0242 - Werwolf-Terror in Soho
die Coups genau ausbaldowert, und manches scharfe Messer lag bereit, um Tod und Elend zu säen.
Die grauen Schleier machten alle Menschen gleich. Und keiner hatte mehr die Zeit, auf irgendwelche Fahrzeuge zu achten. Jeder war mit sich selbst und vor allen Dingen mit dem Nebel beschäftigt, so daß diejenigen, die nicht gesehen werden wollten, das Wetter als ideal empfanden.
Dazu gehörten auch die Insassen des silberfarbenen Rolls Royce.
Ein toller Wagen, mit einem Motor versehen, der mehr einer flüsternden Stimme glich.
Lautlos rollte er dahin, tauchte ein in die Nebelschwaden und wurde von ihnen verschluckt. Hin und wieder, wenn der Wind den Nebel ein wenig aufgerissen hatte, war er wieder für einen Moment zu sehen. Ein zufällig am Straßenrand stehender Passant wunderte sich, daß die hinteren Fenster des Wagens trotz des Nebels durch Vorhänge verdeckt waren, denn hineinschauen konnte auch so niemand.
Der Wagen verschwand, und der Passant hielt ihn für einen Spuk.
Wer mochte da unterwegs sein?
Es gab viele Möglichkeiten, doch auf die Wahrheit wäre der Mann nie gekommen.
Hinter dem Steuer saß eine Frau. Sie hatte ein schmales Gesicht, das von lockigen, blonden Haaren umrahmt wurde. Wer das Gesicht sah, hätte die Frau zu denjenigen weiblichen Personen gezählt, die genug Geld hatten, um den Tag in teuren Modegeschäften oder exklusiven Cafés zu verbringen. Wer allerdings so dachte, der täuschte sich und hätte lieber auf die Hände der Frau schauen sollen.
Es waren keine menschlichen Hände, sondern Pranken. Und sie gehörten einer Bestie – einem blutgierigen Geschöpf, einer Werwölfin.
Denn hinter dem Lenkrad des Rolls hockte keine geringere als Lupina, die Königin der Wölfe!
***
Bereits seit einigen Tagen hielt sie sich in London auf und hatte geschickt ihre Fäden gezogen. Ihr Plan war so unvorstellbar, daß wohl kein mit einem gesunden Menschenverstand ausgerüstetes zweibeiniges Wesen ihn für durchführbar gehalten hätte.
Doch Lupina wollte es schaffen. Und sie brauchte auch diesen Wagen. Nicht weil er so auffällig war, sondern weil er Platz bot.
Denn Lupina saß nicht allein in dem Luxusfahrzeug.
Im Fond des Wagens hatte sich jemand zusammengekauert. Beim ersten Blick sah er aus wie ein großer Hund, doch wer genauer hinsah, der stellte fest, daß er keinen Hund vor sich hatte, sondern einen Wolf.
Lupinas Sohn!
Luparo hieß er, wobei er auch schon unter dem Namen Orapul existiert hatte. Die Königin der Wölfe hatte damals, als sie noch zur Mordliga gehörte, lange Zeit nach ihrem Sohn gesucht. Zahlreiche Irrwege lagen hinter ihr, bevor sie es endlich schaffte, Luparo zu finden. Aber jetzt war er da. Und sie hatte damals sogar einen Bruch mit der Mordliga riskiert, war zu einer Todfeindin von Solo Morasso geworden, der sie daraufhin auf die schwarze Liste gesetzt und ihr Lady X, die Vampirin, hinterhergeschickt hatte. Zu einer Rückkehr war Lupina nicht zu bewegen gewesen, also hatte Lady X zum letzten Mittel gegriffen und die Königin der Wölfe mit einer Garbe aus der Silberkugel-MPi getötet.
Alle hielten sie für tot, doch das stellte sich als Irrtum heraus. Lupinas Geist überlebte seltsamerweise. Etwas Ungeheuerliches war geschehen, ein Novum in der Schwarzen Magie, denn ihr Geist vereinigte sich mit dem ihres Sohnes, und da in dessen Körper plötzlich zwei Seelen lebten, mußte es zwangsläufig zu einer Spaltung kommen.
Es entstand eine neue Lupina!
Wer da seine teuflischen Hände mit im Spiel gehabt hatte, konnte nur geraten werden. Lupina selbst, die es nicht genau wußte, machte sich ihre Gedanken, und sie dachte an die Kreatur, die auch der Vater ihres Sohnes war.
Fenris, der Götterwolf!
Durch seine unvorstellbare Magie war es gelungen, Lupina wieder zum Leben zu erwecken, so daß sie jetzt eine Doppelexistenz führen konnte.
Davon wußte auch Lady X, ihre Mörderin.
Die Scott, wie die Vampirin mit bürgerlichem Namen geheißen hatte, war natürlich konsterniert gewesen. Doch zu einer großen Auseinandersetzung zwischen den beiden war es nicht mehr gekommen, dafür lagen die Interessen zu gleich, aber sie hatten einen Burgfrieden geschlossen und gingen sich aus dem Weg.
Schließlich gab es für sie gemeinsame Gegner. Und da stand vor allen Dingen der Geisterjäger John Sinclair an der Spitze.
An ihn jedoch wollte Lupina vorerst nicht denken, sie mußte ihren eigenen Plan verfolgen, der alles bisher Dagewesene in den Schatten stellte. Wenn es gelang,
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