0254 - Die Geistersonne
schloß die Augen, als sein Blatt angehoben wurde. Das Schwanken schläferte noch mehr ein. Dennoch bemerkte er, daß sie - wer waren sie eigentlich? - von den Botas einen schier endlosen Gang entlang getragen wurden. Plötzlich wurde der Gang zur Spirale. Eine Art Treppe aus ineinander verschlungenen Pflanzen führte nach oben. Einer nach dem anderen traten die Botas mit ihren Lasten darauf und blieben stehen. Dennoch ging es vorwärts und höher, rascher sogar als vorher. Erst nach einiger Zeit erkannte Atlan den Mechanismus, der sie transportierte. Die treppenartig gewachsenen Pflanzen bewegten sich und gaben dabei ihre Last von einer Stufe zur anderen weiter. Im Prinzip funktionierte das Ganze wie eine Rolltreppe.
Jäh war die Treppe zu Ende. Erneut ging es einen Gang entlang, diesmal jedoch einen aus Pflanzen gebildeten Gang. Dann tat sich ein gewaltiger domartiger Hohlraum auf. Auch er war aus dicht ineinander verwobenen Pflanzen gebildet. Schimmelpilzähnlicher Überzug bedeckte die gesamte Innenwandung der Kuppel und strahlte ein mattes, blauweißes Leuchten aus.
Atlan fühlte, wie ihn die Botas mitsamt dem Transportblatt auf den Boden legten. Seine Augen nahmen das blauweiße Leuchten in sich auf, und ein nie gekanntes Glücksgefühl durchströmte ihn.
Allmählich verschwamm die Umgebung vor seinem Blick. Nur das matte Leuchten blieb.
Und dann drang die Stimme in seinen Geist ...
Du bist Atlan.
Ich bin Atlan, Lordadmiral der ...
Nein, du bist kein Lordadmiral. Das alles ist unwichtig geworden.
Du bist nur noch ein Teil des Großen Lebens.
Ja!
Du mußt dem Großen Leben dankbar sein, daß es dich aufgenommen hat.
Ja ... aber ... Perry Rhodan ...?
Er ist von einem bösen Geist beherrscht. Vielleicht müssen wir ihn töten, denn niemand darf sich dem Großen Leben widersetzen.
Nur das Große Leben ist dein Freund. Merke dir das gut. Du wirst jetzt ganz aufgenommen werden. Wenn du wieder erwachst, gehörst du zu mir. Dann werden wir gemeinsam die letzte Festung der Widerstrebenden einnehmen.
Atlan wollte etwas erwidern, wollte Fragen stellen. Es gab ja noch so viel zu fragen. Doch die Stimme erlosch.
Das Licht brannte sich in seinen Geist und löschte sein Bewußtsein aus ...
Aus der grünlichen Dämmerung schimmerte plötzlich ein kleiner Fleck blauweißen Lichtes.
Andohr verhielt ruckartig seinen Schritt. Er wußte sofort, dieses blauweiße Licht war ihm feindlich gesonnen. Wenn er in seinen Bann geriet, war er verloren.
Doch dann preßte er die Lippen zusammen, daß sie hauchdünnen weißen Strichen glichen, und schritt geradewegs auf den leuchtenden Fleck zu.
Zuerst sah es aus, als schwebe das Leuchten schwerelos in der Dämmerung. Aber je höher Andohr kam, um so klarer erkannte er, daß es aus einem Tor am Fuße einer unübersehbar hohen Felsmauer drang. Er atmete heftiger. Von dem Leuchten schien ein lähmender Einfluß auszugehen. Schauer jagten durch Andohrs Körper. Es wurde immer schlimmer, je weiter er sich dem leuchtenden Tor näherte.
Dann stand er nur noch einen Schritt davor.
Vergeblich starrte er in das Licht. Was dahinter lag, war unsichtbar für ihn. Er würde das Leuchten durchschreiten müssen, wenn er die andere Seite kennen lernen wollte.
Entschlossen tat er den letzten Schritt - und fuhr mit einem Entsetzensschrei zurück.
Etwas Unsichtbares hatte ihm einen furchtbaren Schlag versetzt!
Andohr betastete seine Glieder. Sie waren unverletzt. Er wunderte sich darüber, denn der Schlag war äußerst schmerzhaft gewesen. Ihn schauderte, wenn er nur daran dachte, noch einen Versuch zu wagen.
Schließlich ging er drei Schritte zurück, nahm Anlauf und sprang.
Wieder erhielt er einen Schlag. Er wurde mit Wucht zurückgeschleudert und schlug schwer auf dem Boden auf. Die Luft roch plötzlich eigentümlich, wie nach einem Blitzeinschlag.
Andohr stemmte sich auf Knie und Ellenbogen und schüttelte die Benommenheit ab. Sein Herzschlag hämmerte wie rasend in den Schläfen. In Mund und Hals war ein abscheulicher Geschmack.
Ein stechender Schmerz zuckte durch jede Muskelfaser, als Andohr den Kopf hob. Er fühlte, daß er den nächsten Angriff auf das leuchtende Tor nicht überleben würde.
Aus zusammengekniffenen Augen starrte er in das Licht. Es erschien ihm wie das Auge eines Dämons, faszinierend, lähmend und voller tödlicher Drohung.
Schwerfällig erhob er sich. Dabei fiel sein Blick auf den glitzernden Stein am Boden. Er mußte ihn beim Sturz verloren haben. Hastig
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