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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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im Lehrertalar küsst, während im Hintergrund ein Cricketspiel läuft. Die graphische Gestaltung war umwerfend, die Typographie und die Farbauswahl waren höchst beeindruckend, der Gesamteindruck war exquisit. Es schockierte, aber es war auch witzig, elegant und anziehend, eben das, was ich mir auch von dem Stück erhofft hatte.
    Die Produzenten der Mummers, Jo und David, schickten, kaum dass wir eingetroffen waren, eine Armee von Freiwilligen (mit anderen Worten das Ensemble) an alle Enden von Edinburgh, um die Plakate für unsere Vorstellungen anzuklammern oder zu kleben, wo wir konnten. Es stellte sich sehr schnell heraus, dass unser
Latein!
-Plakat äußerst gefragt war. Kaum hatten wir es aufgehängt, war es auch schon geklaut, und da nützte es auch nichts, wenn wir es vorsichtshalber einrissen, um seinen Sammlerwert zu vermindern. Immer öfter wurden für mich im Mummers Hauptquartier in Riddle’s Court Anfragen hinterlassen, in denen Geld für übriggebliebene Plakate geboten wurde. Sie waren zu Sammlerstücken geworden. In einem seltenen Ausbruch unternehmerischen PR-Eifers rief ich beim
Scotsman
an und tat so, als sei ich bestürzt darüber, dass unsere Plakate gestohlen wurden, kaum dass wir sie aufgehängt hatten. Wie erhofft, veröffentlichten sie einen kleinen Absatz mit dem Bild des Plakats und der Überschrift: »Ist dies hier das meistgestohlene Plakat in Edinburgh?« Der Kartenverkauf sprengte daraufhin alle Erwartungen, und
Latein!
war für die gesamten zwei Wochen seiner Laufzeit ausverkauft.
    Latein!
wurde nachmittags gegeben, aber die abendliche Hauptattraktion war
The Roaring Girl
. Zum Ensemble gehörte ein attraktiver und amüsanter Undergraduatevom Trinity Hall namens Tony Slattery, der aussah wie ein junger Charles Boyer und sich aufführte wie ein schlecht erzogener, aber anhänglicher Welpe. Er studierte Moderne und Mittelalterliche Sprachen mit dem Schwerpunkt Französisch und Spanisch. Er hatte Großbritannien im Judo vertreten und war schon als Teenager in seiner Gewichtsklasse britischer Meister geworden. Er sang, spielte Gitarre und konnte ungeheuer komisch sein. In seiner Rolle als geckenhafter Lord steckte er sich jeden Abend eine größere Feder an den Hut. Am Ende der ersten Woche streifte die Feder bereits die Decke des Raums. Das gesamte Ensemble einschließlich Annabelle Arden in der Hauptrolle der Moll Cutpurse verfiel in unkontrolliertes Kichern, sobald er sich tief verbeugte und dadurch der riesige Federbusch über unseren Köpfen oder in unser Gesicht wippte und wedelte. Wenn Schauspieler aus der Rolle fallen, findet das Publikum manchmal Spaß daran, aber wenn es zu weit geht, fangen die Leute oft an, unruhig zu werden, zu raunen oder zu zischen. So war es an jenem Abend. Es war ausgesprochen unprofessionell – aber ausgesprochen unprofessionell sein darf man wunderbarerweise eben dann, wenn man Student ist und, nun, nicht professionell.
    Wir quetschten uns allesamt in eine Bude in der New Town, schlüpften in Schlafsäcke auf dem Fußboden und machten sogar noch Platz frei für meine Schwester Jo, die zu Besuch kam und sich mit bestimmten Mitgliedern unserer Truppe
sehr gut
verstand. Es war eine herrliche Zeit; die Stücke waren jeweils auf ihre eigene Weise Publikumserfolge. Die Freude wurde durch exzellente Kritiken untermauert. Der berüchtigte Nicholas de Jong urteilte so freundlich, dass mir die Verlegenheitsröte insGesicht stieg: »Stephen Fry ist ein Name, nach dem ich in Zukunft Ausschau halten werde, und das ist mehr, als ich von den meisten Autoren und Darstellern im Fringe sagen kann«, schrieb er. Ich bin seither für de Jong zur bitteren Enttäuschung geworden, glaube ich, aber zumindest waren wir uns am Anfang einig. Noch besser war die Nachricht, dass der
Scotsman
uns einen Fringe First verliehen hatte, den Preis, den in jenen Tagen jeder gewinnen wollte.
    Es blieb nur wenig Zeit, sich andere Aufführungen anzusehen.
Electric Voodoo
, wie die Footlights-Revue in jenem Jahr hieß, wurde von völlig anderen Darstellern als im Vorjahr in Szene gesetzt. Hugh Laurie, der hochgewachsene Typ mit den purpurroten Fähnchen auf beiden Wangen, war nicht dabei, ebenso wenig Emma oder Simon McBurney. Emma kam jedoch ins Riddle’s Court, um sich
Latein!
anzusehen, und sie brachte diesen Laurie mit.
    »Hullo«, sagte er, als sie ihn vor sich herschob, um ihn mir nach der Show vorzustellen.
    »Hullo«, sagte ich.
    »Das war sehr gut«, sagte er. »Hat mir wirklich

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