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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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mindestens zehn Zentimeter überragte und sogar noch viel größer wirkte. Wenn er die Treppen rauf- und runterlief, wackelte das Haus. Neugierig und begeistert begegnete er unbelebten Artikeln und Objekten aller Art, lebenden Pflanzen und allen Kreaturen, sich selbst, anderen Menschen, der Welt und dem gesamten Universum. Die fundamentalen Gesetze, Prinzipien und akzeptierten Systeme, die allem zugrunde liegen und von fast allen als selbstverständlich hingenommen werden, erschienen ihm faszinierend, zum Schmunzeln und auf reizvolle Weise abwegig. Mehr als jeder Mensch, den ich je kennengelernt habe, verband er kindliche Einfachheit mit höchst differenziertem Verständnis und komplexer Intelligenz.
    Wenn ich nicht arbeitete, pflegte ich fast jeden Tag zu seinem Haus an der Upper Street zu gehen und wie ein schüchterner Schulbub seine Frau Jane zu fragen, ob er Zeit zum Spielen habe. Er hatte natürlich nie Zeit zum Spielen, weil er ewig von Deadlines bedroht war, und deswegen spielten wir. Natürlich. Eine Bemerkung von Douglas zum Thema Deadlines bleibt der ultimativeKommentar: »Ich liebe Deadlines, und besonders liebe ich das Rauschen, mit dem sie vorüberfliegen.«
    Wie sah unser Spiel aus? Worum ging es dabei? Autorennbahn? Spielzeugeisenbahn? Jam-Sessions? Verkleiden? Nein – ich fürchte, Sie dürften es bereits erraten haben. Douglas war die einzige Person, die ich kannte, die wie ich einen Macintosh-Computer besaß. Und wie ich war er immer auf dem neuesten Stand: Kaum brachte Apple eine neue Maschine heraus, kaufte er sie. Und wie mir gefiel sie ihm nicht nur, sondern er liebte sie, glaubte an sie, wollte sie am liebsten von höchster Warte laut preisen für ihre wegweisende, weltverbessernde Bedeutsamkeit. Wie ich konnte er nicht fassen, wie viele Menschen sich an die IBM-kompatib len Betriebssysteme CP/M oder das neue Disk-Operating-System MS-DOS gekettet hatten, die nicht mehr vollbrachten, als Text auf den Bildschirm zu bringen. Wir glaubten daran, dass die Maus, die Icons, die aufklappenden Auswahlmenüs und die Idee der graphischen Bildschirmoberfläche der zukunftsweisende Weg sein mussten, und wir regten uns sehr schnell auf und wüteten gegen diejenigen, die es nicht so sahen. Wie alle Fanatiker müssen wir furchtbar langweilig, lümmelhaft und lästig gewesen sein. Zusammen nahmen wir den Weg vom 512 »Big Mac« zum Mac Plus mit seiner magischen SCSI-Schnittstelle und von dort zum Mac II mit Farbmonitor. Douglas konnte es sich ohne Probleme leisten, und als der Rubel für
Me and My Girl
weiterhin rollte, vermochte ich allmählich, bei seiner Ausgabenfreude Pfund für Pfund mitzuhalten. Ein Segen war es, in jenen Aufbruchzeiten zu leben, aber überdies auch Geld zu haben war paradiesisch.
    Bis das Internet nennenswerte Bedeutung bekam,sollten noch Jahre vergehen. Es gab noch kein World Wide Web, auch Server, Dienste und Protokolle wie WAIS, Gopher, Veronica, Jughead, SuperJANET und Archie, heute längst todgeweiht, waren damals Träume der Futuristen. Es hatte Prestel gegeben, einen frühen Online-Dienst, der vom Post Office betrieben wurde und ohne Murren auf meinem alten BBC Micro lief und das Versenden einfacher Mails und Nachrichten erlaubte, und es gab auch noch Compuserve, einen kommerziellen Online-Dienst, in den sich der normale Nutzer mit Hilfe eines simplen Akustikkopplermodems einloggen konnte. Zu den aufregenden Aspekten des sich entfaltenden Internets wie E-Mail, Telnet und FTP hatten wir zu unserer Qual keinen Zugang, denn sie waren der akademischen Welt und der Regierung vorbehalten. Die meiste Zeit verbrachten Douglas und ich damit, kleine Programme herunterzuladen (besonders solche, die »Inits« hießen) und sie auf unseren Maschinen auszuprobieren, bis sie abstürzten. Wirklicher Sinn stand hinter alledem nicht. Wenn Jane uns fragte, warum wir das tun mussten, was wir taten, und was der
Zweck
dessen sei, wie sie es als realistische, scharfsinnige und pragmatische Anwältin von Zeit zu Zeit tat, sahen wir einander entgeistert an.
    »Zweck?« Douglas kostete das Wort aus, als nehme er es zum ersten Mal in den Mund.
    Und ich zitierte in solchen Fällen König Lear: »Oh, streite nicht, was nötig sei.«
    Für manche Menschen sind Computer, digitale Geräte und Maschinen dieser Art funktionelle Objekte, deren Zweck es ist, sich als dienstbar zu erweisen, indem sie spezielle Aufgaben erledigen. Wenn ein wenig Getüftel nötig ist, um dafür zu sorgen, dass diese Funktionenbesser

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