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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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umschreibt, dann besteht kein Zweifel, dass wir jeder exakt die Qualitäten und Unzulänglichkeiten besaßen, die dem anderen am meisten fehlten. Hugh hatte Musik im Blut, ich nicht. Er besaß die Fähigkeit, charmant zu blödeln und den Clown zu spielen. Er bewegte sich, stürzte und sprang wie ein Athlet. Er besaß Autorität, Präsenz und Würde. Ich hatte … Moment mal, was hatte
ich
eigentlich? Das Talent zum Sprücheklopfen und Redegewandtheit, nehme ich an. Verbale Versatilität. Gelehrsamkeit. Hugh sagte immer, ich würde das Geschehen mit dem ausstatten, was er
gravitas
nannte. Obwohl er auf der Bühne große Souveränität ausstrahlte, hatte ich ihm doch etwas voraus, wenn es galt, ältere Autoritätspersonen zu verkörpern. Und ich schrieb. Ich meine damit, dass ich physisch Zeilen mit Stift und Papier oder Schreibmaschine niederschrieb. Hugh hatte die Sätze und dieForm der Monologe und Songs, an denen er arbeitete, im Kopf und schrieb sie nur dann auf oder diktierte sie, wenn für den Inspizienten oder die Verwaltung ein Skript gebraucht wurde.
    Hugh war darauf bedacht, dass der Footlights Club erwachsen wirkte, aber nie zufrieden damit oder, Gott bewahre, cool. Wir hatten beide gleichermaßen einen Horror vor cool. Sonnenbrillen zu tragen, wenn die Sonne nicht schien, gequält, sorgenvoll und emotional gebeutelt auszusehen, diese hämisch-mokante »Äh?!!
Was
?«-Grimasse beim Anblick von Dingen zu ziehen, die man nicht verstand oder von denen sich zu distanzieren man für angesagt hielt. Wir verabscheuten jedweden faden, selbstbezogenen und stilisierten Narzissmus. Lieber wie ein naiver Einfaltspinsel wirken, fanden wir, als abgestumpft, ausgelaugt und lebensüberdrüssig. »Wir sind
Studenten
, verdammt«, war unser Credo. »Andere Menschen machen uns die Betten und räumen unsere Zimmer auf. Wir wohnen in mittelalterlichen Zimmern mit getäfelten Wänden. Wir haben Theater, Druckereien, erstklassige Cricket Pitches, einen Fluss, Boote, Bibliotheken und alle Zeit der Welt zur Entspannung, für Spaß und Vergnügen. Welches Recht haben wir, zu maulen und zu mosern und in der Gegend umherzuschleichen wie geschunden?«
    Wir konnten von Glück sagen, dass die Zeit der jungen Leute, die Stand-Up-Comedy machen, noch nicht gekommen war. Die Vorstellung, und leider ist sie ja inzwischen zur Realität geworden, dass gequälte Emo-Studenten sich lustlos und missverstanden an ihren Mikroständer klammern und mit der Welt hadern, die ihnen so große Lasten aufbürdet, wäre für ihn und mich unerträglich gewesen. Wir waren extrem hellhörig undempfindsam, was Dünkelhaftigkeit, ästhetische Dissonanzen und Heuchelei betraf. Die Jungen sind so selbstgefällig. Ich hoffe, wir sind inzwischen viel toleranter.
    Fast niemand, mit dem wir in Cambridge oder später zusammengearbeitet haben, schien unsere Ästhetik, wenn ich ein so großes Wort gebrauchen darf, zu teilen oder auch nur zu verstehen. Dass wir in unserer Comedy-Karriere Schwierigkeiten bekamen, lag wahrscheinlich an der Furcht, unoriginell zu erscheinen, großspurig zu wirken, trivial zu sein oder in den Ruch zu geraten, jemals den Weg des geringsten Widerstands gegangen zu sein. Dieselben Ängste waren es vielleicht auch, die uns zu unseren besten Leistungen angespornt haben, und daher gibt es keinen Grund, die Sensibilität und die Akribie zu bereuen, die anscheinend nur wir beide teilten. Wir gewöhnten uns schon bald an den Ausdruck von Verwirrung, der über die Mienen derjenigen huschen konnte, die etwas vorschlugen, das ungewollt unserem Instinkt dafür zuwiderlief, was komisch oder nicht komisch sein könnte, passend oder unpassend. Ich glaube nicht, dass wir uns je aggressiv oder unfreundlich verhalten haben, schon gar nicht absichtlich, aber wenn zwei Menschen Prinzipien und Ansichten so deckungsgleich teilen, muss das auf Außenstehende sehr befremdlich wirken, und ich nehme an, dass zwei hochgewachsene Public-School-Absolventen wie wir furchteinflößend und unnahbar gewirkt haben dürften. Insgeheim fühlten wir uns gar nicht so. Ich möchte uns aber nicht als ernste, dogmatische Ideologen darstellen, als den Frank und die Queenie Leavis der Comedy. Die meiste Zeit verbrachten wir mit Lachen. Die kleinsten Dinge ließen uns losprusten wie Teenager, aber vor kurzer Zeit waren wir ja auch noch welche gewesen.
    Nach Cambridge war Hugh als international erfolgreicher Ruderer vom Eton College gekommen, wo er sich zusammen mit seinem Schulfreund

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