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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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für eine Verschwendung! Was für eine törichte, egoistische, hohlköpfige, indolente und freche Verschwendung mein Leben gewesen ist!
    Es mag nicht gerade überraschen, aber vielleicht ist es auch nicht ganz so selbstverständlich, wenn ich darauf verweise, dass es weitaus dünkelhafter von mirwäre, mein Leben als Verschwendung zu beklagen, als einigermaßen zufrieden damit zu sein, wie es sich entwickelt hat. Jegliches Bedauern über mangelnde Errungenschaften unterstellt doch, dass ich wirklich daran glaube, das Talent besessen zu haben – wenn ich mich denn auf eine einzige Sache konzentriert hätte –, einen
großen
Roman zu schreiben oder einer der
großen
Schauspieler, Regisseure, Stückeschreiber, Poeten und Staatsmänner zu werden, oder wozu sonst auch immer ich mir vormachte, die Befähigung zu besitzen. Aber ob ich dazu die Fähigkeit hätte oder nicht, ist unerheblich, denn ich weiß genau, dass es mir an Ehrgeiz fehlt, an Konzentration, an Zielstrebigkeit und ganz besonders am
Willen,
und ohne das sind Talente nutzlos wie ein Motor ohne Treibstoff. Womit ich aber nicht sagen will, dass ich faul und ohne Ehrgeiz bin, wenn es um kurzfristige Ziele geht. Man könnte vielleicht sagen, ich sei ein guter Taktiker, aber hoffnungslos als Stratege, froh, mich abzuplagen mit dem, was ich vor der Nase habe, aber nicht in der Lage, auf lange Sicht zu planen oder mir die Zukunft auszumalen. Ein guter Golfspieler, sagt man, muss ein Bild von seinem Schwung im Kopf haben, bevor er den Ball anspricht, um ihn zu schlagen. Mein gesamtes Leben war ein Abenteuer aus Abschlagen und Hoffen.
    Aber Sex. Ja, ich fürchte, wir müssen auf Sex zurückkommen. Wir sprachen über den Auftrag für den
Tatler.
Ich schrieb den Artikel für Jonathan Meades und skizzierte darin meinen Widerwillen dagegen, von der Natur mit dem brennenden Instinkt gegeißelt zu sein, in »jenen feuchten, dunklen, übelriechenden und ekelhaft buschigen Körperregionen« zu schürfen, die »auf dem Bankett der Liebe die Hauptspeisen abgeben«, undwies auf meine Empfindung hin, dass die gesamte Angelegenheit erniedrigend, geschmacklos und lästig sei. Ich behauptete, dass ein Leben ohne Sex und ohne die Gegenwart eines Partners zahlreiche Vorteile biete. Die Abstinenz erlaube Produktivität, Unabhängigkeit und Muße, frei von den Zwängen, den Willen und die Wünsche eines anderen Menschen zu beschwichtigen oder zu erfüllen: Erlöst von den erniedrigenden Imperativen erotischen Verkehrs lasse sich ein neues und besseres Leben führen. Sex sei überbewertet und eine Zumutung. »Außerdem«, gestand ich am Ende des Artikels ein, »habe ich Angst, dass ich dabei nicht besonders gut bin.«
    Der Artikel wurde in diversen Zeitungen zitiert und ganz oder in Auszügen nachgedruckt, und während der nächsten zwölf Jahre wurde es fast zur Gewohnheit, dass dieses spezielle Wort mir beigeordnet wurde, so wie Gwyneth Paltrow das Adjektiv makrobiotisch und Sting der Begriff tantrisch. Ich gesellte mich zu Cliff Richard und Morrissey als eines der merkwürdigen Aushängeschilder des Zölibats. Profiler, Talkshow-Gastgeber und Interviewer fragten mich in den folgenden Jahren, ob ich immer noch »bei der Stange« geblieben sei (haha!), ob ich sexuelle Abstinenz als Lebensweise empfehlen würde und wie ich mit der Einsamkeit des Single-Daseins umginge. Ich hatte mir mit diesem Artikel den Knüppel, mit dem man auf mich einprügelte, selbst geschnitzt, aber ich habe es niemals bedauert, ihn geschrieben zu haben. Ich sagte darin aber die Wahrheit, mehr oder weniger, wie es bei solchen Dingen immer ist.
Tatsächlich
empfand ich die Angelegenheiten des Eros als lästig und peinlich. Ich genoss die Unabhängigkeit und Freiheit, die sich mir boten, weil ich ungebunden war, und ichbefürchtete tatsächlich, beim Sex nicht besonders gut zu sein. Sollte ich meine panische Angst, abgelehnt zu werden, etwa leugnen oder die Geringschätzung, die ich für meine physische Erscheinung empfand?
    Je mehr Jahre verstrichen, desto geringer wurden die Chancen, eine echte Beziehung zu knüpfen, denn ich fühlte mich immer weniger versiert in der Kunst der Liebe und immer weniger sicher, wie ich es anstellen sollte, je einen Partner zu finden. Für den Fall, dass ich überhaupt einen wollte. Es gab einfach so viel zu
tun
. Ich probte in London, bevor es hinunter nach Chichester ging, um mit
Forty Years On
zu beginnen, ich arbeitete an
Me and My Girl
, schrieb zuhauf journalistisch und

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