025 - Die Spinne
Vielleicht hat er später noch Appetit auf einen Whisky.“
Ganz natürlich und harmlos schoss Silvia ihren Pfeil ab: „Nun, unsere Hausbar braucht sich nicht zu verstecken, bring ihn nur mit.“
Jose versuchte ein Lachen: „Wo denkst du hin, du sollst doch früh schlafen gehen. Willst du ihn vielleicht im Bett empfangen?“
Nun lachten sie beide. Und gewiss war Silvias Lachen genauso wenig echt wie Joses.
Als das Geräusch des davonfahrenden Wagens sich verloren hatte und Martha in der Küche mit Tellern und Töpfen hantierte, ging Silvia entschlossen ans Telefon.
„Ist dort die Pitie? Bitte, können Sie mir sagen, wie der amerikanische Professor heißt, der heute Abend für die medizinische Fakultät einen Vortrag hält? Wie meinten Sie? Ach so, erst übermorgen. Entschuldigen Sie bitte. Vielen Dank.“
Die Beine versagten ihr den Dienst. Sie sank auf einen Stuhl. „Also hat er mich belogen. Kein Professor, keine Vorlesung. Was dann? Ja, was nur?“
Woran denkt eine Frau, wenn sie ein Mann belügt? Wieder sah Silvia die Mestizin vor sich.
Diesmal hatte sie keine Hemmungen. Bis jetzt war sie nie so weit gegangen, in den Sachen ihres Mannes herumzustöbern. Nun aber ging sie in sein Arbeitszimmer, zog die Schubkästen auf und durchwühlte sie, stülpte Aktenordner um, suchte zwischen den Papieren.
Nichts, kein kompromittierender Brief. Keine Zeile, die sie hätte auf eine Spur bringen können.
Plötzlich erfühlten ihre Finger die glatte Oberfläche eines Glanzkartons.
Als sie ihn in Händen hielt, schien sich der Raum um sie zu drehen. Es war kein Bild, das sie in gemeinsamer Forschungsarbeit aufgenommen hatten. Ja, das, genau das hatte sie gefürchtet: Elna!
Das schöne, klassische Antlitz, mit den leicht mandelförmig geschnittenen Augen, den sinnlichen Lippen, der beneidenswert schönen Haut der Mischlinge. Dabei schick frisiert, in einer Weise, die nicht mehr an Guyana und die Mode der Kreolen erinnerte.
Die Aufnahme war neueren Datums.
Silvia suchte nach dem Namen des Fotografen. Der Aufdruck wies auf ein sehr bekanntes Atelier hin.
Nun war ihr klar, dass sie um ihren Mann kämpfen musste, denn Elna, die sie weit weg in Guyana wähnte, war hier, war eine unmittelbare Gefahr. Nun würde alles von neuem beginnen.
Sie wusste, dass sie kein Auge zutun würde, deshalb nahm sie ein Schlafmittel. Ihr letzter Gedanke vor dem Einschlafen war:
„Morgen rufe ich als erstes diesen Teddy Verano an.“
Teddy Verano war gerade dabei, das Foto genauer unter die Lupe zu nehmen. Es musste doch ein Anhaltspunkt zu finden sein, der ihn auf die richtige Spur wies. Da klingelte das Telefon.
„Ist dort Herr Verano?“
„Ach, Sie sind es, gnädige Frau, gibt es denn schon etwas Neues?“
Zwei Stunden zuvor war nämlich Silvia Larrue bei ihm gewesen und hatte sich ihre Sorgen von der Seele geredet. Nun wusste der junge Privatdetektiv Bescheid über das eigentümliche Verhalten des vielversprechenden Forschers und die außergewöhnlichen Dinge, die sich in der hübschen Villa vor den Toren von Paris abspielten.
Teddy Verano war Menschenkenner. Er sah, dass er eine höchst vernünftige junge Frau vor sich hatte. Keineswegs eines dieser überspannten Wesen, die ihren Mann der tollsten Dinge bezichtigten, während sie eigentlich selbst in Behandlung gehörten.
Silvia hatte den besten Eindruck auf ihn gemacht. Aber nun hörte er, dass Erregung und Angst in ihren Worten mitschwangen.
„Hören Sie, mein Mann kam nach Hause, während ich weg war, und Martha, unser Mädchen, sagt mir soeben, dass er mit einem komischen kleinen Paket unter dem Arm wieder fortgegangen ist. Und der Käfig der Vogelspinne ist leer.“
„Leer? Oh, verflixt. Sind Sie auch sicher, dass sie nicht ausgebrochen ist?“
„Das ist unmöglich. Das Vivarium ist völlig unbeschädigt, es ist auch nicht mit dem Glasschneider geöffnet worden. Martha ist fast sicher, dass Jose, mein Mann, das Tier mit einer Spezialzange herausgeholt und in den kleinen tragbaren Käfig gesetzt hat.“
„Aha. Und Martha steht jetzt neben Ihnen, während Sie telefonieren?“
„Ja, natürlich.“
„Dann sagen Sie ihr bitte, dass jetzt alles von der Richtigkeit ihrer Behauptungen abhängt. Sie muss jetzt die Wahrheit sagen. Hat sie gesehen, dass Herr Larrue die Vogelspinne mitgenommen hat? Oder meint sie – in einem solchen Fall muss man ja auf alles gefasst sein –, dass die Spinne in Ihrer Villa herumspaziert?“
„Oh, um Himmels
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