Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0261 - Im Bann der Tiermenschen

0261 - Im Bann der Tiermenschen

Titel: 0261 - Im Bann der Tiermenschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa und Manfred Weinland
Vom Netzwerk:
sprangen aus der schweigsamen Kolonne und packten den Holzkäfig. Kilroy schloß sich ihnen nach einigem Zögern an, und gemeinsam hievten sie den Käfig mit seiner schreienden, lachenden, verrückt spielenden Last zu Boden.
    Kilroy kam dem Mädchen noch einmal ganz nahe, nur noch von den daumendicken Gitterstäben getrennt. Die chaotische Ausstrahlung der Schwachsinnigen ließ ihn innerlich erbeben. Er zitterte am ganzen Körper, als er in die Tiefen ihrer stahlgrauen Augen gezogen wurde. Dabei kicherte sie wieder auf ihre wahnsinnige Art und ließ weitere unartikulierte Laute hören, während ihre Glieder die groteskesten Verrenkungen absolvierten.
    Kilroy mußte sich gewaltsam davon losreißen, sonst wäre er Gefahr gelaufen, selbst verrückt zu werden.
    Kaum ein Wort fiel, als sie den Käfig zum Uferrand schleppten. Nur der Pfarrer, der etwas abseits des Ganzen stand, hatte die Bibel aufgeschlagen und murmelte fortwährend irgendwelche Psalmen, die er der Situation angemessen hielt.
    Kilroy vermied, der Hexe noch einmal in die Augen zu sehen. Irgendwie fürchtete er sich davor, sie könnte ihn trotz Maske erkennen.
    Dann hörte der Pfarrer plötzlich auf zu sprechen, hob langsam den Kopf in Richtung der Abwartenden und gab ihnen einen kurzen, flüchtigen Wink, den jeder verstand.
    Sie hoben den abgestellten Käfig noch einmal an, bis er etwa einen halben Meter über dem Schnee schwebte und kippten ihn dann mit einer heftigen, schwungvollen Bewegung nach vom in das dunkelgraue Wasser.
    Sie hatten eine Stelle gewählt, wo der See bereits in Ufemähe mit am tiefsten war. Es platschte laut, Wasser spritzte nach allen Seiten und durchnäßte Kilroy, dann war es plötzlich fast still, als der Käfig innerhalb weniger Sekunden vollkommen unter Wasser verschwand und die schrillen Laute der darin Gefangenen abrupt verstummten.
    Nur noch ein paar Luftblasen sprudelten zur Oberfläche, um dort zu zerplatzen.
    Dann…
    Ein gleichzeitig aus einem halben Dutzend Kehlen ausgestoßener Entsetzensschrei durchfraß den Sturm!
    Etwas - geschah dort in Ufemähe, das nicht nur Kilroy das Blut in den Adern gerinnen ließ!
    Noch einmal kam heftige Bewegung in die bereits still gewordene Oberfläche des dunklen Sees, und wenig später tauchte ein Stück des Käfigs aus den Wogen…
    Das gibt es nicht! grellte es durch Kilroys Hirn. O Gott! Er selbst hatte geholfen, den Käfigboden mit Blei auszufüllen, um ihn so zu beschweren, daß er, einmal versunken, nie mehr zur Oberfläche aufsteigen konnte!
    Aber er tat es!
    Und mit ihm kam noch einmal die Hexe zurück!
    Ihr gurgelndes Lachen zerhackte die Nerven der Dorfbewohner, als sie sich das Kruzifix vom Halse riß und durch die Gitterstäbe dem Pfarrer entgegenschleuderte.
    Währenddessen »ritt« der Käfig buchstäblich auf den Wellen, tanzte hin und her wie ein wilder Derwisch, begleitet von den schrillen Tönen der zum Tode Verurteilten.
    Das Kruzifix landete im Schnee vor den Füßen des Geistlichen. Es war völlig verschmort, kaum noch als das erkennbar, was es einst symbolisiert hatte. Seine Oberfläche war dunkel verbrannt und wie mit einer Glasur überzogen.
    Der Pfarrer stöhnte auf.
    Der Käfig hüpfte immer heftiger auf dem Wasser hin und her.
    Und dann veränderte sich plötzlich die zarte Mädchengestalt in seinem Innern.
    Kilroy sah es als erster. Und trotz der fatalen Situation nahm er das, was er sah, mit Erleichterung auf. Denn es bestätigte nunmehr mit absoluter Sicherheit, daß das Mädchen eine Hexe war, keine Unschuldige!
    Ein Mensch wurde vor Kilroy und den anderen Dorfbewohnern zum Tier, zur Bestie!
    Aber zu spät, Gott sei Dank zu spät, dachte Kilroy, als er erkannte, daß der Käfig mit der Hexe allmählich wieder unter Wasser gezogen wurde.
    Dann war er weg.
    Endgültig!
    Und mit ihm das boshafte Lachen der Hexe.
    Weg…
    Wie gelähmt stand Kilroy da und starrte auf die immer ruhiger werdende Oberfläche. Andere taten es ihm gleich, verharrten noch lange Minuten reglos am Ufer, als wollten sie völlig sicher gehen, daß die Hexe wirklich nicht wieder emportauchte.
    Der Pfarrer hob das verschmorte Kruzifix auf und trat zu ihnen.
    Sein Gesicht war weiß wie der umliegende Schnee, als er ein einziges Wort in die Runde sprach: »Warum?«
    Und vielleicht verstand nur Kilroy, was er damit meinte.
    Warum hatte die Hexe nicht schon viel früher ihre Tiergestalt angenommen und versucht, sich zu befreien, so lange es noch möglich war?
    Oder warum hatte sie die Männer

Weitere Kostenlose Bücher