0260 - Sie jagten ihn durch Florida

Shirokko hinüber, Phil. Du brauchst nicht auf mich zu warten.«
    Er sah mich forschend an. »Bist du immer noch nicht darüber hinweg, Jerry? Es gefällt mir gar nicht, dass du dich so in die Sache verbeißt. Du sträubst dich doch sonst nicht so dagegen, einen Irrtum einzugestehen?«
    Ich nickte. »Eben Phil. Ich bin absolut nicht so sicher, dass es ein Irrtum von mir war. Wenn ich mich davon überzeugt habe, werde ich es schon noch zugeben.«
    Ich winkte ihm kurz zu und ging zum Strand hinunter. Für meinen Freund schien es festzustehen, dass ich unter Halluzinationen litt.
    Der Bootsverleih war noch geöffnet. Ich mietete einen kleinen Wellenhüpf er und ließ ihn munter brummen.
    Die Shirokko war nicht wiederzuerkennen. Geschmückt wie ein Zirkuspferd schaukelte sie auf den Wellen. Zwei große Motorboote waren an der Seite vertäut. Tanzmusik schwebte über dem Wasser.
    Ich stellte den Motor ab und legte die Hände an den Mund.
    »Hallo!! Shirokko!«
    Ein Mann in weißer Offiziersuniform kam an die Reling.
    »Mr. Stacy wünscht Mrs. Ashley zu sprechen«, rief ich hinauf.
    »Gehen Sie längsseits und kommen Sie hoch!«
    Ich kam der Aufforderung nach. Der Operettenknabe quetschte mir die Finger fast zu Brei.
    »Hallo, Mr. Stacy. Ich bin Kapitän Lothrop. Willkommen an Bord.«
    »Danke, Mr. Lothrop.«
    Ich schätzte ihn Mitte Dreißig. Er sah gut aus.
    »Hallo, Mr. Stacy. Schön, dass Sie gekommen sind.«
    Sie schwebte mir entgegen wie ein Parfüm aus-Tausendundeinernacht. Blassgelber Tüll umhüllte sie wie eine Wolke, und die nackten Schultern wuchsen wie gemeißelt aus dem Dekollete heraus.
    »Hallo, Dora.«
    »Ich freue mich riesig, Jerry, dass Sie Wort gehalten haben. Victor hat mir heute Morgen telegrafisch ein paar Freunde aus Hollywood angemeldet. Es ist eine reizende Party. Stellen Sie sich vor, die Laine-Sisters sind hier. Hoffentlich entbrennt Ihr Herz nicht in flammender Liebe. Dann wäre ich sehr traurig.«
    Mir lief es heiß und kalt den Rücken hinunter. Die Laine-Sisters? Ein unglaublicher Zufall.
    Denen durfte ich unter keinen Umständen begegnen. Man hatte die Mädchen vor ein paar Monaten gekidnappt, und wir hatten den Fall bearbeitet. Sie würden sofort ausposaunen, dass ich G-man sei.
    Ich rieb mir die Stirn. »Dora, seien Sie mir nicht böse. Ich bin nur gekommen, um einen Besuchstermin festzumachen. Meine Kopfschmerzen sind noch immer nicht weg. Morgen muss ich nach Tampa fahren. Ich habe noch keine Ahnung, wann ich zurückkomme.«
    Ihre Enttäuschung war nicht gespielt. Doch plötzlich hellte sich ihre Miene auf.
    »Könnte ich mitkommen nach Tampa, Jerry? Während Sie Ihre Geschäfte erledigen, sehe ich mir die Stadt an. Wir könnten einen netten Tag haben?«
    Ich hätte ihr jeden Wunsch erfüllt, um nur schnell wegzukommen.
    »All right, Dora. Ich fahre allerdings schon um sieben Uhr los.«
    Sie nickte. »Ich warte vor dem Hotel auf Sie, Jerry. Good night.«
    Völlig benommen kletterte ich die Strickleiter hinunter und sprang ins Boot. Ich drehte noch ein paar Runden durch die Bucht, um mich abzukühlen. Ging Dora Ashley auf ein Abenteuer aus? Sie war verheiratet, dennoch bewies sie mir offensichtlich besondere Gunst.
    Ich nahm mir vor, äußerst zurückhaltend zu sein. Ich bereute schon meine Zusage, sie nach Tampa mitzunehmen, aber nun war es nicht mehr zu ändern.
    Nachdem ich das Motorboot zurückgebracht hatte, ging ich in unser Zimmer. Phil las noch in einer dicken Schwarte.
    »Ostasien ist ein interessantes Gebiet, Jerry«, meinte er. »Du bist früh zurück.«-Ich riss mich zusammen. »Dora gibt eine Party. Die Laine-Sisters sind an Bord der Jacht. Wir müssen höllisch aufpassen, wenn wir unsere Nasen aus dem Hotel stecken.«
    Phil hatte sich aufgerichtet. »Uns bleibt auch nichts erspart. Hoffentlich verduften sie recht schnell wieder.«
    ***
    Um 8 Uhr dreißig fuhren wir bereits durch Ochopee. Dieser Ort bildet das Zentrum von Tomatenfarmen, die eine Fläche von annähernd 200 Acres einnehmen. Ochopee liegt 75 Meilen westlich von Miami.
    Ich hatte das Verdeck des Chrysler zurückgeschoben. Der Fahrtwind erfrischte uns und spielte in Doras Haaren. Völlig gelöst, mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen, saß sie neben mir. Ich ließ den Wagen um 50 Meilen herum laufen, denn ich wollte auch ein bisschen von der Landschaft genießen.
    Hinter Naples kamen wir auf den US Highway 41, der direkt bis Tampa führt. Während der Fahrt knabberten wir Sandwiches, die Dora in einem