0257a - Der Tod lud sie zum Whisky ein
Mit gierigen Blicken betrachtete das Girl die Hamburger. Wortlos schob ich ihr den Teller zu. Sie nickte und griff zu.
Phil rettete in letzter Sekunde seine Portion.
Ich telefonierte mit der Kantine und ließ zwei Portionen Hamburger nachbringen.
***
Als Susan Salisbury satt war, begann ich die Unterhaltung.
Nach einer Stunde brach ich das Gespräch ab. Ich war mit dem Erfolg zufrieden.
Ich lud das Girl in meinen roten Jaguar und gondelte mit ihr zur Perry Street hinüber. Wir hielten genau vor dem Haus Nr. 105. Die Nachbarn lagen in den Fenstern, als ich Susan Salisbury aus dem Wagen half. Sie starrten Susan mit neidischen Blicken an. Ich nahm das Girl an meine rechte Seite und verdeckte damit den Riss an ihrem Kleid.
Wir klingelten an der Wohnungstür.
Henry Salisbury riss seine Augen auf, als er seine Tochter und mich sah.
»Schöne Grüße von Pete«, sagte ich, »er sitzt hinter Gittern. Wenn du ihn also besuchen willst…«
Der Alte hob abwehrend die Hände.
»Kommen Sie herein, G-man«, knurrte er.
Ich wurde in die gute Stube geführt. Das Bild hatte sich in den letzten vierundzwanzig Stunden nicht verändert. Nur auf dem Tisch stand neben der leeren Flasche noch eine zweite, die halbvoll war. Über die Qualität dieses Whiskys brauchte man sich nicht zu unterhalten.
Das Girl huschte in sein Zimmer. Ich hörte es irgendeinen neuen Schlager zwitschern, während ich mich mit Henry unterhielt.
Nach fünf Minuten kam Susan wieder zum Vorschein. Sie trug ein blutrotes Kleid, das ihr auf die Haut geschneidert war.
Das Mädchen beachtete seinen Vater überhaupt nicht und zog einen Schmollmund, als ich mich verabschiedete. Es brachte mich zur Tür, weil Henry Salisbury nicht in der Lage war, sich vom Stuhl zu erheben. Das Girl hatte kein Interesse mehr. Die Abfuhr war zu stark gewesen.
Ich verließ die Höhle.
***
Phil wartete im Office auf mich.
»Na, hast du die Kleine unbeschädigt zu Hause abgeliefert?«, lästerte mein Kollege.
»Du solltest lieber fragen, ob ich meine gefährliche Mission ohne Schaden überstanden habe.«
»Das halte ich für selbstverständlich, Jerry.«
»Danke für die Blumen. Ich hoffe, du hast die Zeit genutzt, um wenigstens eine Mütze voll Schlaf zu kriegen.«
»Hast du etwa vor, dir auch die dritte Nacht um die Ohren zu schlagen?«
»Es wird uns wahrscheinlich nichts anderes übrig bleiben.«
Ich entwickelte Phil meinen Plan.
Wir diskutierten eine halbe Stunde, dann gondelten wir zum Headquarter der City Police hinüber, wo die Pete-Gang hinter Gittern saß.
Zuerst ließen wir uns das Milchgesicht vorführen. Der Cop, der ihn hereinbrachte, hatte auch bereits Fotokopien non den Dreierstreifen zur Hand.
Das Milchgesicht hieß Claude Swan, war 39 Jahre alt und mehrere Male vorbestraft wegen Warenhausdiebstahls, Urkundenfälschung und gefährlicher Körperverletzung.
Wir verhörten den Burschen zehn Minuten lang. Dann brachen wir ab. Er gehörte erst seit einigen Monaten zu Petes Gang.
Über alle Fragen, die mit dem Doppelmord zusammenhingen, verweigerte er die Aussage. Wir konnten ihn nicht zwingen zu plaudern.
Der Mann mit der Narbe und den eiskalten Augen war noch weniger gesprächig. Er stammte aus Chicago und hatte mindestens dreizehn Mal in seinem Leben den Namen gewechselt, ehe er vor einem halben Jahr bei Pete Anstellung fand. Bob Bricker - wie er in Wirklichkeit hieß - hatte einige Jahre Zuchthaus wegen gefährlicher Körperverletzung abgesessen.
Bricker besaß keinen Kontakt zu den Leuten von Joe Pantricks.
Dann blieb Nummer drei. Petes Doppelgänger.
Als er vor mir saß, musste ich an die Ohren denken, an das Unterscheidungsmerkmal.
Der Mann hieß Frank Corliss, war 38 Jahre alt und früher Kunstschlosser gewesen. Auf seinem Konto standen einige Einbrüche, zwei Versuche, einen Geldschrank zu knacken, und einige Körperverletzungen. Er musste bisher etwa sieben Jahre im Zuchthaus verbracht haben.
Frank Corliss war gesprächig. Er redete mir sogar zu viel. Vor allem verstand er es, immer wieder vom Thema abzulenken. Zumindest glaubte er es zu verstehen. Nach einer Viertelstunde wusste ich: er hatte nichts mit Pantricks zu tun.
Als wir das Headquarter verließen, sagte ich zu Phil: »Beinahe habe ich es mir so gedacht. Also, Phil, uns bleibt keine andere Wahl.«
***
Vor zehn Tagen lag die Liberia an den Kais von Southampton. Jetzt dampfte das moderne Frachtschiff in die Lower Bay von New York.
Durch das schmutzig grüne Wasser der Bucht
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