0259 - Der Prophet des Teufels
Lieutenant«, widersprach ich, »wenn sie gestern Abend fristlos entlassen wurde, hatte sie doch heute Morgen nichts mehr in der Küche verloren.«
»Stimmt, aber davon wusste das Hausmädchen nichts. Die Entlarvung der Diebin erfolgte im Speisezimmer, als sie gerade dabei war, einige silberne Bestecke einzupacken und auch alles Weitere spielte sich dort ab.«
»Wollen Sie damit sagen, dass diese Miss Ardmore nicht auf der Durchsuchung des Zimmers der Köchin bestanden hat?«
»Sie tat das nicht, weil die Holly glaubhaft versicherte, sie habe alles, was sie bisher entwendete, sofort verkauft.«
»Merkwürdig bleibt die Sache doch«, knurrte Phil. »Du selbst sagst immer, dass du nicht an Zufälle glaubst und das wäre doch ein außerordentlicher Zufall.«
»Wir können nichts daran ändern. Wir dürfen uns nicht einmal darum kümmern. Wir G-men sind für solche Dinge nicht zuständig. Wenn Lieutenant Crosswing den Fall in Händen hätte, könnte man mit ihm darüber reden, aber diesen Angel kennen wir nicht, und er macht mir nicht den Eindruck, als ob er eine Einmischung dulden würde.«
Das war um elf Uhr vormittags.
Um elf Uhr rief Louis Thrillbroker an, der Kriminal-Reporter der Morning News.
»Hallo, Jerry. Ich habe hier drei Leute zu Besuch, die ich Ihnen gerne vorstellen möchte. Haben Sie eine halbe Stunde Zeit für mich?«
»Wer sind diese drei Leute?«, fragte ich.
»Richard Harris, seines Zeichens Lawyer und Verteidiger von Miss Cynthia Dangon, zweitens Jack und Dagmar Rice, die beide bei Mrs. Rhodes angestellt sind. Sie haben mir eine Story erzählt, die zwar nicht zur Veröffentlichung in den News geeignet - aber eine Nachprüfung wert ist.«
»Dann kommen Sie, aber sagen Sie den Leuten, dass ich sie nur privat empfangen kann. Nicht dass das Gerücht aufkommt, das FBI beschäftigt sich offiziell damit.«
»Ich verstehe, Jerry.«
Phil und ich waren gewaltig neugierig auf das, was wir zu hören bekommen würden. Die Tatsache, dass Harris sich damit befasste, schien immerhin ein Beweis zu sein, dass es sich nicht um blauen Dunst handelte.
Eine knappe Viertelstunde später erschien die Angemeldeten.
Louis schob die drei vor sich her, dann zog er gewohnheitsmäßig das Genick ein, denn er maß mehr als sechs Fuß und war in stetiger Sorge, sich seinen kostbaren Schädel in irgendeiner Türfüllung zu ramponieren.
Den Anwalt hatte ich bereits gesehen.
Ich nickte ihm zu, und dann betrachteten wir das Ehepaar Rice.
Er war ein stabiler Mann mit zuverlässigem Gesichtsausdruck und gewaltigen Händen. Augenscheinlich hatte er seinen besten blauen Anzug angezogen, der ihm etwas zu eng geworden war.
Ich schätzte ihn auf Ende der vierzig.
Seine Frau Dagmar war dagegen ein schlankes, zierliches und nervöses Persönchen mit schmutzig blondem Haar. Sie machte den Eindruck, als ob sie am liebsten in ein Mauseloch gekrochen wäre.
»Nehmen Sie Platz«, forderte ich auf.
»Was wollten Sie uns erzählen?«, fragte ich.
Louis blickte den Anwalt an, und der räusperte sich.
»Wie Sie vielleicht wissen, bin ich der Verteidiger von Cynthia Dangon. Wenn ich mich nicht irre, habe ich Sie beide während der Verhandlung im Zuschauerraüm gesehen.«
Wir nickten.
»Dann kann ich ja über das, was dort gesagt und leider auch beschworen wurde, hinweggehen. Ich möchte vorausschicken, dass ich aufgrund meines persönlichen Eindrucks von der Schuldlosigkeit der Miss Dangon überzeugt bin. Als ich nun heute Morgen die Nachricht von dem Selbstmord von Miss Holly las, brachte ich diesen unwillkürlich in Zusammenhang mit dem Fall meiner Klientin. Ich versuchte, von Miss Ardmore Aufschlüsse zu erhalten, aber diese erklärte mir, sie habe nichts mit mir zu schaffen. Sie hielt mir einen Vortrag über die Schlechtigkeit der Welt und meiner Klientin insbesondere. Ich tat nun etwas, was mit der Aufgabe eines Anwalts eigentlich nichts zu tun hat. Ich wartete vor dem Haus, bis Mrs. Rice mit einem Einkaufskorb und einer Tasche wegging. Ich folgte ihr und brachte sie zum Reden. Was ich erfuhr, war sehr merkwürdig. Da ist vor allem etwas, was gestern in der Verhandlung nur gestreift wurde. Es war erwähnt worden, dass Cynthia Dangon eine halbe Stunde nach dem Mord geschlafen habe oder, wie der Staatsanwalt unwidersprochen behauptete, Schlaf simuliert habe. Nun vertraute mir, leider erst heute, Mrs. Rice an, dass sie selbst es war, die Miss Dangon weckte. Und sie ist sicher, dass die junge Dame wirklich fest schlief. Sie ist
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