0238 - Belphégors Rückkehr
langsam sauer. Auch sie fühlten sich unwohl in ihrer Haut, wollten es allerdings nicht zugeben. Bisher war den beiden die Polizeistation immer wie ein zweites Zuhause vorgekommen, sie hatten einen ruhigen Job gehabt, so am Stadtrand von London. Nun aber war diese seltsame Idylle gestört. Das Unheil, das Grauen brach über sie herein, ohne daß sie etwas hatten dagegen unternehmen können.
Ihre Welt war nicht mehr in Ordnung. Und auf einmal empfanden sie den großen Raum nicht mehr als gemütlich, eher beklemmend und unheimlich.
Das andere lag wie eine stumme Drohung über ihren Köpfen.
Hinzu kam noch die junge Ungarin, deren Geist sich verwirrt zeigte und wobei ihre Reaktion sich als Folge darauf in düsteren Warnungen und Prophezeiungen äußerten.
Paul Schrader, der Ältere, erhob sich. »Ich könnte einen Whisky vertragen«, sagte er.
Morgan, sein Kollege, nickte. »Kipp mir auch einen ein.«
Kaum stand Schrader, als Maria wieder anfing zu sprechen.
»Flieht lieber«, flüsterte sie. »Wenn euch das Leben lieb ist, dann…«
»Sei endlich ruhig!« zischte Morgan. Er hatte sich auf seinem Stuhl vorgebeugt und starrte die junge Frau an.
»Ist euch euer Leben nichts wert?« Sie fragte dies, und sie klang dabei so, als wäre ihr Geist überhaupt nicht verwirrt.
Schrader antwortete. Er schenkte bereits den Whisky ein. »Doch, unser Leben ist uns einiges wert. Sogar sehr viel. Aber wir sind zu viert, wenn ich die Yard-Leute mit hinzurechnen. Und der Kerl mit der Säge ist allein. Das darfst du nicht vergessen.«
»Er schafft alles!«
»Wenn du meinst, Mädchen, bitte.« Schrader stellte die beiden Gläser auf den Schreibtisch. Er schielte zum offenen Fenster hin und dachte darüber nach, ob er nicht lieber auch nach draußen gehen und nachschauen sollte.
Davon jedoch hatte der Oberinspektor nichts gesagt. Und Schrader hielt sich an Anordnungen.
Er gab seinem Kollegen das Glas. Beide tranken. Sie lauschten zudem, hörten jedoch nichts Verdächtiges.
»Da unten ist alles zerstört«, sagte Morgan, als er sein Glas absetzte. »Wir müssen einen Reparaturtrupp holen, der die Dinge wieder in Ordnung bringt.«
»Wieso? War er im Haus?«
»Nein, glaube ich nicht. Aber es funktioniert nichts mehr. Das hat nicht einmal mehr etwas mit den Sicherungen zu tun. Der Kerl hat von draußen die Leitungen unterbrochen. Im Keller war jedenfalls nichts festzustellen.«
»Und außen?«
Morgan hob die Schultern. »Da haben wir nicht nachgeschaut. War uns zu unsicher.«
»Kann ich verstehen«, murmelte Schräder und nahm einen Schluck Whisky, der ihm wieder ein wenig Farbe ins Gesicht zurückbrachte.
»Vielleicht können wir ihn noch fragen«, meinte Morgan.
»Ihr werdet nicht dazu kommen.« Es war Maria, die diese Worte sprach. »Nie werdet ihr dazu kommen. Er macht euch fertig.« Sie setzte sich plötzlich aufrecht.
»Was ist los?« wollte Schrader wissen. Ihm war die Veränderung des Mädchens nicht entgangen.
»Er kommt…« Maria sprach leise, aber dennoch so laut, daß ihre Worte gut zu verstehen waren. »Er kommt her – er ist da!«
»Und wo?«
»Draußen im Flur. Ich merke es, ich fühle es. Er ist besser und stärker als die anderen.«
Die letzten Worte des Mädchens hatten die Polizisten beeindruckt. Sie wandten ihre Köpfe und schauten gemeinsam mit Maria Ketto zur offenen Bürotür hin.
Schritte hörten sie nicht. Dafür etwas anderes. Das hohe singende Geräusch der eingeschalteten Säge…
***
»Er ist da!«
Diese Feststellung traf haargenau den Kern des Problems. Niemand der Polizisten widersprach. Sie hatten es selbst gehört, das scharfe Sirren der Säge war Beweis genug.
Schrader und Morgan warfen sich auf ihren Stühlen herum. Bisher hatten sie in den Raum geschaut, nun bohrten sich ihre Blicke in Richtung Tür, wo das Unheil lauerte.
Schritte.
Dumpf klangen sie auf. Sie übertönten sogar das Geräusch der eingeschalteten Handsäge, und im nächsten Augenblick erschien der Unheimliche in der offenen Tür.
Er sah schrecklich aus.
In Leder war er regelrecht eingewickelt. Auch der Kopf bestand aus dicken Lederschnüren, wo nur zwei Schlitze für die kalten, grausamen Augen freigelassen worden waren.
Und diese Augen waren allein auf die drei Menschen fixiert.
Wenn Blicke töten könnten, wären die drei längst nicht mehr am Leben gewesen.
Jeder von ihnen spürte die Aura des Bösen, die diese Gestalt ausstrahlte. Sie war nur noch als kompakter Schatten zu sehen. Zwischen dem oberen
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