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0204 - Vorm Frühstück eine Kugel

0204 - Vorm Frühstück eine Kugel

Titel: 0204 - Vorm Frühstück eine Kugel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vorm Frühstück eine Kugel
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ein Schuß ins Blaue war.
    »Edward Earp«, sagte Phil mit einer einschläfernd monotonen Stimme, die nach zehn Minuten an die Nerven gehender Stille um so erschreckender wirkte, je weniger betont sie klang. »Edward Earp, es ist meine Pflicht, Sie davon in Kenntnis zu setzen, daß wir gegen Sie Anklage wegen Mordes erheben werden, begangen an dem heute früh aufgefundenen Kellner Fitzgerald Combers.« Earp riß ruckartig den Kopf hoch. Seine Augen schienen aus den Höhlen quellen zu wollen. Der Atem ging stoßweise. Seit über acht Stunden hatte man ihm Fragen vorgelegt. Fragen nach seinen Alibis während bestimmter Zeiten, Fragen nach seiner Beschäftigung, Fragen über die Kneipe in der 182. Straße. Aber nicht eine davon hatte sich auf Combers bezogen. Jetzt traf ihn dieser Satz mit der Wucht eines Hammers.
    Ein gurgelndes Stöhnen drang aus seinem offenen Munde.
    »Daß auf Mord die Todesstrafe steht, wissen Sie«, fuhr Phil mit seiner fast gelangweilt klingenden Stimme fort. »Wir werden Sie morgen früh dem Richter übergeben. Das Verhör ist geschlossen.« Totenstille. Earps Atem ging schneller. Plötzlich zuckte ein Beben durch seinen Körper. Er ließ den Kopf nach vorn sinken. Ein trockenes Schluchzen würgte seine Kehle.
    »Sie werden jetzt in Ihre Zelle gebracht«, sagte Phil. »Einzelhaft!«
    Earp hob den Kopf. Die Schweißperlen hatten sich mit Tränen vermischt. Sein ganzes Gesicht glitzerte im Widerschein der Schweiß- und Tränentropfen, die ihm an beiden Wangen hinabliefen.
    »Gehen Sie noch nicht«, winselte er. »Bitte, Sir, bleiben Sie. Man muß doch jemand haben, mit dem man mal darüber reden kann! Ich halte das doch nicht mehr aus. Ich will es erzählen. Ich will es endlich jemand erzählen. Ja, ich habe Combers umgebracht, umbringen müssen — wenn ich es nicht getan hätte, wäre ich selbst drangewesen. Der Boß hatte es doch befohlen! Ich will sprechen, Sir, ich will alles sägen!«
    Seine Stimme überschlug sich. Phil schob lautlos eine Zigarette über deh Schreibtisch, bis sie in den Lichtkreis der Lampe geriet. Als Earp mit zitternden Fingern nach der Zigarette griff, wußte Phil, daß er gewonnen hatte…
    ***
    Ab acht Uhr fanden sich in Liesers Kneipe einige Männer ein. Ich kannte sie nicht, merkte mir ihre Gesichter und wartete ab. Dahn gab einer ein Zeichen, wir bestiegen einen Wagen und fuhren ab. Ich hatte keine Ahnung wohin.
    Es war gegen halb zehn Uhr abends, als wir ankamen. Über dem Tor stand auf einem großen, tafelähnlichen Schild JOHN G. ALSWORTH — GROSS-BÄCKEREI. In kleineren Lettern stand darunter: Bürostunden von acht bis zwölf.
    Das Hoftor, das die Einfahrt abschloß, schien geschlossen zu sein. Einer von den Männern, die ich in der Kneipe kennengelernt hatte, klopfte mit der Faust ein bestimmtes Signal dagegen.
    Das Tor ging quietschend auf. Unser Wagen holperte hinein. Hinter uns wurde das Tor von einer schemenhaften Gestalt wieder geschlossen. Der Hof lag im Dunkeln. Aber die Männer mußten schon oft hier gewesen sein, denn sie gingen durch die Finsternis, ohne eine Sekunde nach dem rechten Weg suchen zu müssen.
    Wir betraten ein Gebäude, in dem es nach Mehl, Brot und Sauerteig roch. Im Erdgeschoß wandten wir uns nach rechts. Eine verschlossene Metalltür wurde wieder mit den Fäusten bearbeitet. Ein Riegel klirrte, die Tür ging auf.
    Eine Wolke undefinierbarer, aber vorwiegend säuerlicher Düfte strömte uns entgegen. Ein leichtes Summen hing in der Luft. Es ging eine steile Stiege abwärts. Wir kamen in ein Kellergeschoß, das sich in nichts von anderen Kellern unterschied. Jedenfalls zunächst nicht. Bis jemand vor einer Mauer stehenblieb, die aus Naturstein zu bestehen schien. Ich konnte nicht sehen, wer den Mechanismus bediente, aber plötzlich löste sich ein unregelmäßig gezacktes Stück aus der Mauer und schob sich vor. Es lief auf zwei Schienen, die man dahinter erkennen konnte, und öffnete so einen Durchgang. Dahinter gab es einen Schacht, in dem ein Fahrstuhl auf- und niederlief. Wir fuhren hinab.
    Das ganze Geheimnis war gelüftet. Wir kamen in eine Whisky-Fabrik, die sich nur in zwei Dingen von tausend anderen ähnlichen Unternehmen unterschied: Einmal lag sie' unter der Erde, zum änderen wußte das Finanzamt nichts von ihrer Existenz.
    Ich verstehe nichts von den Geheimnissen und Fertigkeiten dieses Handwerks. Ich sah eine Menge Behälter, Rohrleitungen und eigenartige Apparate, dazu ungefähr dreißig schwitzende Männer emsig

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