0210 - Der Magier aus dem Drachenschloß
sich um. Auf der anderen Seite des pfützenübersäten Platzes vor dem Leu-Turm stand ein Fahrzeug, das einem Streitwagen nicht unähnlich war. Aber weder Pferde noch Wagenlenker waren zu sehen. Vielleicht hatte der Lenker sich und seine Zugtiere beim Ausbruch des Gewitters ins Trockene gebracht, saß jetzt in der Schänke und hatte Gewitter, Pferde und Wagen vergessen.
Rain konnte es nur recht sein. So konnte er Kräfte sparen bei dem Bemühen, den vereinbarten Abholpunkt zu erreichen.
Er sah sich auf dem Boden um. Über den breiten Pfützen, die nur langsam zu trocknen begannen, kreisten Insekten. Und da - zwei kleine Eidechsen…
»Ha«, murmelte der Zauberer, der sich in diesem Moment unbeobachtet wußte. Und selbst wenn es Zuschauer gab - sie konnten ihn an nichts mehr hindern. Er war stärker als sie.
Seine Hände bewegten sich dicht vor seinem Gesicht, malten magische Zeichen in die Luft. Er flüsterte etwas, das niemand verstand außer ihm und jenen wenigen, die die Alte Sprache der Dämonen noch kannten. Feine, kaum wahrnehmbare Linien glommen plötzlich in der Luft, lösten sich von seinen Fingern und erreichten die beiden kleinen Eidechsen.
Von einem Moment zum anderen ging eine Veränderung mit ihnen vor.
Sie begannen zu wachsen. Gleichzeitig entstanden schuppige Drachenkämme auf ihren Rücken. Die Beine wurden im Verhältnis zum Gesamtkörper länger und kräftiger. Die Schädelform änderte sich.
Zwei Drachen entstanden.
Immer größer wurden sie, während der Magier unablässig seine Kräfte wirken ließ. Erst als die beiden ehemaligen Eidechsen bereits größer waren als Pferde, hielt er den Umwandlungsvorgang auf. Die beiden Drachen standen verwirrt am Rand des Platzes, sahen sich um. Einer riß das Maul auf und fauchte erschrocken. Eine Flammenlohe zuckte hervor.
Die gefiel Rain weniger, aber er mußte diese Begleiterscheinung mit in Kauf nehmen. Wenn er sich vorsah, konnte ihm nichts passieren, aber die Feuerlohe, gezielt eingesetzt, konnte jeder Gegner auf Abstand halten.
Rains Augen glühten grell.
Wieder setzte er seine Kraft ein und zwang die beiden Drachen unter seinen Willen.
Ihre tierischen Gehirne, noch unter dem Schock der Veränderung stehend, waren nicht in der Lage, ihm Widerstand entgegenzusetzen. Mit seinem magischen Willen lenkte er sich zu dem einachsigen Wagen. Er brauchte ihnen keine Befehle zuzurufen. Der magische Zwang allein genügte bereits.
Dann aber hatte er selbst zuzupacken. Er mußte die beiden Drachen, die etwas größer als Pferde waren, anschirren. Erst als er damit fertig war, entließ er sie aus dem direkten Bann. Eines der Ungeheuer spie eine lange Feuerzunge aus.
Rain war zufrieden. Er stieg auf den Wagen, ergriff die Zügel und überlegte, wie sie zu bedienen waren. Eine Peitsche fand er auch, dachte sich nichts dabei, daß der eigentliche Wagenlenker vielleicht eine sadistische Ader haben mußte, und trieb seine beiden Drachen an.
Wider Erwarten ließen sie sich leicht lenken und gehorchten dem Zug der Zügel ohne Widerstand.
Rain fuhr eine Kehre und hielt vor der Treppe des Leu-Turms an. Dort lagen noch immer die drei Kleinen Riesen.
Alles war sehr schnell gegangen, aber Rain wußte, daß er sich noch mehr beeilen mußte. Den anderen Hellebern mochte einfallen, ihn zu verfolgen und ihm wieder auf den Pelz zu rücken.
Der Zauberer zerrte die drei auf den Wagen, fand mühsam gerade noch selbst Platz und fuhr wieder an. In diesem Moment tauchte der Wagenlenker aus der Schänke auf.
Er stutzte, vermißte seinen abgeschirrten Wagen und entdeckte ihn auf der anderen Seite des Turmvorplatzes.
»He!« brüllte er den Zauberer an. »Was soll denn das?«
»Siehst du’s nicht?« schrie Rain und gab den Drachen die Peitsche zu kosten. Da erst sah der Lenker, was da vor seinen Wagen gespannt worden war und Flammenbahnen aus den Nüstern spie.
Er schrie auf und rannte davon.
Rain trieb die Drachen an. Die beiden Zugtiere legten sich mächtig ins Zeug und rasten mit dem Wagen los, dem Stadttor entgegen.
Rain wußte, daß er schon fast gewonnen hatte.
***
Zamorra öffnete die Augen und sah über sich eine zurückweichende Bewegung. Er erkannte Baron Gregor.
Langsam drehte er den Kopf. Nicole kniete neben ihm und legte ihm die Hand auf die Brust.
»Ruhig bleiben«, sagte sie leise. »Du mußt dich noch erholen.«
Zamorra widerstand dem schwachen Druck und stützte sich auf die Ellenbogen. Er fühlte, daß ihn wieder Kraft durchfloß, wenngleich er
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