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0207 - Der Steinriese erwacht

0207 - Der Steinriese erwacht

Titel: 0207 - Der Steinriese erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
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brannten Lichter hinter vorgezogenen Gardinen, die Straßenlaternen waren bereits ausgeschaltet. Und die Pubs hatten schon seit einiger Zeit dicht gemacht. Hohl hallten die Schritte eines späten Spaziergängers durch die Gassen. Irgendwo heulte ein Hund den Mond an. Vom Glockenturm der Kirche inmitten des Ortes hallten dumpfe Schläge.
    Zwölf Schläge. Die Stunde, da die GEISTER ihre Gräber und Krypten verlassen, um in der Welt der Lebenden zu wandeln.
    Nacht über Cerne Abbas!
    Mitternacht !
    Nur im Hotel ging es in einem der Zimmer noch etwas lauter zu. Der französische Professor hatte aus einem verborgenen Winkel seines Kofferraumes einen Kasten mit echtem, französischem Champagner hervorgezaubert. Und nun trank er und Nicole Duval mit Carsten Möbius auf gute Freundschaft.
    Der Konzern hatte überall in der Welt Filialen und Niederlassungen. Die Freundschaft mit dem Junior-Chef konnte dem Meister des Übersinnlichen auf seinen weiten Reisen nur von Nutzen sein. Alle gerieten in ausgelassene Stimmung.
    Diese Stimmung wäre zu Eis gefroren, hätte Professor Zamorra geahnt, was sich zur gleichen Zeit zutragen würde.
    ***
    Schwer keuchend kroch der Puck den steilen Hügel hinan. Besorgt beobachtete er dabei den Mond, dessen Helligkeit immer mehr zunahm.
    Er durfte sich nicht verspäten. Er mußte genau im richtigen Moment die Handlungen vornehmen, die ihm der Meister genannt hatte.
    Er durfte nicht versagen. Und er würde auch nicht versagen. Heute ja, heute war der Tag, da er, der Kobold, den alle im Elbenreiche verhöhnten und herumschubsten, da er zeigen konnte, zu was er fähig war, wenn man ihn gewähren ließ.
    Ha, die Mächte des Elbenreiches würden erzittern, die Sterblichen erbeben. Denn der Meister hatte ihm Macht gegeben.
    Echte Macht! Macht über Leben und Tod!
    Der große Umriß der Steinfigur war eingezäunt. Grummelnd rollte sich der Puck unter dem Stacheldraht hindurch. Dann noch wenige Schritte und er hatte die Steinfigur erreicht.
    Merkwürdig. Von hier aus, wo man keinen Überblick mehr über den Gesamtumfang der Hügelfigur hatte, sah alles ganz entmystifiziert aus. Es war wie ein Weg aus weißen Steinen, der sich durch das wogende Hügelgras zog.
    Der Puck zweifelte, daß er diesem Bildnis Leben einhauchen konnte. Es war das Werk von irgendwêlchen Menschen in grauer Vorzeit gewesen, nicht die Schöpfung irgendwelcher Kräfte aus dem Reiche der Nacht.
    Vergeblich versuchte der Puck, irgendeine magische Ausstrahlung zu orten, die ihm die Anwesenheit irgendwelcher Kräfte anzeigte, die bei der Beschwörung zu Leben erwachen konnten.
    Nichts. Rein gar nichts.
    »Glaube nur… glaube an die Macht des Gebieters!« redete sich der Puck gewaltsam ein. »Wenn du nicht glaubst… dann mag der Zauber versagen… dann versagst du selber… und unermeßlich groß wird seine Strafe sein… darum glaube… versuche zu glauben… !«
    Wind hatte sich aufgemacht und trieb das hochgewachsene, sattgrüne Gras wie ein wogendes Meer vor sich her. Und die Windsbraut wehte den Hügel hinab und erschwerte dem Puck den Aufstieg, drückte seinen kleinen Körper zurück und nahm ihm fast den Atem.
    Es schien, als wollten sich die Geister der Natur selbst anschicken, hier den Mächten der Finsternis Einhalt zu gebieten.
    Immer höher kletterte der Mond. Sein milder Schein ließ die Ränder der Nachtwolken in eigenartigen Konturen scheinen. Durch den aufkommenden Wind hin- und hergerissen, veränderten die Wolken ständig ihr Bild. Wie Urwesen, die den wildesten Fantasien der Menschen entsprungen sind, bildeten sie eine Art Bedrohung von oben.
    Mißtrauisch äugte der Puck gen Himmel. Ob er nicht beobachtet wurde? Denn niemand konnte sagen, ob Oberon, sein König und Gebieter, ihn nicht beobachtete. Und ob der Elbenherrscher den Versuch seines Vasallen, einem der ganz Großen aus dem Reich der Finsternis die Siegesstraße zu ebnen, nicht vereiteln würde.
    Inständig hoffte der Puck, daß seine Bemühungen nicht die Macht des Oberon und seiner Gattin Titania auf den Plan riefen. Im Zorne konnte der mächtige Elbenherrscher fürchterlich werden.
    Tief aus dem Tale läutete eine einsame Glocke. Die Dorfkirche von Cerne Abbas schlug die Stunde, da die Worte der Magie am wirksamsten sind. Zwölf Schläge hallten durch die Nacht.
    Der Puck trieb sich mit Gewalt vorwärts, kämpfte wie rasencl gegen den Wind an, der ihn den Hügel hinunterschleudern wollte.
    Da! Endlich ! Das Ziel war erreicht. Der Puck befand sich in dem,

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