023 - Die Vampir-Klinik
nehmen?
»Ich kann es nicht mehr«, keuchte der leidgeprüfte Mann.
Er hätte von Anfang an wissen müssen, daß er dazu nicht imstande sein würde. Es war falsch gewesen, so etwas Furchtbares allein ausführen zu wollen.
Das hatte ja schiefgehen müssen. Dodd richtete sich auf und betrachtete sein Gesicht im Spiegel. Er erkannte sich selbst kaum wieder. Der Mann, der ihm aus dem Spiegel entgegenblickte, hatte tiefe Sorgenfalten im Gesicht, und in seinen stumpfen Augen war grenzenlose Ratlosigkeit zu erkennen.
Dodd drehte das kalte Wasser ab und sah sich weiter im Spiegel an. »Elias McCleary…«, flüsterte er. »Der Vampirjäger … Er muß helfen.«
Dodd verließ das Badezimmer. Er stellte den Stuhl nicht auf, den Melusine umgeworfen hatte, und hob auch nicht auf, was sie vom Garderobenhaken gefegt hatte.
Angst schnürte seine Kehle und fraß langsam seine Seele auf. Die Folgen seines Versagens gingen ihm nicht aus dem Kopf. Melusine pirschte sich vielleicht schon in diesem Moment an ein ahnungsloses Opfer heran.
»Nein«, stöhnte Charlton Dodd. »Das darf nicht passieren…«
Er eilte zur Garage und öffnete das Kipptor. Dumpf polternd schlug das Aluminiumtor oben an. In der finsteren Garage schimmerte der Lack des sorgfältig polierten Wagens.
Unwillkürlich dachte Dodd an die Nacht, in der Melusine die Panne gehabt hatte. Was für ein grauenvolles Erlebnis hatte sie damals gehabt, als sie den Heimweg zu Fuß fortsetzte?
Dodd öffnete den Wagenschlag und stieg ein. Er startete den Motor. Die Scheinwerfer flammten auf und stießen grelle Lichtlanzen in die Dunkelheit. Dodd biß sich auf die Unterlippe.
Irgendwo dort draußen befand sich Melusine. Steckte der Eichenpfahl noch in ihrer Brust, oder war sie stark genug, um sich das Holz selbst aus der Brust zu reißen?
Dodd fuhr los. Er verzichtete darauf, das Garagentor zu schließen. So etwas war jetzt nicht wichtig. Er wußte nicht einmal, ob er die Haustür hinter sich zugemacht hatte.
Egal. Zum Teufel mit Sorgfalt und Ordnungsliebe. Die waren im Moment nicht gefragt. Zeit war das einzige, was zählte, und es war wichtig, so viel wie möglich davon einzusparen.
Während der Fahrt eilten Dodds Gedanken voraus. Ein eisiger Schreck fuhr ihm in die Glieder, als er daran dachte, daß Elias McCleary nicht zu Hause sein könnte.
Was dann? McCleary war ein Mann, der viel unterwegs war.
Angeblich hatte er schon auf allen fünf Kontinenten Vampire gejagt und zur Strecke gebracht. Vielleicht befand sich Elias McCleary zur Zeit in Afrika oder in Amerika…
Himmel! dachte Dodd flehend. Gib, daß er zu Hause ist!
Der schwerwiegende Fehler, den er gemacht hatte, mußte schnellstens korrigiert werden. Noch in dieser Nacht. Besser noch in dieser Stunde. Denn jede Minute, die Melusine länger lebte, war eine Gefahr für die Menschen.
Da Elias McCleary nicht weit von Dodds Haus entfernt wohnte, dauerte die Fahrt nicht lange. Als Dodd in McClearys Haus Licht brennen sah, fiel ihm ein riesiger Stein vom Herzen.
Er atmete erleichtert auf und dankte dem Himmel, daß er sein Flehen erhört hatte. Scharf bremste er den Wagen vor McClearys Haus ab. Er war neugierig, wie der Vampirjäger aussah.
Am Fenster erschien eine Gestalt, als die Pneus quietschten.
Dodd stieg aus dem Fahrzeug und hämmerte mit dem Messingtürklopfer. Hart hallten die Schläge durch das Haus.
Jemand öffnete die Tür. Ein großer, hagerer Mann mit zerfurchtem Gesicht und dunklen, stechenden Augen. »Mr. McCleary?«
fragte Dodd atemlos. »Mr. Elias McCleary?«
Der Hagere nickte. »Der bin ich.«
»Mein Name ist Charlton Dodd. Ich wohne nicht weit von hier… Wir sind gewissermaßen Nachbarn.«
McCleary musterte den Nachbarn rasch. »Kann ich etwas für Sie tun, Mr. Dodd?«
»Ich… ich brauche Ihre Hilfe«, platzte es aus Dodd heraus.
Der Vampirjäger ließ ihn ein und führte ihn in einen vornehmen Living-room. Er bot Dodd Platz und einen Drink an und forderte den offensichtlich verstörten Mann auf, ihm zu sagen, wie er ihm helfen könne.
Dodd blickte ihn gespannt an. »Stimmt es, daß Sie Vampire jagen?«
Elias McCleary nickte ernst. »Ja, Mr. Dodd, das ist richtig.«
»Melusine, meine Frau… Sie ist … Mein Gott, ich weiß nicht, wo ich beginnen soll.«
»Trinken Sie zuerst Ihren Scotch und versuchen Sie sich ein wenig zu beruhigen«, riet ihm der Vampirjäger.
Dodd lachte bitter. »Beruhigen. Wenn Sie wüßten…« Er leerte das Glas auf einen Zug.
»Erzählen Sie«,
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