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0204 - Vorm Frühstück eine Kugel

0204 - Vorm Frühstück eine Kugel

Titel: 0204 - Vorm Frühstück eine Kugel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vorm Frühstück eine Kugel
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Ahnung, was sich eigentlich alles abgespielt hat. Ein junger Kerl wollte mich töten. Ich sprang den Kerl an, aber es löste sich doch noch ein Schuß. Er fuhr mir, glaube ich, dicht an der Schläfe entlang!«
    »Dicht ist gut«, sagte der Arzt. »Er hat die Haut fein säuberlich in seiner Bahn mitgenommen. Zwei Millimeter weiter hätte der Knochen daran glauben müssen, und das wiederum…«
    Er breitete die Arme aus, Handflächen nach außen, und zuckte die Achseln.
    Ich fuhr mit den Händen hoch und tastete meinen Kopf ab. Rings um mein Haupt wand sich etwas Weiches, Dickes, was wohl nur ein Verband sein konnte. Immerhin wunderte ich mich, daß ich nicht die leisesten Schmerzen mehr spürte. Aber vielleicht hatte mir der Doc eine Spritze gegen Schmerzen gegeben.
    »Komisch«, brummte ich. »Mir war, als wäre noch ein zweiter Schuß gefallen. Ich verstehe überhaupt nicht, daß ich noch am Leben bin. Er brauchte doch, als ich ohnmächtig wurde, nur noch einmal abzudrücken! Warum hat er es nicht getan?«
    »Er konnte es nicht mehr tun, Sir«, sagte der Leutnant ernst. »Als wir Sie beide fanden, hielten Sie noch in Ihrer Ohnmacht sein Handgelenk fest umklammert. Der zweite Schuß, der sich bei dem Handgemenge gelöst zu haben scheint, traf den Jungen. Er drang am rechten Schlüsselbein ein und kam auf der linken Seite, ziemlich weit unten, zwischen den Rippen wieder heraus. Die Linie führt genau durch das Herz…«
    ***
    Es war mittags gegen zwei Uhr, als ich die Kneipe in der 182. Straße betrat. Vorher hatte ich vom Revier aus versucht, Phil anzurufen. Im Districtsgebäude wurde mir gesagt, er wäre nicht da. Ich probierte es bei ihm zu Hause, aber auch da ohne Erfolg. Wahrscheinlich hockte er jetzt irgendwo und vertilgte gelangweilt seine Mittagsmahlzeit.
    Ein paar Sekunden hatte ich gezögert, ob ich mich mit Mr. High verbinden lassen sollte. Aber was hätte ich ihm schon erzählen srillen? Die Episode mit dem Jungen? So traurig sie ausgegangen war, so wenig entscheidend war sie für unsere Aufgabe. Zwar kannte ich jetzt wieder sieben Kneipen mehr, die regelmäßig schwarz gebrannten Whisky bezogen, aber der entscheidende Punkt, nämlich Ort und Urheber der Brennerei, war immer noch nicht geklärt.
    »Na gut«, sagte ich. »Ich rufe später wieder an.«
    »Sollen wir Phil irgend etwas bestellen?« fragte der Kollege in der FBL-Vermittlung.
    »Nein, nicht nötig. Ihr braucht ihm gar nicht zu sagen, daß ich angerufen habe, sonst denkt er nur, es wäre was Wichtiges und macht sich womöglich Sorgen.«
    »Okay, Jerry. So long!«
    »Macht’s gut«, sagte ich, legte den Hörer auf und wußte nicht, wie das Schicksal manchmal mit uns spielt. Phil suchte mich, ich suchte ihn. Ünd beide liefen wir zwölf Stunden lang unentwegt aneinander vorbei.
    Als ich die Kneipentür auf stieß, starrte mich Sam Lieser an wie das zehnte oder elfte Weltwunder.
    »Hallo!« sagte ich, ließ die Tür hinter mir zuschwingen und marschierte zur Theke.
    Die Bude war knapp zu einem Drittel besetzt. Ein paar Händler vom Großmarkt waren anscheinend noch von den frühen Morgenstunden hier hängengeblieben. Ihr Radau ließ manchmal die Fensterscheiben klirren, Rauchschwaden hingen zum Schneiden dick in der Luft.
    »Wo kommst du denn jetzt her?« fragte Lieser.
    »Von der hohen Polizei«, erwiderte ich leichthin.
    Lieser zutkte zusammen.
    »Von der Polizei?«
    »Ja, Sir«, erwiderte ich im Tone eines Rekruten, der von seinem Unteroffizier nach etwas gefragt wurde.
    Lieser wurde bleich. Er packte mich am Ärmel und zog mich in die Küche.
    »Was, zum Teufel, soll der Quatsch?« fauchte er mich an.
    Ich packte seine Hand, drehte sie von meinem Ärmel los und schob sie betont zurück.
    »Ich sagte nicht Quatsch, ich sagte Polizei.«
    »Aber was hast du bei der Polizei zu suchen?« fauchte er.
    Ich zog mir den Hocker unter dem Tisch hervor, setzte mich und fragte:
    »Kann ich einen Kaffee haben? Ich bin noch ein bißchen schwach auf den Beinen.«
    Lieser verdrehte die Augen, verschwand aber im Lokal, um wenig später mit einem ganzen Kännchen Kaffee zurückzukehren. Er schenkte mir sogar ein.
    »Vielen Dank für die freundliche Bedienung«, sagte ich.
    Er war nahe daran, in die Luft zu gehen. Ich sah es, sagte aber nichts. Er marschierte in der Küdie auf und ab wie ein gefangener Tiger. Als er meine Schweigsamkeit beim besten Willen nicht mehr ertragen konnte, blieb er vor mir stehen, stemmte die Arme in die Hüften und flehte:
    »Kannst du

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