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0230 - Im Land der Unheils

0230 - Im Land der Unheils

Titel: 0230 - Im Land der Unheils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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Nervenfäden erinnernde Stränge, die aus dem Abgrund emporgestiegen waren und die Stege mit einem immer dichter werdenden Geflecht überzogen. Es wurde immer schwerer, eine freie Stelle zu finden und nicht auf einen der peitschenden Fäden zu treten. Zamorra wußte nicht, was geschah, wenn sie sie doch berührten, und er hatte auch keine Lust, es herauszufinden.
    Nicole stieß plötzlich einen spitzen, abgehackten Schrei aus und deutete mit schreckgeweiteten Augen nach rechts.
    Dicht neben ihnen war ein fast armdicker, dunkelgrüner Fangarm erschienen. Schleimig und mit großen, spitzzahnigen Saugnäpfen überzogen, stieg er drei, vier Meter empor und pendelte wie der Vorderleib einer lauernden Schlange hin und her. Und noch während er hinsah, erschien ein zweiter, dritter und vierter Fangarm aus dem Abgrund empor.
    Zamorra bemerkte eine Bewegung auf der anderen Seite und fuhr erschrocken herum. Auch hier waren die peitschenden Tentakel erschienen.
    »Schnell!« keuchte der Zauberer. »Sie haben uns entdeckt! Weg hier!« Er fuhr herum, duckte sich unter einem der tastenden Arme hindurch und stürzte los, ohne weiter auf die schwarzglänzenden Fäden vor sich zu achten. »Lauft!« keuchte er.
    Zamorra und Nicole liefen ebenfalls los. Der Ausgang war nicht mehr weit von ihnen entfernt, aber aus der Tiefe stiegen mehr und mehr der zuckenden Arme empor, massige, grünglänzende Tentakel, die allmählich zu einem dichten, drei Meter hohen Wald rechts und links des Weges zusammenwuchsen.
    Sie schafften es fast.
    Der Ausgang war keine zwei Meter mehr vor ihnen, als Nicole stolperte und mit einem gellenden Schrei vornüberfiel. Zamorra griff gedankenschnell zu und erwischte einen Zipfel ihres Kleides, aber der dünne Stoff hielt der Belastung nicht stand und riß. Nicole schlug auf dem schmalen Steg auf, rutschte zur Seite und griff in blinder Panik um sich. Ihre Fingernägel kratzten mit häßlichem Geräusch über den Stein und brachen ab.
    Zamorra warf sich mit einen verzweifelten Satz nach vorne. Sein Hand glitt über Nicoles Schulter, rutschte an ihrem Arm entlang und verkrampfte sich um ihr Handgelenk. Ein fürchterlicher Ruck ging durch seine Schulter. Er taumelte, verlor das Gleichgewicht und warf sich im letzten Moment zurück, um nicht -mit in den Abgrund gerissen zu werden. Nicole schrie, aber das Geräusch wurde von einem dumpfen, zischenden Laut verschluckt, der plötzlich aus der Tiefe zu ihnen emporstieg.
    Zamorra suchte verzweifelt mit der Linken nach Halt und bemühte sich gleichzeitig, Nicole auf den rettenden Steg hinaufzuziehen. Der Schmerz in seiner Schulter wurde unerträglich. Nicoles Körper schien Tonnen zu wiegen.
    »Stütz dich ab!« keuchte er. »Stütz dich an der Wand ab!«
    Er wußte nicht, ob Nicole die Worte überhaupt hörte. Ihr Körper pendelte wild unter ihm, einzig gehalten von seiner Hand, und er spürte, wie er selbst langsam, aber unerbittlich, auf den Abgrund zugezogen wurde.
    Irgend etwas berührte ihn zaghaft an der Schulter und bewegte sich mit langsamen, suchenden Rucken seinen Arm hinunter. Zamorra schrie vor Schrecken und Überraschung auf und verdoppelte seine Anstrengungen, Nicole auf den rettenden Steg emporzuziehen. Die Schlangenarme begannen sich, einem geheimnisvollen Rhythmus folgend, hin und her zu bewegen. Eine gleitende optische Welle lief durch die Halle, beugte die peitschenden Arme, trieb sie vor und zurück…
    Nicole schrie gellend auf, als sich einer der dünnen, grünen Tentakel wie der Leib einer blinden Schlange um ihren rechten Fuß wickelte und daran zu zerren begann. Zamorra warf sich zurück, zerrte Nicole mit einer gewaltigen Kraftanstrengung höher und schaffte es, sie halbwegs auf den Sims hinaufzuziehen. Ein weiterer Schlangenarm glitt heran, tastete blind über den Stein zu ihren Füßen und glitt dann über Nicoles Körper.
    Zamorra fuhr mit einem Fluch zurück, hielt sie einen Moment lang mit nur einer Hand fest und zerrte mit der anderen das Schwert hervor. Die Klinge schnitt mit häßlichem Geräusch durch die Luft, zertrennte den Arm, der sich um Nicoles Fußgelenk gewickelt hatte und schlug eine klaffende Wunde in den zweiten Tentakel. Nicole kam mit einem Ruck los, stemmte sich verzweifelt ganz auf den Sims hoch und blieb einen Moment, zitternd vor Erschöpfung und Furcht, auf Händen und Knien hocken.
    »Schnell!« keuchte Zamorra. »Wir müssen… weiter…«
    Nicole stand mühsam auf und wankte los. Es waren nur noch wenige Schritte bis

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