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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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persönlichen Rezensionsregeln zu brechen brauchte, war alles gut.

Confirmed Celibate – Eingefleischt zölibatär
     
    Wie war es zu alledem gekommen? Warum richteten die Redakteure ihr Augenmerk überhaupt auf mich? Was motivierte Mark Boxer, sich mit mir in Verbindung zu setzen? Warum trat Russell Twisk an mich heran? Also, es ist durchaus möglich, dass ich meine Karriere als Journalist einem Mann namens Jonathan Meades verdanke. Wenn Sie anspruchsvolles Fernsehen mögen, werden Sie wissen, wen ich meine. Er trägt anthrazitfarbene Anzüge und Sonnenbrille, und er redet über Architektur, Speisen und Getränke und Kultur (hoch und niedrig) so brillant wie niemand sonst: Viele Jahre lang war er der Restaurantkritiker von
The Times
, und viele dürften der Meinung sein, dass er – ohne Giles Coren und seiner Generation zu nahe treten zu wollen – auf diesem Feld noch niemals übertroffen worden ist. Mitte der achtzigerJahre bekleidete er eine Position beim
Tatler
, die man wohl am besten mit »Kulturredakteur« bezeichnet. Irgendwie kam er in den Besitz meiner Telefonnummer, vielleicht durch Don Boyd, der ja jeden kannte.
    »Vergeben Sie mir, dass ich so aus heiterem Himmel anrufe«, sagte er. »Mein Name ist Jonathan Meades, und ich arbeite für das Magazin
Tatler
. Ihre Nummer habe ich vielleicht von Don Boyd bekommen, der ja jeden kennt.«
    »Hallo. Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich stelle einen Artikel zusammen, in dem Menschen von etwas berichten, das sie
nicht
tun. Gavin Stamp zum Beispiel erklärt, warum er sich nicht ans Steuer setzt, und Brian Sewell schreibt, warum er niemals in Urlaub fährt. Ich habe mich gefragt, ob Sie sich vielleicht beteiligen würden.«
    »Gütiger! Äh …«
    »Na? Gibt es etwas, das Sie nicht tun?«
    »Hm.« Ich kramte hektisch in den entlegensten Hinterstübchen meines Hirns. »Tut mir leid, aber mir fällt wirklich nichts ein. Also, ich erwürge keine kleinen Katzen und vergewaltige auch keine Nonnen, aber ich nehme an, hier geht es um Dinge, die …«
    »… um Dinge, die wir nicht tun, der größte Teil der Menschheit aber tut. Genau. Nichts?«
    »Oh!« Mir kam plötzlich ein Gedanke. »Ich betreibe keinen
Sex
. Was meinen Sie, würde das auch zählen?«
    Es folgte eine Pause, und ich fragte mich bereits, ob die Leitung tot war.
    »Hallo? … Jonathan?«
    »Vierhundert Wörter bis Freitagnachmittag. Kann nicht mehr anbieten als zweihundert Pfund. Abgemacht?«
    So ganz verstehe ich bis zum heutigen Tag nicht, warum ich meinen Körper vom sexuellen Verkehr mit einem zweiten so lange fernhielt, wie es damals geschah. Kim und ich waren in uneingeschränktem und wahrstem Sinne in Cambridge zu Partnern geworden und es ungefähr einen Monat lang auch geblieben. Seither verspürte ich immer weniger Interesse am Sex, während Kim einem konventionelleren und erfüllten erotischen Lebenslauf folgte und inzwischen einen neuen Partner gefunden hatte, den attraktiven Gräcoamerikaner Steve. Kim und ich schätzten einander noch immer über alles und teilten uns weiterhin die Wohnung in Chelsea. Er hatte Steve, und ich hatte … ich hatte meine Arbeit.
    Wenn ich eine Theorie dazu habe, wie sich das Zölibat erklären ließe, das 1982 begann und erst 1996 enden sollte, dann die, dass mir in jenem Zeitabschnitt die Arbeit alles andere in meinem Leben ersetzte. Welche Wirkung auch immer die mehrfachen Schulverweise, die sozialen und akademischen Misserfolge und die endgültige Erniedrigung durch den Gefängnisaufenthalt auf mich gehabt haben mögen, ich bin davon überzeugt, dass meine Flucht nach Cambridge in letzter Minute und die Entdeckung, dass es Aufgaben gab, die ich leisten konnte und für die ich Wertschätzung erfuhr, mich wachrüttelten und in eine Orgie konzentrierter Arbeit katapultierten, von der ich nicht abgelenkt werden konnte und auch nicht wollte, nicht einmal durch die Aussicht auf sexuelle oder romantische Erfüllung. Vielleicht waren Karriere, Konzentration, Kreativität und Kraftanstrengung meine neue Lieblingsdroge geworden.
    Arbeit kann zur Sucht werden wie alles andere auch. Liebe zur Arbeit kann das Familienleben ruinieren,wenn sie zur Besessenheit wird, die nahestehende Mitmenschen anödet, ärgerlich macht, beleidigt oder mit Besorgnis erfüllt. Wir alle wissen, dass Drogen, Alkohol und Tabak schlecht sind, aber man hat uns in dem Glauben erzogen, dass Arbeit gut ist. Als Resultat füllt sich die Welt mit Familien, deren Mitglieder erzürnt sind, dass man sie

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