0241 - Der Pesthügel von Shanghai
Hörer auf und sah gleichzeitig, daß frische Fisch-Sandwiches eintrafen. Ich verspürte plötzlich Hunger und kaufte so ein Brötchen.
Kauend begab ich mich zu einem Tisch und dachte weiter nach.
Wie ich es auch drehte und wendete, zu einem Ergebnis kam ich nicht. Der Fall war und blieb rätselhaft.
An diesem Tag hatte ich überhaupt keine Lust, im Yard-Gebäude zu bleiben. Deshalb beschloß ich, nach Hause zu fahren. Ein schlechtes Gewissen brauchte ich nicht zu haben, denn soviel Urlaub oder freie Tage wie mir zustand, konnte Scotland Yard kaum bezahlen.
Ich sprach auch noch mit Suko. Er zeigte sich ziemlich reserviert und wollte im Büro bleiben.
Ich zahlte, verließ die Kantine und fuhr vom Parkplatz, um mich in den Londoner Verkehr zu stürzen.
Es war jedesmal das gleiche. An diesem Tag war es besonders schlimm, denn der Nieselregen feuchtete auch die auf den Fahrbahnen liegenden Blätter an und machte so die Asphaltdecke an gewissen Stellen zu einer wahren Rutschbahn.
Natürlich geriet ich in Staus. Auch die Musik aus dem Radio konnte mich nicht aufheitern. Meine Gedanken drehten sich nur um den letzten Fall. Mir fiel Sarah Goldwyn, die Horror-Oma, ein. Sie besaß ja ein immenses Wissen, wenn es um Dinge ging, die sich mit Schwarzer Magie und ähnlichem beschäftigten.
Vielleicht wußte sie über den gefährlichen Druidenzauber Bescheid. Zudem besaß sie ein umfangreiches Archiv, eine regelrechte Horror-Bibliothek. Dort gab es sicherlich Informationen über den Fall, an dem ich so zu knacken hatte.
Am nächsten Ampelstopp setzte ich mein Vorhaben in die Tat um und rief vom Wagen aus die Horror-Oma an.
Nicht sie meldete sich, sondern eine Nachbarin, die dabei war, Mrs. Goldwyns Blumen zu begießen. Von der Frau erfuhr ich, daß die Horror-Oma Urlaub machte.
»Und wo?« fragte ich.
»Sie wollte nach Paris. Eine kombinierte Schiffs- und Busreise.«
Pech auf der ganzen Linie. Ich bedankte mich für die Auskünfte und konnte wieder anfahren.
Eine Viertelstunde später stieg ich in der Tiefgarage aus. Mit zwei Männern fuhr ich im Fahrstuhl nach oben und ging in meine Wohnung. Dort haute ich mich in den Sessel und stellte die Flimmerkiste an. Es kamen Nachrichten. Wenn man sie hörte, konnte man auch trübsinnig werden, und plötzlich kamen mir meine Probleme überhaupt nicht mehr so schlimm vor.
Was alles in der Welt geschah, war noch grausamer, denn das wurde offen ausgetragen, während wir mehr im Geheimen kämpften. Ich sah auch ein, daß ich mich Suko gegenüber falsch benommen hatte und entschloß mich, zu ihm zu gehen und die Sachlage mit ein paar entschuldigenden Worten wieder ins rechte Lot zu bringen.
Allerdings wartete ich noch über eine Stunde, räumte selbst ein wenig auf und machte in Beschäftigungstherapie, denn das mußte auch mal sein. Zudem sah die Wohnung nach meinem Aufräumen immer noch nicht so aus, als hätte eine Frau Hand angelegt.
Anschließend ging ich rüber, schellte und wartete ab.
Ich hörte Schritte, Suko kam.
Er sah mich, und in seinen Augen blitzte es auf. Ich glaubte, daß er noch sauer war und ging einfach an ihm vorbei. »Du, entschuldige, aber ich habe mich vorhin…«
»John, bitte geh!«
So hatte Suko noch nie mit mir gesprochen. Sollte er so sauer auf mich sein? Hatte ich ihn mit meinen Worten zutiefst beleidigt? »Hör mal zu, Suko, ich weiß selbst, daß ich…«
»John, verlasse die Wohnung!« Der Chinese zischte die Worte. In seinen Augen sah ich einen Ausdruck, der feindlich und warnend zur gleichen Zeit war.
Was hatte er nur?
Nein, ich war stur. Es durfte keine großen Unstimmigkeiten zwischen uns geben. Was gewesen war, mußte aus dem Weg geräumt werden, das gab ich meinem Freund insofern zu verstehen, indem ich den Weg in den Wohnraum einschlug.
Suko blieb hinter mir.
Die Tür stand halboffen. Eigentlich wunderte ich mich darüber, daß Shao nicht erschienen war, machte mir allerdings keine weiteren Gedanken und drückte die Tür auf.
Zwei Schritte ließ man mich gehen, dann sah ich die Bescherung.
Wie angewurzelt hockte Shao in einem Sessel. Und neben ihr stand ein Mensch, der ihr die Mündung einer Pistole gegen die Stirn drückte. Das war schon schlimm genug. Was noch hinzukam, war Sukos Stab. Er schaute aus der Seitentasche des Mannes, der Shao die Waffe gegen den Kopf preßte und war für Suko unerreichbar…
***
Das alles nahm ich in wenigen Sekunden auf, und jetzt verstand ich auch Sukos harte Reaktion mir gegenüber. Er hatte
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