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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Letzterer meldete uns, daß die Kukluxer sich bis jetzt ruhig verhalten hatten. Señor Cortesio kam nach, und bald folgten so viele andere Einwohner von La Grange, daß die Stube nicht für sie ausreichte, und manche draußen bleiben mußten. Das gab ein Gewirr von Stimmen und ein Geräusch von hin und her eilenden Schritten, aus welchem die Kukluxer entnehmen konnten, wie die Sache stand. Old Death nahm mich wieder mit hinauf in die Bodenkammer. Als wir das Brett entfernt hatten, bot sich uns ein Bild stillgrimmiger Verzweiflung. Die Gefangenen lehnten an den Wänden, saßen auf den Betten oder lagen auf der Diele und ließen in des Wortes eigentlichster Bedeutung die verhüllten Köpfe hängen.
    „Nun“, sagte Old Death, „die zehn Minuten sind vorüber. Was habt ihr beschlossen?“
    Er bekam keine Antwort. Nur einer stieß einen Fluch aus.
    „Ihr schweigt? Nun, so nehme ich an, daß ihr euch nicht ergeben wollt; das Schießen mag beginnen.“
    Er legte sein Gewehr an und ich das meinige. Sonderbarerweise fiel es keinem von ihnen ein, den Revolver auf uns zu richten. Die Schurken waren eben feig, und ihr Mut bestand nur in Gewalttätigkeiten gegen Wehrlose.
    „Also antwortet, oder ich schieße!“ drohte der Alte. „Es ist mein letztes Wort.“
    Keiner antwortete. Da flüsterte mir Old Death zu:
    „Schießt auch Ihr. Treffen müssen wir, sonst flößen wir ihnen keinen Respekt ein. Zielt dem Lieutenant nach der Hand, ich dem Capt'n!“
    Unsere zwei Schüsse krachten zu gleicher Zeit. Die Kugeln trafen genau. Die beiden Offiziere schrieen laut auf, und bald schrieen und heulten alle in einem widerlichen Konzert. Unsere Schüsse waren gehört worden. Man glaubte uns im Kampf mit den Kukluxern; darum krachte es in der Stube und draußen vor dem Fenster. Kugeln flogen durch die Türe und durch den Laden in die Schlafkammer. Mehrere Kukluxer wurden getroffen. Alle warfen sich zu Boden, wo sie sich sicherer fühlten, und schrieen, als ob sie am Marterpfahl gebraten werden sollten. Der Capt'n kniete vor dem Bett, hatte seine blutende Hand in das Leintuch gewickelt und rief zu uns empor:
    „Haltet ein! Wir ergeben uns!“
    „Gut!“ antwortete Old Death. „Tretet alle vom Bett weg! Werft eure Waffen auf dasselbe, dann wird man euch herauslassen. Aber derjenige, bei welchem dann noch eine Waffe gefunden wird, hat unerbittlich eine Kugel im Leib! Ihr hört, daß draußen Hunderte von Leuten stehen. Nur völlige Ergebung kann euch retten.“
    Die Situation, in welcher sich die Geheimbündler befanden, war eine hoffnungslose, denn an Flucht konnten sie nicht denken. Das wußten sie. Ergaben sie sich, was konnte ihnen da geschehen? Ihre Absichten waren nicht zur Ausführung gekommen; man konnte sie also der Ausführung eines Verbrechens nicht beschuldigen. Jedenfalls war es besser, sich dem Verlangen Old Deaths zu fügen, als einen nutzlosen Versuch, sich durchzuschlagen, zu machen, welcher schwere Folgen nach sich ziehen mußte. Also flogen ihre Messer und Revolver auf das Bett.
    „Gut, Mesch'schurs!“ rief der Alte ihnen zu. „Und nun will ich euch nur sagen, daß ich auch jeden niederschießen werde, welcher eine Bewegung macht, seine Waffe wieder wegzunehmen, wenn die Tür geöffnet wird. Nun wartet noch einen Augenblick.“
    Er schickte mich hinunter in die Wohnstube, um Lange die Weisung zu überbringen, die Kukluxer herauszulassen und gefangen zu nehmen. Aber die Ausführung dieses Auftrages war nicht so leicht, wie wir dachten. Der ganze von mehreren schnell requirierten Laternen erleuchtete Hausflur war dicht mit Menschen gefüllt. Ich trug außer der Kapuze noch die Verkleidung, so daß man mich für ein Mitglied der Geheimbande hielt und sich sofort meiner Person bemächtigte. Auf meinen Widerspruch wurde gar nicht gehört; ich erhielt Püffe und Stöße in Menge, so daß mich die getroffenen Stellen noch nach einigen Tagen schmerzten. Ich sollte augenblicklich vor das Haus geschafft und dort gelyncht werden.
    Ich war nicht wenig in der Klemme, da meine Angreifer mich nicht kannten. Besonders war es ein langer, starkknochiger Kerl, welcher mir seine Faust unausgesetzt in die Seite stieß und dabei brüllte:
    „Hinaus mit ihm, hinaus! Die Bäume haben Äste, schöne Äste, prächtige Äste, starke Äste, welche sicherlich nicht knicken, wenn ein solches Mannskind daran aufgeknüpft wird.“ Dabei drängte er mich nach der Hintertür zu. „Aber, Sir“, schrie ich ihn an, „ich bin kein Kuklux. Fragt

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