Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
Vom Netzwerk:
geschrieben hatte, Kurznummern, Songs oder Monologe, konnte am Tag vor dem Smoker in den Clubraum kommen und sein Material auf der Bühne vorstellen. DerKomiteeangehörige, der den jeweiligen Smoker leitete, hatte die Befugnis, ja oder nein zu sagen. Bei einem Ja wurde die jeweilige Nummer in die Programmabfolge aufgenommen: Die Präsentationen liefen weiter, bis für ein Abendprogramm genug zusammen war. Der große Vorteil dieses Systems bestand darin, dass zum Beginn der May-Week-Revue eine Menge Material zur Auswahl stand und man unter vielen Darstellern wählen konnte, die sich alle bereits einem Publikum gestellt hatten. An den meisten anderen Universitäten verfügt man nicht über ein vergleichbares Nachschubsystem. Josh und Mary an der Warwick oder Sussex könnten sagen: »He, wir sind witzig, schreiben wir eine Show, und treten wir damit in Edinburgh auf! Wir lassen Nick und Simon und Bernice und Louisa mitspielen, und Baz kann die Songs schreiben.« Sie sind wahrscheinlich alle sehr komisch und talentiert, aber ihnen fehlen das Jahr Praxis und Erfahrung sowie ein Reservoir an bewährtem Material, auf das eine Footlights-Show zurückgreifen kann. Ich glaube, das ist letztlich der Grund dafür, dass der Club Jahr für Jahr so erfolgreich ist. Deswegen sind seine Tourneen immer ausverkauft, und deswegen machen junge Leute mit einer Vorliebe für Comedy auf dem Antragsformular für das Universitätsstudium ihr Kreuzchen neben Cambridge.
    Der Clubraum der Footlights war ein langgestreckter und niedriger Raum unter der Union Chamber und verfügte über eine kleine Bühne mit einem Scheinwerfergerüst und eine Art Bar auf der anderen Seite. An allen Wänden hingen gerahmte Plakate früherer Revuen und Fotos ehemaliger Footlighters. In ihren Dufflecoats, schwarzen Rollkragenpullovern, Tweedjacketts oder Windjacken, mit gelehrt anmutenden schwarzen Hornbrillenauf der Nase und filterlosen Zigaretten zwischen den Lippen wirkten sie alle so viel älter, als sie waren, so viel cleverer, so viel talentierter und um Längen weltgewandter. Sie sahen nicht aus wie Mitglieder einer studentischen Comedy-Truppe, sondern eher wie französische Intellektuelle vom linken Seine-Ufer oder avantgardistische Jazzmusiker. Peter Cook, Jonathan Miller, Bill Oddie, Graeme Garden, John Cleese, David Frost, John Bird, John Fortune, Eleanor Bron, Miriam Margolyes, Douglas Adams, Germaine Greer, Clive James, Jonathan Lynn, Tim Brooke-Taylor, Eric Idle, Graham Chapman, Griff Rhys Jones, Clive Anderson …
    »Hier hört die Tradition auf«, murmelten Hugh und ich, wenn wir zu ihnen aufschauten, um uns inspirieren zu lassen, und sich unsere Blicke mit den ihren trafen. Eine solche Tradition, eine so reiche Geschichte wie die des Footlights Club, bot zum Teil Inspiration und Ermutigung, aber erschien auch wie ein unüberwindbares Hindernis und eine unerträgliche Bürde.
    Weder Hugh noch ich spielten auch nur eine Sekunde lang ernsthaft mit dem Gedanken, eine Karriere auf dem Comedy-Sektor, im Theater oder sonst einem Zweig des Showbusiness ins Auge zu fassen. Ich würde für den Fall, dass ich mir im Abschlussexamen die Bestnote angelte, wahrscheinlich in Cambridge bleiben, eine Doktorarbeit schreiben und abwarten, was ich der akademischen Welt zu bieten hatte. Ganz tief im Innersten hoffte ich, dass es mir gelingen würde, Stücke und Bücher zu schreiben, und zwar trotz, wegen oder einfach neben welcher Dauerausstellung auch immer, die sich mir an der Universität bieten sollte. Hugh behauptete, er würde mit der Polizei in Hongkong liebäugeln. Es hatte einen oder zwei Korruptionsskandale in der Kronkolonie gegeben,und ich glaube, ihm gefiel die Vorstellung, als eine Art Serpico in weißen Shorts und mit scharfer Bügelfalte als einsamer ehrbarer Cop den ganz, ganz schmutzigen Job zu erledigen … Emma, daran zweifelte niemand von uns, würde hinausgehen und ihre Bestimmung erfüllen, ein Weltstar zu werden. Sie hatte bereits einen Agenten. Ein bedrohlich eindrucksvoller Typ namens Richard Armitage, der einen Bentley fuhr, Zigarren rauchte und eine alte Eton-Schulkrawatte trug, hatte sie bei seiner Firma Noel Gay Artists unter Vertrag genommen. Er repräsentierte auch Rowan Atkinson. Emmas Zukunft war gesichert.
    Natürlich will das alles nicht sagen, dass Hugh und mir der Ehrgeiz fehlte. Wir waren auf die ganz besondere negative Weise ehrgeizig, die wir zu unserer Spezialität gemacht hatten: ehrgeizig, uns nicht zum Narren zu machen. Wir

Weitere Kostenlose Bücher