geschrieben haben. Nebenbei, wunderbarer Text. Entspricht er tatsächlich der Wahrheit?«
    Er bezog sich auf einen Artikel, den ich zu Beginn des Jahres beigesteuert hatte und zu dem wir später noch kommen werden. Wie immer, wenn jener Artikel erwähnt wurde, lief ich hochrot an.
    »Ja. Absolut wahr.«
    »Guter Gott. Jedenfalls, unser Magazin … lesen Sie es eigentlich?«
    »Manchmal … Ich meine, es ist nicht so, dass ich es bewusst
nicht
lese, aber ich glaube nicht, dass ich mir je ein Exemplar gekauft habe. Außer natürlich in dem Monat, als mein Beitrag erschien.«
    »Das ist völlig in Ordnung«, sagte er. »Hier haben Sie die Ausgabe vom nächsten Monat. Dieser Tage sind die Titelseiten wundervoll. Michael Roberts ist unser Artdirector. Er ist so brillant, dass einem die Worte fehlen.«
    Ich nahm das angebotene Magazin entgegen und blätterte darin.
    »Alles gut und schön«, sagte Mark. »Nichts auszusetzen. Es ist nur so, dass etwas … etwas
fehlt

    »Nun, was auch immer es sein mag«, sagte ich. »Anzeigen sind es jedenfalls nicht.«
    »Ha! Nein, da sind wir sehr gut im Geschäft. Aber ich brauche jemanden, der jeden Monat vorbeikommt, um … um die Ausgabe zu beschnuppern, bevor sie in Druck geht.«
    »Beschnuppern?«
    »Mhm … Sie wissen schon. Sich die Gesamtheit derArtikel und Fotostrecken anzusehen und darüber nachzudenken, wie man sie zu einem Gesamtbild formt. An den Textzeilen für das Cover zu feilen und an den
spinelines…
    »Spinelines?«
    »Der Text, der auf dem Rücken des Heftes steht.«
    »Natürlich. Rückenzeile, ja.«
    »Ich brauche jemanden zum Drübergucken, der nichts mit der täglichen Heftproduktion zu tun hat. Der die Ausgabe beschnuppert und dann …«
    Mir kam ein Gedanke. »Wollen Sie damit sagen«, fragte ich, »Sie suchen jemanden, der mit den Wörtern jongliert?«
    Er schlug die Hand auf den Tisch. »Ich
wusste
, dass Sie mich verstehen.«
    Seit Tina Browns bahnbrechendem Regiment am Ruder des
Tatler
war das Magazin neben anderen Dingen auch berühmt-berüchtigt für die Wortspiele in den Schlagzeilen, den Unterzeilen und Anlauftexten und – wie ich gerade gelernt hatte – den Rückenzeilen.
    »Das wäre also abgemacht. Sie sind von jetzt an unser OCP – der Officer Commanding Puns.« Er leerte seine Kaffeetasse mit nicht zu übersehender Genugtuung. »Oh, da wäre noch etwas, das mir auf dem Herweg eingefallen ist. Wir bekommen alle möglichen Bücher zugeschickt. Größtenteils unerträglich langweilige Anleitungen zum Fliegenfischen oder die Memoiren uninteressanter Herzoginnen, aber manchmal flattern uns auch interessantere Titel ins Haus. Wir haben keinen Literaturkritiker. Warum lasse ich nicht alle Bücher, die uns erreichen, einmal die Woche per Kurier auf einen Schwung zu Ihnen bringen, und Sie können …«
    »Sie beschnuppern?«
    »Richtig. Sie beschnuppern und dann eine Kolumne schreiben, in der sie Bücher besprechen oder einfach nur kommentieren, was für Bücher die Verlage heutzutage auf den Markt werfen. So eine Art zeitgeistiges Bücherschnuppern. Was halten Sie davon?«
    Ich erwiderte, dass zeitgeistiges Buchgeschnupper dieser Art mir überaus zusage.
    »Schön. Warum begleiten Sie mich nicht eben mal zum Hanover Square, und ich stelle Sie den anderen vor?«
    »Werde ich oft ins Büro kommen müssen?«
    »Nur von Zeit zu Zeit, um mal zu …«
    »Zu schnuppern?«
    »Genau. Um zu schnuppern.«
    Die erste Ausgabe, der ich als hauptamtlicher Schnupperer diente, war die Juni-Ausgabe. »June Know Where You’ re Going« glänzte mit dem Monatsnamenwortspiel. Michael Roberts’ Cover eines Modells in einem tief purpurroten Kleid präsentierte sich mit der Schlagzeile »Red Dress the Balance«. Ein Artikel über aristokratische katholische Familien trug den Untertitel »The Smart Sect«. Die Zeit hat gnädigerweise die restlichen gruseligen Verbalverrenkungen, deren ich mich schuldig gemacht habe, aus meinem Gedächtnis gelöscht, aber für jede Ausgabe, an der ich beteiligt war, habe ich mir mehr als ein Dutzend davon ausgedacht.

Critics and Couriers – Kritiker und Kuriere
     
    Die Bücher kamen kistenweise. Statt sie unter meinem eigenen Namen zu

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