026 - Stadt der Untoten
unerträglicher. Matts Blick hing wie hypnotisiert an dem einzigen Fenster des kleinen Raums. Draußen trieben einige Schneeflocken durch die Abenddämmerung. Er stellte sich den kühlen Schnee auf seinem Gesicht vor und seufzte innerlich.
Die Nerven lagen blank. Jeder Schweißtropfen, der von der Stirn rann, jedes Räuspern und Husten, jede unbedachte Bewegung oder plötzliche Geste wurde von allen Augen misstrauisch beobachtet.
Nur Pieroo saß ruhig an die Wand gelehnt auf dem Boden und schnarchte. Fiigo hatte sich in seinem Schoß zusammengerollt und schien ebenfalls zu schlafen. Da beide einen recht penetranten Geruch abgaben, hielt sich sonst niemand im hinteren Teil des Raums auf.
Nach der Geschichte, die der Hüne erzählt hatte, wünschte sich Matt trotz des Gestanks eine ganze Armee von Skunkhörnchen, um gegen die Frosen vorzugehen.
Fiigo allein half ihnen nicht weiter.
Er sah überrascht auf, als La'Elona von ihrem Platz aufstand und sich neben ihn setzte. Schweiß lief über ihr Gesicht.
Die anderen beobachteten ihre Bewegungen. Chorge hatte sogar die Hand auf sein Schwert gelegt.
»Es stört Euch doch nicht, wenn ich mich setze?«, fragte La'Elona.
Matt schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht.«
Das Prasseln des Feuers übertönte ihre leise Unterhaltung und verschaffte ihnen ein wenig Privatsphäre.
»Glaubt Ihr, dass wir die Nacht überleben werden?«, fragte die ältere Frau.
»Warum fragt Ihr nicht den Maa'or oder Chorge?« Sie lächelte. »Weil der Kommandant nur das Wohl des Maa'ors im Kopf hat. Er würde uns alle opfern, wenn er damit ihn retten könnte. Der Maa'or hingegen versteht das Ausmaß der Katastrophe nicht und verlässt sich auf Chorge. Man kann beiden nicht trauen.«
La'Elona bemerkte Matts überraschten Gesichtsausdruck. »Ihr hättet nicht gedacht, dass mir solche Dinge auffallen, nicht wahr?«
»Das stimmt«, gab er ehrlich zu. »Ich habe Euch für… einfacher gehalten.«
»Mein verstorbener Mann pflegte zu sagen, dass Intelligenz ein Werkzeug ist, das man sparsam einsetzen sollte, da es ; sonst seine Schärfe verliert.«
Matt wischte sich den Schweiß aus den Augen. »Und dieses Werkzeug sagt euch jetzt, dass Ihr mir trauen könnt?«
»Ich habe Euch beobachtet. Ihr denkt über unsere Lage nach und ich glaube, dass Ihr einen Plan habt.« Das stimmte nicht ganz. Matt hatte keinen Plan, nur eine diffuse Idee, die langsam Gestalt annahm. Wenn er sie umsetzen wollte, benötigte er vor allem Verbündete.
»Es ist kein richtiger Plan«, begann er, »sondern -« Ein röchelnder Schrei ließ ihn herum-'fahren. Si'Nomann griff sich an die Kehle und fiel haltlos zu
Boden. »Keine… Luft…«, keuchte er.
Aus ihrer Lethargie gerissen, sprangen die anderen auf und wichen zurück. Pieroos Schnarchen endete abrupt.
Matt kniete neben dem älteren Mann nieder und drückte seine Arme nach unten. Die Haut fühlte sich warm, aber nicht heiß an. Das Gesicht war blau angelaufen.
Er hat einen Herzanfall, erkannte Matt. Er konnte nicht viel für den Mann tun, ihm nur etwas Luft verschaffen. Seine Finger mühten sich mit dem Schal ab, den Si'Nomann um seinen Hals geschlungen hatte. Das Schwert tauchte so plötzlich vor ihm auf, dass Matt sich nur noch mit einem Schrei zurückwerfen konnte. Es knirschte hässlich, als sich die Klinge durch den Schal bohrte, wo sich Sekunden vorher noch Matts Finger befunden hatten, und Si'Nomann den Kopf abtrennte.
Matt sprang schockiert auf und sah Chorge, der neben ihm stand und das Schwert sinken ließ.
»Jetzt kann er keinen Schaden mehr anrichten«, sagte der Kommandant kalt. Ruhig wischte er die Klinge an der Leiche ab und winkte seinen Soldaten. »Schafft ihn raus und macht hier sauber.«
Matt verlor die Kontrolle. Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass Chorge im Gegensatz zu ihm bewaffnet war, stürzte er sich auf ihn und schlug ihm die Faust ins Gesicht.
Der Kommandant ging stöhnend zu Boden. Matt wollte nachsetzen, aber Pieroo fiel ihm in den Arm, hielt ihn fest. »Denk an di Soldate! Di wate nu drauf, dasde das nomal machs«, sagte er eindringlich. »Okee?«
Matt blickte auf Chorge hinab, der sich das Blut mit zitternden Fingern aus dem Gesicht wischte. Seine überlegene Haltung war verschwunden. Jetzt wirkte er nur noch wütend und ein wenig verstört.
»Okee?«, wiederholte Pieroo.
»Okay.« Matts Herzschlag beruhigte sich. Er atmete tief durch, nickte Pieroo dankbar zu und löste sich aus dessen Griff. Eigentlich waren
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