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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Simon Raven (die ich bevorzugte und immer noch bevorzuge). In den sechziger Jahren hatte Boxer für
The Sunday Times
Geburt und Leben des ersten vierfarbigen Beilagemagazins einer Zeitung begleitet und war jetzt Chefredakteur des
Tatler
. Eines Tages zwischen Mitte und Ende der Achtziger bekam ich einen Brief von ihm mit der Bitte, ihn in seinem Büro anzurufen.
    »Ach ja, Stephen Fry. Wie geht’s? Lassen Sie sich von mir zum Lunch einladen. Morgen bei Langan’s?«
    Ich hatte von Langan’s Brasserie gehört, war aber noch nie dort gewesen. Gegründet von Peter Langan, Richard Shepherd und dem Schauspieler Michael Caine, hat es sich den Ruf erworben, eines der glamourösesten und exzentrischsten Restaurants Londons zu sein. Für den Glamour sorgten die Kunstsammlung, die Speisekartengestaltung von Patrick Procktor und die alltägliche Anwesenheit von Filmstars, Aristokraten und Millionären; die Exzentrizität lieferte Peter Langan persönlich. Der wegweisende Gastronom, ein irischer Alkoholiker unberechenbarer Launenhaftigkeit, war berüchtigt dafür, dass er Gäste, die aus unerfindlichen Gründen seine Missbilligung erregten, beleidigte, Rechnungen derjenigen zerriss, die sich zu beschweren wagten, Zigaretten in ihrem Salat ausdrückte und die Gäste aus dem Lokalwarf. Eine Flasche Krug in der einen und eine Zigarette oder Zigarre in der anderen Hand, schwankte er von Tisch zu Tisch, freudestrahlend und blaffend, grinsend und grummelnd, manche umarmend, andere umrempelnd. Das Essen war gut, wenn auch nicht großartig, die Atmosphäre magisch, und das Erlebnis, wenn Peter da war, unvergesslich. Don Boyd erzählte mir, dass seine Frau Hilary eine Nacktschnecke in ihrem Salat gefunden hatte. Als Peter, von Schluckauf heimgesucht, an ihrem Tisch vorüberwankte, hielt Don ihn an und deutete auf den unwillkommenen Bauchfüßler im Grünzeug seiner Frau.
    In der Taille einknickend, beugte sich Peter tief vor, um den Teller zu inspizieren.
    »Vielen Dank auch«, sagte er und ergriff die pulsende lebende Nacktschnecke mit Daumen und Zeigefinger. »Seien Sie sehr bedankt, Herzchen.« Er ließ die Schnecke in sein Glas Champagner fallen, kippte es sich hinter die Binde und rülpste. »Wie eine schön saftige Schnecke, aber ohne das störende Gehäuse. Scheißköstlich.«
    Ich kam früh, wie ich es bei Verabredungen stets zu tun pflege, und wurde nach oben geführt. Mark traf auf die Minute pünktlich ein.
    »Hoffe, Sie haben nichts dagegen, hier oben zu sitzen«, sagte er. »Für den Fall, dass Peter umherstreicht, sind wir ungestörter. Kennen Sie ihn?«
    Ich gestand, ihn nicht zu kennen.
    »Belassen Sie es dabei«, sagte Mark.
    Boxer war ein attraktiv aussehender Mann von ungefähr fünfzig, nehme ich an, aber jugendlich auf sprühende, beinahe elfenhafte Weise. Verheiratet war er mit Anna Ford, der Nachrichtensprecherin und Mitbegründerin von TV-AM. Während der ersten beiden Gängegab sich Mark charmant, witzig und unverbindlich, als sei der Grund für unser gemeinsames Mittagessen rein privat. Er fesselte mich mit Geschichten über seine Zeit in Cambridge.
    »Es war eine ziemlich große Sache damals, sich als homosexuell zu präsentieren. Ich pflegte fantastisch enge weiße Hosen zu tragen und den Rugbyspielern zu sagen, sie seien die herzigsten Sahnestückchen auf der Welt. Es war eigentlich eher seltsam, wenn man sich nicht so verhielt. Zumindest in meinem Kreis. Niemand zuckte auch nur mit der Wimper, wenn man sich als Gay gab. Und natürlich brachte es die Mädchen dazu, sich dir an den Hals zu werfen. Wussten Sie, dass ich außer Shelley der Einzige bin, den man wegen Atheismus von der Universität verwiesen hat?«
    »Nein! Tatsächlich?«
    »Nun, ganz so war es nicht. Ich war Chefredakteur von
Granta
und veröffentlichte ein Gedicht von irgendjemandem, das nach Ansicht der Universitätsinstanzen blasphemisch war. Man verlangte, dass ich als verantwortlicher Chefredakteur relegiert wurde, aber E. M. Forster und Noel Annan und andere sprangen mir zur Seite und verteidigten mich. Man gab sich also mit einer Suspendierung zufrieden, die sie fieserweise auf die May Week legten, so dass ich den May Ball verpassen würde. Aber natürlich übersahen sie die Tatsache, dass Bälle bis weit nach Mitternacht dauern. Also kehrte ich Schlag zwölf im Frack ins King’s zurück und wurde wie ein siegreicher Held auf den Schultern von Zelt zu Zelt getragen. Es war einfach zu herrlich.«
    Es war schwer, zu glauben, dass dieser

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