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0230 - Im Land der Unheils

0230 - Im Land der Unheils

Titel: 0230 - Im Land der Unheils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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zum rettenden Ausgang, aber die peitschenden Schlangenarme zuckten jetzt immer heftiger auf sie herunter, klatschten auf ihre Schultern und Köpfe und versuchten sich immer wieder irgendwo festzuklammern.
    Zamorra wehrte sich verzweifelt. Seine. Klinge zuckte immer wieder hoch, schuf einen flimmernden, tödlichen Halbkreis rechts und links des Weges und hinterließ eine blutige Spur verstümmelter, zuckender Stümpfe. Aber für jeden Arm, den er abschlug, schienen zehn neue aus dem bodenlosen Nichts emporzuwachsen. Er spürte, wie sich etwas um sein Bein wickelte, schlug blind zu und sank fast im gleichen Moment unter einem fürchterlichen Schlag zwischen die Schulterblätter in die Knie. Vier, fünf Tentakeln glitten zitternd auf sein Gesicht zu, verwandelten sich in blutige Stümpfe, als er sein Schwert emporriß und wurden von neuen abgelöst. Vor ihm schrie Nicole gellend auf, als sich ein Fangarm um ihren Hals legte. Sie wankte, versuchte den mörderischen Würgegriff zu sprengen und kippte langsam zur Seite, als immer mehr und mehr Arme aus dem Nichts emporwuchsen und sie zu sich hinunterzuzerren versuchten.
    Zamorra machte sich mit einer verzweifelten Kraftanstrengung los und eilte zu Nicole hinüber. Sein Schwert durchtrennte ein halbes Dutzend der peitschenden Tentakel. Nicole bekam für einen Moment Luft, streifte ein paar der übrigen Tentakel aus eigener Kraft ab und taumelte weiter. Zwischen ihr und dem Ausgang lagen jetzt nur noch zwei Schritte.
    Etwas Dunkles, Schlankes sirrte durch die Luft. Nicole schrie hoch und spitz, bäumte sich auf und stand für einen Moment reglos da. Auf ihren Zügen erschien ein ungläubiger, erstaunter Ausdruck. Sie hob die Hände, umklammerte in einer sinnlosen Geste den Pfeil, der aus ihrer Brust ragte, und kippte dann mit zeitlupenhafter Geschwindigkeit über die Kante.
    Es dauerte lange, bis Zamorra wirklich begriff, was geschehen war. Unfähig, sich zu rühren oder auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, stand er auf dem schmalen Steg und starrte auf die Gestalt des Magiers, der unter dem Eingang erschienen war.
    Der Alte lächelte, aber seine Augen blieben ernst dabei. Langsam, fast andächtig, nahm er einen zweiten Pfeil aus dem Köcher, spannte den Bogen und legte sorgsam auf Zamorra an…
    ***
    Wieder war viel Zeit vergangen, ohne daß sich in dem Zimmer auch nur das mindeste gerührt hätte. Es war noch kälter geworden, aber es war eine unirdische, fremdartige Kälte, die vielleicht nicht so sehr auf ein Absinken der Temperaturen zurückzuführen war als vielleicht auf die Anwesenheit von etwas unsagbar Fremdem, Bösem… Etwas, das nicht in diese Welt gehörte, so fremd war, daß allein seine Anwesenheit reichte, Kälte und Furcht auszulösen.
    Die Frau bewegte sich. Ein rasches, schmerzhaftes Zucken lief über ihr Gesicht. Ihr Oberkörper kippte langsam nach vorne, schien einen Moment in der Schwebe zu hängen und schlug dann auf der Tischplatte auf. Ihre Brust hob sich in einem letzten, schmerzhaften Atemzug. Dann war Stille…
    ***
    »Also gut«, sagte Zamorra. Seine Stimme klang tonlos. Es war keine Furcht darin, nicht einmal Haß oder Trauer. Nur noch Leere. »Schießen Sie. Machen Sie ein Ende.«
    Der Magier schüttelte langsam den Kopf. »Ich habe nicht vor, Sie zu töten«, sagte er, ohne den Bogen zu senken. Die tödliche dreieckige Pfeilspitze blieb unverrückbar auf Zamorras Brust gerichtet. Und auf dem schmalen Steg hatte er keine Möglichkeit, dem Geschoß auszuweichen.
    »Nein«, erwiderte er bitter. »Sie haben nicht vor, mich zu töten. Sie hatten ja auch nicht vor, Bill zu opfern. Oder Nicole zu ermorden.«
    »Es mußte sein«, erklärte der Alte ruhig.
    Zamorra hätte am liebsten gelacht, aber ihm fehlte die Kraft dazu.
    »Sehen Sie sich um«, fuhr der Alte fort. »Sie sind außer Gefahr.«
    Zamorra gehorchte widerstrebend. Der Zauberer hatte die Wahrheit gesprochen. Die Tentakelarme hatten sich zurückgezogen, im gleichen Moment, in dem Nicole abgestürzt war. Der Saal war wieder so leer wie zu Anfang.
    »So ist nun einmal die Regel hier unten«, sagte der Alte. »Sie verlangen ein Opfer. Tapferkeit und Mut nutzt hier nur bedingt. Sie müssen einen Preis zahlen, wenn sie zum Ziel gelangen wollen. Es ging nicht anders.«
    »Und deshalb mußten Sie… einen Menschen ermorden?« fragte Zamorra tonlos. Plötzlich hatte er Mühe, seine Stimme unter Kontrolle zu halten.
    »Sie wären beide gestorben, wenn ich es nicht getan hätte«, sagte der

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