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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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rezensieren, bediente ich mich eines erdachten Verfassernamens:
     
Williver Hendry, Herausgeber von
Eine höchst seltsame Freundschaft: Der Briefwechsel zwischen Lord Alfred Douglas und Jack Dempsey
und Autor von
Der aufgehenden Sonne entgegen
sowie
Notate aus einer purpurnen Ferne: Erinnerungen an Ischia
wirft einen wohlwollenden Blick auf einige Erscheinungen im Juni …
     
    Nur dass es ganz und gar kein wohlwollender Blick war. Feige hinter diesem
nom de guerre
in Deckung gegangen, war ich scheußlich gemein zu einem gewissen Baron de Massy, einem Neffen von Fürst Rainier, der eine Autobiographie geschrieben hatte, die sich in hinternlähmendem, snobistischem Monaco-Gefasel über Ferraris, Polospieler und Kokain schniefende Tennisspieler erging. »Hier ist die Verbindung von Stil und Inhalt, die wir bei großer Literatur zu finden hoffen«, schrieb ich, oder eher Williver. »Ein verheerend vulgäres und wertloses Leben, das in verheerend vulgärer und wertloser Prosa geschildert wird.«
    Meine Karriere als Literaturrezensent war kurzlebig, dauerte aber lange genug, um mich spüren zu lassen, dass es nicht mein Metier war. Glücklicherweise oder leider (vielleicht vergleichbar mit dem, was Fußballer einen Fifty-fifty-Ball nennen) kann ich es nicht ertragen, andere Menschen zu verärgern. Vielleicht sollte ich um der Wahrheit willen lieber sagen, dass ich es nicht ertragen kann, zu wissen, dass Menschen herumlaufen, die ich verärgert habe und die deswegen Schlechtes von mir denken. Mein überwältigendes Bedürfnis, zu gefallen und gemocht zu werden, ist bestimmt nicht unbemerkt geblieben. Manchmal stelle ich mir voller Hoffnung vor, dass es sich dabei um eine letztlich annehmbare und akzeptable charakterliche Marotte handelt,aber ich bin lange genug auf der Welt, um zu wissen, dass diese Eigenschaft eher abstößt als anzieht.
    Selbstverständlich sind Kritiker dazu da, ihre Meinung zu den Werken, die man ihnen geschickt hat, kundzutun. Im Leben eines Rezensenten wird schnell der Tag kommen, an dem ein Buch eintrifft, das zu schlecht ist, um ihm mit anderem zu begegnen als dem schonungslosen Verriss, den es seiner Meinung nach verdient. Er schilt es und seinen Autor dazu, verspottet es, entlarvt es, stellt es an den Pranger und haut es in die Pfanne. Für kurze Zeit ist es ein herrliches Gefühl, einen Autor herunterzuputzen, sich in beißender Prosa über seine Unzulänglichkeiten lustig zu machen und seine Prätentionen zu zerfetzen. Schließlich ist man wochenlang gezwungen gewesen, Romane zu lesen, Autobiographien, Historien, Reiseführer, Ratgeber und Sammlungen, von denen die meisten – furchtbares Wort, würde Wallace Arnold sagen –
ansprechend
sind. Sie sind qualitätsvoll genug, um ihre Veröffentlichung zu rechtfertigen, und wenn man spitzfindig ist und milde gesonnen wie ich, fällt es meist nicht schwer, etwas an ihnen zu finden, das einem gefällt. Aber ob du es willst oder nicht, wappnet sich deine Seele, und du siehst unter den Autoren und Verlegern nur noch Feinde. Sie hämmern zu jeder Tages- oder Nachtzeit an deine Tür und fordern lauthals deine Aufmerksamkeit. So viele von ihnen, und alle haben so viel zu sagen. Ihre Schrullen, kleinen Fehler und Manierismen werden zur Belastung, aber du appellierst an die eigene Vernunft, solange du kannst. Eines Tages, während all das immer mehr in dir hochkocht, summt die Sprechanlage, und ein Motorradkurier steht draußen im Regen mit einem Paket, das du quittieren musst. Nachdem der in Leder gekleidete Gesandte derGroßstadt die vertrauten Sprüche wie: »Hätten Sie was dagegen, wenn ich Ihre Toilette benutzen würde?«, und: »Oh, dürfte ich vielleicht Ihr Telefon benutzen, um bei mir in der Zentrale anzurufen?«, oder gar: »Sollen wir gleich hier und jetzt Sex haben?«, losgeworden ist, bleibe ich allein mit der Lieferung zurück. Und diesmal ist das eine Buch darunter. Das Mistding.
    Nebenbei bemerkt hat wohl niemand, der meint, ein Literaturrezensent habe ja zumindest das Privileg, jeden Montag Hunderte Bücher umsonst ins Haus zu bekommen, die sein schlimmes Schicksal lindern, je von den unkorrigierten gebundenen Fahnen gehört: Dabei handelt es sich um dünnblättrige, eilig zusammengebastelte Vorabexemplare, die an Rezensenten und allerlei Menschen geschickt werden, die aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem zündenden Satz aufwarten können, der sich auf den Schutzumschlag der späteren Originalausgabe drucken lässt –

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